Im April diesen Jahres hat das Verkehrsministerium angekündigt, eine landesweite Potenzialanalyse zur Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken durchzuführen. Zu den 41 zu untersuchenden Strecken gehört auch die Ablachtalbahn. Dies bestätigte Verkehrsminister Winfried Hermann auch im SÜDKURIER-Interview. Er machte aber deutlich, dass die Ergebnisse erst im Laufe des Jahres 2020 vorliegen werden. Bis dahin wird noch einige Zeit vergehen.
Forderung nach Berücksichtigung der „tatsächlichen Potenziale“
Die Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden (Grüne) teilte jetzt mit: „Nach einem Gespräch mit dem Verkehrsministerium Mitte Juli 2019 wandte ich mich mit Briefen an das Ministerium. Denn ich halte es für äußerst wichtig, dass in der jetzigen Potenzialanalyse auch die tatsächlichen Potenziale der Ablachtalbahn berücksichtigt werden.“ Diese Forderung betreffe insbesondere die Bereiche Tourismus, den Flächendruck am Bodensee und die damit verbundene Attraktivitätssteigerung des Landkreises Sigmaringen durch eine direkte Bahnanbindung an den Bodensee.
Vorbild Räuberbahn
Nach der Überzeugung Bogner-Undens kann „die Ablachtalbahn im Rahmen der notwendigen Mobilitätswende einen großen Beitrag leisten. Zudem werde die Schieneninfrastruktur im ländlichen Raum erhalten und in einem nutzungsfähigen Zustand gehalten. Auch der mögliche Ausflugsverkehr zwischen Mengen und Stockach nach dem Vorbild der Räuberbahn zwischen Pfullendorf und Altshausen könne hierfür einen großen Beitrag leisten.
Diskussion um Reaktivierung für Personennahverkehr schon seit 2003
Das Thema ist zwar aktuell, aber so richtig neu ist es nicht. Schon im Jahr 2003 gab es Bestrebungen, den Personenverkehr auf der stillgelegten Strecke wieder zur aktivieren. Damals initiierte der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Sonderfahrten mit Triebwagen der Hohenzollerischen Landesbahn (HZL). Sonntag, der 14. September, ließ Hoffnungen aufkommen. Drei Mal rollte der Triebwagen zwischen Stockach und Mengen mit Zwischenhalten in mehreren Orten. So auch in Meßkirch, wo die Menschen dicht gedrängt auf dem Bahnsteig auf einen Platz im Zug hofften.
Dabei ging es vor allem um die bevorstehende endgültige Stilllegung der Strecke. „Wir haben noch Hoffnung, dass die Stilllegung in letzter Minute doch noch gestrichen wird“, machte damals VCD-Sprecher Wolfgang Lohmiller aus Bad Saulgau im Gespräch mit dem SÜDKURIER deutlich.
Und er wies darauf hin, dass eine schnelle und direkte Verbindung von Ulm nach Zürich eben über Mengen und Meßkirch möglich sei. Eine diesbezügliche Anfrage aus der Schweiz sei auf deutscher Seite aber „nicht auf großes Interesse gestoßen“. Überhaupt habe man gar nicht alle möglichen Potenziale der Strecke berücksichtigt, kritisierte im Jahr 2003 der VCD.
Bogner-Unden sieht Potenzial für Güterverkehr
Andrea Bogner-Unden hat in einem Brief an Ministerialdirektor Professor Uwe Lahl darum gebeten, die tatsächlichen Potenziale der Ablachtalbahn zu berücksichtigen. „Denn nur das Potenzial für den Personennahverkehr von einer Bahn, die es noch gar nicht gibt, in Augenschein zu nehmen, wird den zukünftigen Chancen dieser Strecke nicht gerecht“, heißt es in dem Schreiben, das dem SÜDKURIER vorliegt. Die Abgeordnete weist auf den großen Bedarf für den Transport von Holz, Kies, Schrott und Recyclingprodukten hin.

Firmen äußern Interesse
Auch nach Informationen des SÜDKURIER haben bereits mehrere Firmen ihr Interesse bekundet, eine Bahnverladung zu nutzen, wenn die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung steht. Bogner-Unden ist überzeugt, da es auf der Bodenseegürtelbahn kaum Kapazitäten für die Steigerung des Güterverkehrs gebe, könne die Ablachtalbahn auch in diesem Segment eine Entlastung sein.
Hermann: Kommunales Interesse als Voraussetzung für Reaktivierungsprogramm
In einem Schreiben an die Abgeordnete bekräftigt Verkehrsminister Winfried Hermann nochmals, dass die Ergebnisse der Potenzialanalyse frühestens im Januar 2020 vorliegen werden. Bislang ist noch gar keine Ausschreibung erfolgt. Laut Hermann setzt ein mögliches Reaktivierungsprogramm ein ernsthaftes Interesse von kommunaler Seite voraus.
Thema im Gemeinderat
In Meßkirch scheint dieses vorhanden zu sein. Jedenfalls will Bürgermeister Arne Zwick noch im Herbst den Gemeinderat über Möglichkeiten des Kaufs der Strecke informieren. Bekanntlich haben die Anliegerkommunen Pfullendorf, Ostrach und Altshausen ebenfalls die Bahnstrecke gekauft. Neben der touristischen Nutzung der als Räuberbahn firmierenden Strecke gibt es dort auch bereits wieder Güterverkehr, der noch intensiviert werden soll. Sogar eine Reaktivierung des stillgelegten Container-Terminals neben dem Firmengelände von Alno scheint möglich.