Die Stadt Meßkirch hat in ihrer Geschichte etliche berühmte, mutige und sozial bewegte Frauen aufzubieten, von Maria Theresia zu Fürstenberg-Meßkirch bis zu Regintrudis Sauter, Äbtissin vom Rupertsberg und Eibingen, die das Leben und Wirken der heiligen Hildegard von Bingen erforschte. Dies und vieles mehr erfuhren die knapp 20 Interessierten bei einem Spaziergang durch die Stadt mit Gästeführerin Andrea Braun-Henle. Zu den einzelnen Stationen gehörten die Liebfrauenkirche, die Loreto-Kapelle im Klösterle, die St. Martinskirche und das Schloss. Da es so viel Spannendes zu berichten gab, war die Gruppe fast zwei Stunden unterwegs.

Die Sonntagstracht der Frauen des 19. Jahrhunderts ist aufwendig gearbeitet. Der weiße Kragen und die links gebundene ...
Die Sonntagstracht der Frauen des 19. Jahrhunderts ist aufwendig gearbeitet. Der weiße Kragen und die links gebundene Schürzenschleife deuten auf eine unverheiratete Frau hin. Beeindruckend ist die geklöppelte Kopfbedeckung. | Bild: Michelberger, Isabell

In der Liebfrauenkirche stand Anna von Zimmern im Fokus, die als eine der ersten Frauen in der Meßkircher Historie namentlich genannt wird. Sie ist eine Tochter des Truchsessen von Rohrdorf und Ehefrau von Werner dem Älteren von Zimmern (1289 bis 1384). Eventuell sei sie in der Liebfrauenkirche begraben, doch das wisse man nicht genau.

Dass recht wenig von den Frauen aus historischen Zeiten bekannt ist, liege daran, dass sie in den Urkunden kaum auftauchen, denn die Männer haben die politisch relevanten Entscheidungen getroffen und Dokumente unterschrieben. „Frauen haben meist nur Tagebücher verfasst“, erzählte Andrea Braun-Henle. Diese seien jedoch schwer zu entziffern, da die Handschriften unleserlich seien. „Das Schönschreiben hat den Frauen damals niemand beigebracht“, erklärte die Gästeführerin. Die Männer, die Dokumente und Urkunden schrieben, hatten hingegen eine besondere Ausbildung.

Vor dem Rathaus berichtet Gästeführerin Andrea Braun-Henle (4. von links) während der Führung zu den berühmten Frauen Meßkirchs von der ...
Vor dem Rathaus berichtet Gästeführerin Andrea Braun-Henle (4. von links) während der Führung zu den berühmten Frauen Meßkirchs von der religiösen Frauenbewegung der Beginen im 13. bis 15. Jahrhundert. Sie bewohnten ein Haus an der Stelle des heutigen Stadtbauamts. | Bild: Michelberger, Isabell

„Die schönen und interessanten Seiten von Meßkirch sind mein Hobby“, bekannte Braun-Henle. Deshalb erfuhren die Gäste der Führung viel Wissenswertes zur Geschichte der Gebäude oder Orte. Die Stadtmauer habe beispielsweise nicht nur zum Schutz der Stadt gedient, sondern galt zugleich als Rechtsgrenze. Die Häuser in der Hauptstraße seien so ausgerichtet, dass ein Blick zum ehemaligen Frauentor möglich war, um dieses zu verteidigen. Leicht ließ sich die Armbrust vom Fenster aus auf das Tor richten. Die Hauptstraße war darüber hinaus der historisch passende Ort, um auf Strafen hinzuweisen, die nur Frauen galten. Ließen sie sich etwas zuschulden kommen, wurden sie im Büßergewand durch die Stadt getrieben. Andrea Braun-Henle zeigte eine Abbildung eines sogenannten Lästersteins aus dem 15. Jahrhundert.

Erstaunlicherweise war ein Bordell im 15. Jahrhundert eine hochmoralische Einrichtung und es war keineswegs verwerflich, wenn Männer dieses aufsuchten. Interessant ist, dass dieses mangels Nachfrage schließen musste.

Die Loreto-Kapelle befindet sich im Klösterle. Die Marienverehrung spielte beim Loretokult im 17. Jahrhundert eine wichtige Rolle.
Die Loreto-Kapelle befindet sich im Klösterle. Die Marienverehrung spielte beim Loretokult im 17. Jahrhundert eine wichtige Rolle. | Bild: Michelberger, Isabell

Auf dem Marktplatz erfuhren die Teilnehmer von den Beginen, einer religiösen Frauenbewegung des 13. bis 15. Jahrhunderts, die etwa an der Stelle des heutigen Stadtbauamts ihr Haus hatte. An Maria-Theresia von Fürstenberg erinnert die Loreto-Kapelle im Klösterle in der Kolpingstraße. Maria-Theresia gilt als die bedeutendste Frauengestalt in der Meßkircher Geschichte. Nach dem Tod ihres Mannes Graf Franz Christoph übernahm sie mithilfe ihres Schwagers die standesgemäße Erziehung ihrer Söhne, initiierte die Ansiedlung eines Kapuzinerklosters und stiftete später die Loreto-Kapelle. Nach dem Tod des Schwagers leitete sie die Verwaltung der Güter.

Zum Ende des 19. Jahrhunderts kämpfte die streitbare Alt-Katholikin Mathilde Rüdt von Collenberg selbstbewusst und mutig für die alt-katholischen Belange. Sie hielt sogar eine von wohl brausendem Beifall quittierte öffentliche Rede, jedoch sehr zum Unmut des katholischen Würdenträgers Konrad Gröber. Im Schloss bestaunten die Teilnehmenden eine, vor allem wegen des geklöppelten Kopfschmucks, aufwendig gestaltete Sonntagstracht aus dem 19. Jahrhundert.

Innerhalb der fast zweistündigen Führung vermittelte Andrea Braun-Henle kurzweilig die Facetten des Frauenlebens in der Vergangenheit.