Auf großes Interesse stieß am Donnerstag im voll besetzten Seminarraum im Schloss Meßkirch der Vortrag von Andrea Braun-Henle über „Die Ursulinen- und Liobaschwestern-Schulen im Schloss Meßkirch zwischen 1947 und 1984“, also über das Auf und Ab von zwei Schulgründungen, von denen vor allem die zweite in der Stadt eine große Wertschätzung und Anerkennung erfahren hatte. Sie meinte, bisher sei es üblich gewesen, über Männer in längst vergangenen Zeiten zu forschen. Sie habe sich mit Frauen aus einer Zeit beschäftigt, die noch nicht so lange her ist.

Ursulinen kommen nach dem Weltkrieg nach Meßkirch
In einem ersten Teil ging die Referentin auf die Ursulinen ein, die unter dem Patronat der heiligen Ursula stehen. Sie gehören dem Augustinerorden an und konzentrieren sich seit Jahrhunderten auf Schule und Erziehung. Aus ihren Klosterschulen in Breslau und Warta (heute Polen) wurden sie nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben und fanden in Bielefeld, Herdringen im Sauerland und in Meßkirch neue Zentralen für ihre Landfrauenfachschulen.

Die Ursulinen wollten, dass Mädchen lernen, ihre praktischen, sozialen und kulturellen Aufgaben als Landfrau und Mutter in Familie und Dorfgemeinschaft zu erfüllen, erzählte Andrea-Braun-Henle in ihrem Vortrag in der vergangenen Woche. Es gab von Anfang an Schwierigkeiten und Konflikte. Für die Oberklasse fehlte es etwa an Praxisräumen, deshalb sank die Zahl der Schülerinnen. Die Ursulinen zogen 1950 von hier weg. Immerhin haben etwa 100 Absolventinnen die Schule hier durchlaufen.

1951 Gründung einer Filiale der Frauenfachschule Kloster Wald
Im August 1951 kam es dann zur Gründung einer Filiale der Frauenfachschule Kloster Wald in Meßkirch. Schwester Sophia de Kotschoubey-Beauharnais von Benediktinerinnen der Heiligen Lioba in Wald wird in einem zeitgenössischen Buch über Pädagogik als „Cheftheoretikerin der 50er-Jahre zu Fragen der Mädchenbildung und -erziehung“ zitiert. Sie lehnte Koedukation ab, weil sie Frauen als gleichwertig, aber nicht gleichartig mit Männern definierte, und vertrat das pädagogische Konzept: „Menschwerdung durch den Menschen, Bildung durch Kopf, Herz und Hand und Einkehr zu Gott – das ist der Weg, den wir unseren Mädchen weisen wollen“.
1953 wurden vierzig Schülerinnen von vier hauptberuflichen Lehrkräften unterrichtet, 1954 das „Schlössle“ von den Fürstenbergern angemietet, Johanna-Maria Lederer und Valeria Rudiger kamen als Lehrkräfte nach Meßkirch. 1958 gab es die staatliche Anerkennung als Frauenfachschule mit hauswirtschaftlich/gewerblicher (Textil) Ausrichtung. Ein Vorteil des hiesigen Abschlusses war die Möglichkeit, sich weiter zur HHT-Lehrerin ausbilden zu lassen. Daneben wurden „Parallel-Klassen“ aus Wald eingerichtet, in denen der Lehrplan von Aufbaurealschulen angeboten wurde.
Frauenfachschule 1967 geschlossen
1967 musste die Frauenfachschule in Meßkirch, die etwa 500 Schülerinnen inzwischen durchlaufen hatten, wegen zu geringer Schülerinnenzahl geschlossen werden. Im gleichen Jahr schloß die Stadt Meßkirch, inzwischen seit 1961 Eigentümerin des Schlosses, einen Mietvertrag mit der Schlossschule ab. Die Miete war niedrig, dafür sollte die Schule Instandsetzungs- und Verschönerungsarbeiten im Innern des Schlosses übernehmen. Dauernd gab es in dem alten Gebäude etwas zu reparieren, zu verbessern, etwa von Holz- auf Öl- und später von Öl- auf Zentralheizung umzustellen. 1969 wurde die bisherige Filiale aus Wald zu einer eigenständigen Schule. Ab 1980 zeichnete sich wegen des steigenden finanziellen Aufwands und dem Nachwuchsmangel an Nonnen trotz aller Bemühungen von Stadt und Parteien die Schließung der Schule im Meßkircher Schloss ab. Am 1. April 1984 wird die Schlossschule nach Kloster Wald verlegt.
Andrea Braun-Henle fasste ihr persönliches Fazit so zusammen: Sie hält die Schulschwestern für energische, kreative, gebildete und kluge Frauen, die auch unter widrigen Umständen nicht so schnell aufgaben, aus christlichen Haltung die Welt mitgestalteten, sich für eine zukunftsfähige Bildung für Mädchen und junge Frauen in einer ländlichen Gegend einsetzten und ein spannendes Kapitel Schlossgeschichte schrieben. Anschließend sorgten vor allem ehemalige Schülerinnen und mit der Schlossschule verbundene Personen mit ihren Beiträgen für Heiterkeit. Ein Artikel über die Schlossschulen in Meßkirch und ihre Geschichte soll im nächsten Heimatheft erscheinen.
Die Gemeinschaften
- Die Ursulinen, früher auch Ursulinerinnen genannt, sind eine von Angela Merici 1535 in Brescia in der Lombardei in Italien gegründete Ordensgemeinschaft, die in der Erziehung und Bildung von Mädchen wirkt. Die Anfänge der Arbeit der Ursulinen gelten als der „Anfang der gesamten neuzeitlichen Mädchenerziehung“. Die Ursulinen stehen unter dem Patronat der heiligen Ursula.
- Die Benediktinerinnen von der heiligen Lioba, Liobaschwestern, sind eine benediktinische Schwesternföderation, die 1927 in Freiburg-Günterstal von Maria Föhrenbach gegründet wurde. Von Günterstal aus kam es zu weiteren Gründungen, aus denen wiederum Tochterklöster hervorgingen.