Dank des Artenschutzes kehren die streng geschützten Biber in den vergangenen Jahren auch in die Region zurück. Seit Jahren steigt deren Population kontinuierlich an. Die Ansiedlung der bis zu 35 Kilogramm schweren Nagetiere wirkt sich positiv auf Wasserqualität und Artenvielfalt aus. Doch vor allem Land- und Forstwirtschaft sind von Biberschäden durch Fressschäden, Rückstauungen und Überflutungen betroffen.
Auch die Stadtverwaltung Meßkirch kann sinnbildlich ein Lied von den Folgen der Biberdämme singen. Tiefbauchef Uwe Winkler schildert im Gespräch mit dem SÜDKURIER Auswirkungen auf das Kanalnetz: „Das Abwassersystem ist ein Mischsystem aus Regen- und Schmutzwasser. Wenn es nicht regnet, haben wir einen sogenannten Trockenwetterzufluss auf die Kläranlage von 40 bis 50 Litern pro Sekunde. Nach der letzten Schneeschmelze im März hatte der Zufluss bei 70 Liter pro Sekunde gelegen und führte zu 30 Liter Fremdwassereintrag ins Abwassersystem.“ Bei der Suche nach der Ursache hatten die Verantwortlichen festgestellt, dass der Teuerbach durch einen Biberdamm so hoch aufgestaut war, dass das Wasser rückwärts in den Mischwasserkanal lief.
Biberbauwerk wurde zurückgebaut

Bei einem Vororttermin begutachteten Verantwortliche der Stadt und der Biberbeauftragte des Regierungspräsidiums Tübingen, Gunnar Hornstein, den Biberdamm. In Absprache mit ihm wurde der Damm soweit rückgebaut, dass der Wasserspiegel oberhalb des Damms wieder um 20 Zentimeter sank. An den angrenzenden Weiden wurden vom Biberbeauftragten Markierungen angebracht, anhand derer regelmäßig kontrolliert werden kann, ob der Wasserspiegel oberhalb des Damms nicht erneut zu hoch steigt. Und damit die Biber nicht in das Kanalsystem eindringen können, wurden die beiden Regenüberlaufrohre des dortigen Regenüberlaufbeckens in den Teuerbach mit einem Gitter versehen.
Drainage soll für Abhilfe sorgen
Bei einem Vororttermin mit dem SÜDKURIER stellte der Tiefbauamtsleiter fest, dass das Wasser bereits wieder bis drei Zentimeter unter der Markierung steht: „Wir können darauf warten, bis die Markierung wieder erreicht ist“, folgerte Winkler. Demnächst soll eine Drainage durch den Biberdamm gelegt werden, die einen kontinuierlichen Wasserdurchfluss gewährleistet. „Dann können wir mit dem Biber dauerhaft leben und haben kein Problem mit dem Rücklauf“, hofft Uwe Winkler. Dass eine Biberdammdrainage funktionieren kann, zeigte er dem SÜDKURIER am Beispiel eines Biberdamms im „Schwarzen Graben“ in Richtung Heudorf.
Die Besiedlung durch Biber führe aber auch zu zahlreichen positiven Effekten für das Ökosystem, schildert Michaela Schmidt, Landschaftsarchitektin und Leiterin des Bereichs Stadt & Umwelt bei der Stadt Meßkirch. Dazu zählten eine Vielzahl an Kleinstbiotopen und positive Auswirkungen auf die Biodiversität, ebenso die Entstehung von nassen und feuchten, großflächigen Wasserbereichen. Diese würden den aquatischen Lebensraum verbessern und naturnahe Auen entstehen lassen.
Neue Lebensräume für andere Tiere

Durch Biber würden Rückzugsmöglichkeiten aus Laichgewässern für Amphibien und neuer Lebensraum für Flora und Fauna entstehen. Auch Fledermäuse und Vögel seien durch ein entstehendes Nahrungsangebot von Insekten Nutznießer der Biberpopulation. Absterbende Bäume erhöhten, wie etwa im Mettenbach, den Totholzanteil, der wiederum Lebens- und Nahrungshabitat und Brutstätte für zahlreiche Tiere sei. Auch der Mensch erhalte durch Biberaktivitäten neue Orte für Erholung, Entspannung und Beobachtung. „Der Biber kehrte an die vielfach begradigten Fließgewässer zurück und ‚arbeitet‘ seit dem als aktiver Landschaftsgestalter“, sagt Michaela Schmidt. Die Nagetiere schafften durch das Aufstauen neue Lebensräume, „die für eine Vielzahl von Pflanzen und Tiere ein großer Gewinn sind.“
16 aktive Reviere
22 Biberreviere sind auf der Gemarkung Meßkirch bekannt, die von 50 bis 60 Tieren genutzt werden. Inzwischen sind sechs Reviere wieder verwaist, sodass man von 16 aktiven Revieren sprechen kann, gibt Michaela Schmidt an. Eines der verwaisten Reviere ist am Gönnertalgraben, direkt westlich von Buffenhofen. Es wurde, wie die anderen drei verwaisten Reviere, nur kurzzeitig von einem wandernden Tier bewohnt. Wenn ein Biberkonflikt auftritt, können sich die Betroffenen an die ehrenamtlichen Biberberaterinnen und -berater, an die unteren Naturschutzbehörden oder an die Biberbeauftragten des Regierungspräsidiums Tübingen wenden. Im Rahmen eines Ortstermins wird der Konflikt dann umfassend begutachtet und Möglichkeiten zu dessen Lösung erarbeitet. Dazu zählt das Absenken von Biberdämmen, um Überflutungen/Vernässungen von an Gewässer angrenzenden Flächen oder der Beeinträchtigung von Entwässerungseinrichtungen entgegenzuwirken, so Benjamin Unterseher, Referent für Biberangelegenheiten im Regierungspräsidium Tübingen. Umfassende Informationen rund um den Biber und das Bibermanagement im Regierungsbezirk Tübingen können auf der Homepage des Regierungspräsidiums Tübingen (https://rp.baden-wuerttemberg.de/rpt/abt5/ref56/seiten/bibermanagement/) abgerufen werden.