Nachdem es mit der Ansiedlung des Abfallentsorgers Alba nicht geklappt hat, scheint der dicke Fisch jetzt doch ins Netz gegangen zu sein: Der Onlineversandhändler Amazon wird im Industriepark Nördlicher Bodensee ein weiteres Verteilzentrum bauen. Nadiya Lubnina, Sprecherin von Amazon, bestätigte dem SÜDKURIER, dass im Konzern die Entscheidung für Meßkirch gefallen sei.

Baubeginn im Januar

Der Technische Ausschuss des Gemeinderats gab grünes Licht für den nötigen Bauantrag. Das Landratsamt als zuständige Baurechtsbehörde muss aber noch die Baufreigabe erteilen. Bürgermeister Arne Zwick informierte den Ausschuss, dass geplant sei, im Januar mit dem Bau des Verteilzentrums zu beginnen. Auf einen Termin für den Baustart wollte sich die Amazon-Sprecherin nicht festlegen, da die Baugenehmigung noch nicht vorliege. Ziel sei es, dass über das Verteilzentrum im kommenden Jahr das regionale Weihnachtsgeschäft abgewickelt werde, sagte Lubnina. Jürgen Alber, CDU-Fraktionschef und Baufachmann, stellte die Frage, wie eine solch schnelle Bauzeit möglich sei, denn das Verteilzentrum soll nach den bisherigen Planungen, wie Zwick sagte, im September oder Oktober kommenden Jahres fertig sein. „Die Halle liegt schon auf Lager“, sagte der Bürgermeister an Alber gewandt. Die Mitglieder des Ausschusses begrüßten die Amazon-Pläne und genehmigten die Bauplanung einstimmig.

Der Online-Versandhändler Amazon baut im Meßkircher Industriepark ab dem Frühjahr kommenden Jahres ein neues Verteilzentrum. Das ...
Der Online-Versandhändler Amazon baut im Meßkircher Industriepark ab dem Frühjahr kommenden Jahres ein neues Verteilzentrum. Das regionale Weihnachtsgeschäft des kommenden Jahres soll über dieses Zentrum abgewickelt werden. Der Konzern plant mit 200 eigenen Mitarbeitern für das Verteilzentrum. Dazu kommen noch 500 Fahrer bei Firmen, die für Amazon die Pakete zustellen. | Bild: Dieterle-Jöchle, Manfred

Anlieferung nachts per Laster

SPD-Gemeinderätin Martina Mülherr begrüßte, dass durch die Amazon-Ansiedlung Arbeitsplätze geschaffen würden. „Die Gewerbesteuer ist sicher nicht der Bringer,“ fügte sich noch hinzu. Die Sprecherin von Amazon versicherte gegenüber dem SÜDKURIER, dass bereits im ersten Betriebsjahr Gewerbesteuer gezahlt werde. Die SPD-Rätin erkundigt sich auch nach der Verkehrsbelastung, die das Amazon-Zentrum auslöse. Bürgermeister Zwick erklärte, dass die Anlieferung per Lastwagen nachts erfolge. Obendrein sei ein Verkehrsgutachten für die Genehmigung des Verteilzentrums nötig.

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Die Kuriere, die die Pakete regional zustellen würden, würden zwischen 7 und 8 Uhr losfahren. Bei einer Lieferung innerhalb einer Tagesfrist könne es dann zu weiteren Lieferungen per Laster zwischen 13 und 14 Uhr kommen, so Zwick. Der Konzern erwarte weitere Zuwächse für Bestellungen, die morgens aufgegeben und bereits am gleichen Tag zugestellt würden. Mit einem ausgeklügelten System werden die Fahrzeuge der Kuriere auf den beiden Längsfronten des Verteilzentrums beladen. „Sie fahren nicht alle gleichzeitig los“, sagte der Bürgermeister. Um das Gebäude herum finden sich 750 Parkplätze, ein kleiner Teil davon dient den Amazon-Beschäftigten, die im Verteilzentrum arbeiten, der Rest ist für die Kurier-Fahrzeuge vorgesehen.

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Für die Beschäftigten forderte Angela Andres, Stadträtin der Grünen, dass es einen Anschluss des Industrieparks an den Öffentlichen Nahverkehr geben müsse. Stadtbaumeister Stephan Frickinger sagte, es sei eine Bushaltestelle geplant. Arne Zwick wies auf Gespräche mit der für den Busverkehr zuständigen Landkreisverwaltung hin. Eine neue Buslinie einzurichten sei kein einfaches Unterfangen. Thomas Nuding, Freie Wähler, stört sich an der „gigantischen“ Versieglung an Fläche durch den Neubau. Als Ausgleich muss Amazon Bäume pflanzen. Ein Teil soll auf dem Firmengelände wachsen. Deutlich mehr als die Hälfte der Bäume soll auf einer Fläche außerhalb des Firmenareals gepflanzt werden, sagte Frickinger. Mit diesem Vorschlag werde sich der Gemeinderat noch beschäftigen.

Weitere Pläne für den Industriepark

Meßkirch und die Nachbargemeinden Inzigkofen, Leibertingen, Sauldorf und Wald sind an dem interkommunalen Industriegebiet Nördlicher Bodensee beteiligt:

Die Ansiedlung eines ersten großen Unternehmens hatte sich 2017 zerschlagen. Dann war klar geworden, dass sich das Entsorgungsunternehmen Alba nicht in Meßkirch niederlässt. Die Konkurrenz war damals schneller: Das Entsorgungsunternehmen Suez hatte die Genehmigung für den Bau einer vollautomatischen Gelber Sack-Sortieranlage bei Pforzheim erhalten und damit sei die wirtschaftliche Grundlage für die in Meßkirch geplante Anlage entfallen, hieß es damals. Dann war es ruhig geworden um den Industriepark. In der Stadt waren Stimmen laut geworden, die das Projekt in Zweifel zogen. Doch seit Anfang Oktober häufen sich die positiven Meldungen zu diesem Industriegebiet. Anfang Oktober teilte das Leibertinger Medizintechnikunternehmen Medi-G
aus Leibertingen mit, seinen Firmensitz in den Industriepark zu verlegen. Für einen deutlich zweistelligen Millionenbetrag, wie Geschäftsführerin Susanne Gäng sagt.

Nun ist klar, dass Amazon fast ein Drittel der bisher erschlossenen Fläche benötigt. Damit sich der us-amerikanische Online-Versandhändler niederlassen kann, wurde der Bebauungsplan für den Industriepark geändert – jetzt gibt es keine Ringstraße innerhalb des Areals mehr. Die ursprünglich vorgesehene Erschließungsstraße wäre mitten durch die Amazon-Halle verlaufen. Neben den beiden nun bekannten Großprojekten sind, wie Bürgermeister Arne Zwick sagte, aktuell noch zwei weitere Baugesuche „in der Mache“. Deshalb wurde im Gemeinderat schon die Forderung nach einer Erweiterung laut. Geht es nach Bürgermeister Zwick, sollte diese in Richtung Mettenbach gehen. Angela Andres (Grüne) forderte im Gemeinderat, als es um eine entsprechende Fläche im Regionalplan ging, einen Schutzstreifen für den Mettenbach, scheiterte aber.