Abgebröckelte und fleckige Fassaden, beschädigtes Kunsthandwerk, unabgestimmte Farbgebung, verwaiste Baustellen, Satellitenschüsseln an Hauswänden, angerostete Straßenschilder, undichte Fenster, heraushängende Kabel, ineffiziente Heizungen, offen stehende Mülltonnen, unebenes Pflaster, Stolperfallen, Wurzelreste und Wildwuchs – die Liste der Missstände in der Meßkircher Altstadt ist lang. Deshalb hat der Gemeinderat im Frühjahr eine neue Erhaltungssatzung verabschiedet.
Um ein historisch geprägtes und attraktives Erscheinungsbild zu erhalten und herzustellen, investiert die Stadtverwaltung in den nächsten Jahren hohe Summen. Da zwei Drittel des öffentlichen Raumes jedoch in Privatbesitz sind, sollen die Eigentümer einbezogen werden. Auch Themen wie Barrierefreiheit, energetische Sanierung oder die Gestaltung von Werbeschildern gehören zum Inhalt der neuen Satzung. Sie löst die elf Jahre alte Altstadtsatzung ab.
Unterstützung für Privateigentümer bei optischen und energetischen Investitionen
Anfang Juli hat Stadtbaumeister Stephan Frickinger die Besitzer angeschrieben und über die neue Satzung für die Altstadt informiert. Mithilfe des Förderprogramms „Neues Meßkirch“ sollen Privateigentümer bei optischen und energetischen Investitionen unterstützt werden. „Dies sorgt für ein ansprechendes Umfeld ihrer Immobilie und folglich für wertstabile Immobilienpreise sowie eine hohe Wohnqualität“, heißt es im Schreiben, das an rund 350 Eigentümer verschickt wurde. Nach einer Infoveranstaltung in der vergangenen Woche zieht Frickinger eine erste positive Bilanz: „Seitens der Eigentümer gab es eine sehr gute Resonanz und es kamen viele Fragen zur möglichen Umsetzung.“ Je nach Lage der Immobilie und Höhe der Investition kann ein Förderanteil von bis zu 60 Prozent erreicht werden.

Nun sind auch Kunststofffenster anstelle von Holzfenstern möglich
Neu in der Erhaltungssatzung für die Altstadt ist beispielsweise, dass anstelle von Holzfenstern nun auch solche aus Kunststoff eingesetzt werden können, sofern sie in der Flächenaufteilung zum historischen Stadtbild passen. Auch können jetzt trotz des Schutzinteresses an der Dachlandschaft Fotovoltaik-Anlagen installiert werden, sofern sie von den gängigen Verkehrswegen nicht direkt einsehbar sind.
Auch gewerbliche Anbieter sollen vom Programm profitieren
Auch gewerbliche Anbieter sollen vom Programm profitieren. Die Stadt plant derzeit die Anschaffung neuer beweglicher Pflanzgefäße, die zum geschlossenen Stadtbild beitragen sollen und während der warmen Monate kostenfrei bereitgestellt werden. Mal mehr, mal weniger großzügige Begrenzungen gibt es hingegen bei der Mülllagerung, der Fassadennutzung und ihrer Farb- und Materialwahl, der Dachgestaltung oder Pflasterbelägen. Um die Maßnahmen mit der Landesbauordnung, Denkmalschutzauflagen und der Altstadtsatzung zu harmonisieren, wurde bei Maßnahmen eine Kenntnisgabepflicht gegenüber der Stadtverwaltung beschlossen. Dazu gehören zum Beispiel Dachfenster mit mehr als einem Quadratmeter Fläche, Markisen, Stützmauern, Automatenanbringung oder Werbetafeln, um ein historisch geprägtes Fassadenbild ohne Schilderwald zu erhalten.
Geltungsbereich ist nicht identisch mit Sanierungsgebiet
Der Geltungsbereich der Satzung erstreckt sich über die Altstadt etwa in den Grenzen der alten Stadtmauer einschließlich der historischen Bauten um die Liebfrauenkirche und zwischen Adlerplatz und Westenbergstraße. Der Geltungsbereich der Altstadtsatzung ist nicht identisch mit dem Sanierungsgebiet in der Innenstadt, da einige Gebäude nicht zur historischen Substanz gehören oder in früheren Förderprogrammen bereits einbezogen waren.

Wenn gegen das in der Satzung formulierte ordentliche Stadtbild verstoßen wird, drohen Ordnungsgelder
Getreu dem Motto „Eigentum verpflichtet“ drohen dennoch Ordnungsgelder, wenn Unterlassungen den Erhalt einer guten Gebäudesubstanz bedrohen oder gegen das in der Satzung formulierte ordentliche Stadtbild verstoßen wird. Als Bemessungsgrundlage wurde eine umfangreiche Fotodokumentation erstellt. Bei der Erfassung wurden lediglich 12 Prozent des Bestandes mit „guter Zustand“ bewertet. Möglichen Ängsten oder Gängelungsvorwürfen tritt Bürgermeister Arne Zwick entgegen: „Durch die Neufassung erhoffen wir uns einen Schub in der Nutzung der Fördermöglichkeiten und damit eine Verbesserung der baulichen Situation in der Innenstadt.“ Zwick wirbt für öffentliche und private Investitionen, denn wer die Förderung nicht nutzt, „verpasst eine einmalige Möglichkeit, sein Eigentum aufzuwerten“.
Förderprogramm „Neues Meßkirch“
Die Stadt Meßkirch legt im Zuge der Altstadtsanierung das kommunale Förderprogramm „Neues Meßkirch“ für private Investitionen auf. Ziel ist es laut Verwaltung, Verbesserungen der Innenentwicklung und des Klimaschutzes in der Altstadt zu realisieren. Zu den geförderten privaten Maßnahmen gehören:
- Kauf und Neubau von Gebäuden
- Rückbau von Gebäuden
- Energetische Sanierungen
- Barrierefreie Umbauten
- Bepflanzung von Freiflächen
- Fassadenbegrünungen
- Fassadengestaltungen
- Wiederbelebung gewerblich genutzter Leerstände
Das Förderprogramm „Neues Meßkirch“ wird aus mehreren europäischen und kommunalen Töpfen gespeist und wird nach festen Basiswerten bemessen, die bei zeitnaher Umsetzung höher multipliziert werden: im Jahr 2020 dreifach, 2021 zweifach und 2022 eineinhalbfach. Der Eigenanteil kann über KfW-Kredite finanziert werden. Weitere Boni stehen für Familien mit Kindern oder energetische Bauvorhaben in Aussicht. Die Stadt hat hierfür einen Flyer aufgelegt, der im Rathaus und dem Stadtbauamt ausliegt. Darüber hinaus berät das Stadtbauamt kostenlos über die Fördermöglichkeiten und nimmt die Anträge entgegen, über die im Regierungspräsidium Tübingen entschieden wird. Wichtig: Die Antragstellung muss vor Baubeginn erfolgen! Kontakt: Stadtbauamt Meßkirch, Schlossstraße 1, Telefon 0 75 75/2 06 42, stadtbauamt@messkirch.de (stb)