Zu einer Geldstrafe von 1800 Euro wurde ein Arzt vor dem Amtsgericht Sigmaringen verurteilt, der beschuldigt wurde, ein unrichtiges Attest für eine Befreiung vom Tragen einer medizinischen Maske im November vergangenen Jahres ausgestellt zu haben.
Rückwirkendes Attest ausgestellt
Herausgekommen war dies über das Verfahren einer Zeugin, die in einem Einkaufsmarkt Hausverbot bekam, weil sie im August vergangenen Jahres ohne Mund-Nasenschutz einkaufen gegangen war. Das soll aber nicht ihr erster Einkauf ohne Maske gewesen sein, bei dem sie kein ärztliches Attest vorlegen konnte. Nachträglich bat sie im November vergangenen Jahres ihren Hausarzt darum, eine Befreiung von der Maskenpflicht zur Vorlage bei einer Behörde auszustellen, mit dem Verweis darauf, dass die Patientin an besagtem Tag unter Übelkeit gelitten habe. Die Staatsanwaltschaft erstattete Anzeige, weil sich herausgestellt hatte, dass der Arzt die Patientin im August gar nicht untersucht hatte.
Keine Zweifel an Beschwerden gehabt
Vor Gericht schilderte der Mediziner aus dem südlichen Landkreis, dass er die Patientin seit mehr als zehn Jahren kenne und das Attest „guten Gewissens“ ausgestellt habe. Er habe der Frau geglaubt, als sie ihm im November schilderte, dass sie an diesem heißen Augusttag unter Übelkeit litt, weil sie eine Maske getragen hatte. In seiner Praxis habe er seit Beginn der Corona-Pandemie überhaupt nur zwei Atteste für die Maskenbefreiung ausgestellt. Eins für eine Friseurmeisterin, die aufgrund der Chemikalien in ihrem Beruf Atemprobleme bekam, und dieses Attest.
Arzt stellte insgesamt nur zwei Atteste in der Corona-Pandemie aus
In der Praxis gebe es keine Corona-Leugner und aufgrund der strikten Haltung habe man viele Patienten verloren. Denn die Praxis stellte keine Atteste und impfte als Schwerpunktpraxis Tausende Patienten. „Bei diesem Attest konnte ich mir zu 100 Prozent sicher sein“, so der Angeklagte. Die Anklage wegen Ausstellung eines unrichtigen Attests habe ihn mitgenommen: „Was hier passiert, macht mich vollkommen fertig“. Im Attest hatte er nicht vermerkt, dass er die Patientin im August nicht persönlich untersucht hatte und räumte dies auch ein. Für ihn sei die Sache klar, denn das im November 2021 ausgestellte Dokument belege ja, dass er sie nicht rückwirkend untersuchen konnte. Die Patientin habe ihm geschildert, dass sie die Maske wegen akuter Übelkeit im Geschäft abgenommen habe. Seiner Meinung nach sei dies ein akuter Notfall gewesen.
Die Zeugin macht andere Angaben
Die vor Gericht als Zeugin geladene Frau schilderte den Fall etwas anders. Sie habe immer mit akuter Übelkeit zu kämpfen gehabt, wenn sie eine Maske tragen musste. Deshalb sei sie an diesem heißen Sommertag gleich ohne Maske einkaufen gegangen. „Sie haben also gar keine Maske getragen, weil sie davon ausgegangen sind, dass ihnen dann schlecht wird?“, fragte Richterin Kristina Selig erneut nach. Das bejahte die Zeugin. Weil sie keine Maske trug, bekam die Frau Hausverbot von dem Supermarkt und im November eine Vorladung vor Gericht. Im November habe sie ihren Hausarzt nach einer rückwirkenden Befreiung gefragt.
Arzt schildert Belastung durch Verfahren
Der Arzt schilderte, dass er seit über 30 Jahren tätig war und seinen Beruf mit hoher Verantwortung ausgeführt habe. Sehr glücklich sei er gewesen, einen Nachfolger gefunden zu haben, weswegen er die Praxis abgegeben habe. Geplant sei es aber, dass er noch einige Jahre in einer anderen Praxis als Entlastungsarzt arbeiten wolle. Das Verfahren belaste ihn aber so sehr, dass er noch nicht wisse, ob er über das Rentenalter hinaus noch weiter arbeiten wolle. „Der Vorfall hat mich aus der Bahn geworfen“. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Geldstrafe von 1800 Euro. Er habe gewusst, dass das Attest zur Vorlage bei einer Behörde diene. Trotzdem habe der Arzt auch glaubhaft geschildert, dass es keine Zweifel gab, der Patientin nicht zu glauben. Ein Fehler sei das Attest in dieser Form trotzdem gewesen.
Richterin folgt Antrag der Staatsanwaltschaft
Der Verteidiger plädierte auf Freispruch und berief sich auf die Rechtsprechung, die besagt, eine Untersuchung sei nicht zwingend. Amtsrichterin Kristina Selig folgte mit ihrem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. „Es ist der Regelfall, dass man untersucht. Man muss in ein Attest reinschreiben, wenn es nicht so war“, sagte sie zum Arzt. Das Zeugnis sei demnach unrichtig, weil keine Diagnose gestellt wurde. Noch im Gerichtssaal kündigte der Verteidiger an, gegen das Urteil Revision einzulegen.