Vor Richterin Isabelle Voß und den Schöffen nimmt im Amtsgericht Sigmaringen auf der Anklagebank ein 53-jähriger Mann Platz, der in einer Heuberggemeinde eine Frau vergewaltigt haben soll. Und dies auf übelste Weise, wie aus der Anklageschrift hervorgeht. So soll der Angeklagte an einem Septembertag 2023 gegen 21 Uhr in ihre Wohnung eingedrungen sein, sie bedroht und gewürgt haben. Unter der Ankündigung „Jetzt mache ich Ernst“ soll er die Geschädigte mit roher Gewalt ins Sofa gedrückt, sie ausgezogen und seinen Beischlaf vollzogen haben – entgegen ihrem Willen und mehrfacher Versuche, sich dem Gewaltakt bei Gefahr für Leib und Leben zu entziehen.
Übers Internet kennengelernt
Zum Tatvorwurf erklärte die Verteidigerin des Angeklagten, Rena Peters, würde sich ihr Mandant nicht äußern, den Vorfall bestreitet er. Kennengelernt habe er die Frau über das Internet, da sie jemanden zur Mithilfe bei der Renovierung ihres Elternhauses im Zollernalb-Kreis suchte. Getroffen haben sie sich in einem Restaurant, nach gemeinsamem Billardspiel seien erste Pläne zum besagten Haus ausgetüftelt worden. Er habe ihr sogar einen Heiratsantrag gemacht, doch alsbald sei die Beziehung in die Brüche gegangen.
Heiratsantrag gemacht
Auf richterliche Nachfrage über den Grund des Auseinandergehens sagte der 53-Jährige, er sei mit ihrer Denkweise nicht klargekommen. „Auf sie war kein Verlass, sie hat sich nicht an Absprachen gehalten und mich hängen lassen“, so der Angeklagte. Bei den Umbaumaßnahmen im Haus hätte sie ihm die zugesagte Hilfe versagt. „Ich bin der Handwerker, ich habe dort die Böden ausgetauscht und mit dem Bad angefangen, in zwei bis drei Wochen am Stück“, pries der 53-Jährige seine Arbeitsmoral. Er sprach aber auch von einer zeitweisen Harmonie und dass er ihr Schmuck geschenkt habe. „Wir werden sehen“, hätte sie ausweichend auf seinen Heiratsantrag reagiert. Die Trennung sei im Sommer 2023 über WhatsApp erfolgt: „Ich habe das beendet.“
Gefahr der Re-Traumatisierung
Die Frau hatte sich der Anklage als Nebenklägerin, vertreten durch eine Rechtsanwältin, angeschlossen. Ein der Richterin zugestelltes amtsärztliches Untersuchungsergebnis legte für die Vernehmung der Geschädigten den Ausschluss des Angeklagten nahe. Begründet wurde dies mit einer möglichen Retraumatisierung der sich gepeinigt fühlenden Frau. Ihr gesundheitliches Befinden könnte sich verschlechtern. Da ihre Aussage auch intime Momente enthalte, forderte die Nebenklagevertreterin bei der Vernehmung der Geschädigten wie des mit dem Fall betrauten Polizeibeamten den Ausschluss der Öffentlichkeit.
Verhör der Frau nicht-öffentlich
Die Verteidigerin des Angeklagten trat dem entgegen und meinte, dies sei der Geschädigten zumutbar. Eine direkte Konfrontation bei der Befragung durch den Angeklagten schloss sie aus. Auch das Verhör des Polizisten beträfe kein schutzwürdiges Interesse. Das Schöffengericht folgte jedoch dem Antrag der Nebenklage. Richterin Voß sagte, etwaige Panikattacken oder eine Retraumatisierung der Geschädigten seien beim Anblick des Angeklagten nicht von der Hand zu weisen. Dieser stimmte seiner Entfernung aus dem Sitzungssaal zu. Auch die Allgemeinheit wurde ausgeschlossen.
Derbe beschimpft
Anschließend berichtete eine 55-jährige Zeugin, die sich als Freundin und erste Ansprechpartnerin der Geschädigten begreift, dass diese sich schon „ewig lange“ in psychologischer Behandlung befände und seit Januar 2023 eine Therapie macht. Auch finanziell stünde die Geschädigte vor einem Absturz. Konflikte mit dem Angeklagten, den sie als „Grobian“ titulierte, seien ihr bekannt, einmal stieß er die Geschädigte die Kellertreppe herunter. Bei einem mitgehörten Telefonat habe sie dessen derbe Beschimpfungen vernommen. Dabei habe der Angeklagte gedroht, „ihr Hirn mit einem Baseballschläger zu Matsch zu schlagen“ und Vergewaltigungsabsichten angekündigt. „Sie hat Panik geschoben, war völlig neben der Kappe“, beschrieb sie deren seelischen Zustand. Erst auf ihre Anregung hin hätte die Geschädigte eingewilligt, Anzeige zu erstatten.
Verhandlung wird fortgesetzt
Der Prozess gegen den Angeklagten, der bereits von Strafrichterin Julia Veitinger in Sigmaringen im August 2024 wegen der verbalen Bedrohung der Frau zu einer halbjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden war, wird am Dienstag, 8. April, um 9 Uhr fortgesetzt.