Das baden-württembergische Verkehrsministerium lässt gemeinsam mit regionalen Partnern prüfen, ob Oberleitungen für 16 bisher nicht-elektrifizierte Bahnstrecken sinnvoll sind. Daneben wird mit der nun beauftragen Studie geprüft, ob es im Vergleich zur Elektrifizierung für diese Strecken sinnvoller ist, Loks mit alternativen Antrieben einzusetzen. Nachdem das Stuttgarter Ministerium öffentlich gemacht hatte, dass es eine solche Studie geben soll, hat sich die Initiative Bodensee-S-Bahn (IBSB) kritisch zu Wort gemeldet.
Donautalbahn wichtig für überregionale Güterverkehre
Die IBSB fordert unter anderem, dass die Strecke der jetzt reaktivierten Ablachtalbahn elektrifiziert wird. Auf dieser Strecke verkehrt seit diesem Monat an Sonn- und Feiertagen die Biberbahn für touristische Fahrten. Auch zur Donautalbahn meldet sich die IBSB zu Wort. Kritisiert wird, dass die Strecke der Donautalbahn, die von Ulm über Sigmaringen und Tuttlingen nach Donaueschingen führt, für die Studie in sechs Abschnitte unterteilt wird. „Dieses Vorgehen ist irritierend und lässt befürchten, dass auf der Donautalbahn zukünftig nur noch Lokal- beziehungsweise Regionalverkehre angeboten, attraktive überregionale Verbindungen hingegen gestrichen beziehungsweise erschwert werden sollen. Der für die Verkehrswende so wichtige überregionale Güterverkehr scheint ganz aus dem Blick geraten zu sein,“ heißt es in der Stellungnahme der IBSB.
Kritik an möglichen Wechseln der Betriebsart der Züge
„Wie soll ein Betrieb aussehen, wenn die Betriebsarten von Oberleitung zu Alternativen wie Batterie- oder Wasserstofftechnologie ständig wechseln würden? Durchgehende Züge wären kaum mehr wirtschaftlich, wenn in allen Fahrzeugen die unterschiedlichen Antriebsarten installiert werden müssten,“ so Ralf Derwing, Co-Präsident der IBSB. Für solch lange Strecken sei ein Betrieb über Oberleitungen am besten. Das Oberleitungssystem sei wirtschaftlicher als jede andere Betriebsart.
„Der Grundsatz der gesamthaften Betrachtung gilt natürlich auch für die Donautalbahn Ulm – Sigmaringen – Tuttlingen – Donaueschingen“, schreibt Edgar Neumann, Sprecher des Stuttgarter Verkehrsministeriums. Der SÜDKURIER hatte ihn um eine Stellungnahme zu den Forderungen der IBSB gebeten. „Die überregionale Bedeutung dieser Strecke ist allen Beteiligten bewusst. Die durchgehende Verbindung auf der Donautalbahn wird natürlich aufrechterhalten. Die Aufteilung der Strecke in einzelne Abschnitte erfolgte aus rein fachlichen Aspekten, da sich an den Knotenpunkten das Betriebsprogramm im Regionalverkehr ändert, welches Auswirkungen auf die Bewertung der Technologien hat. Die Bedenken der IBSB sind aus Sicht des Ministeriums nicht nachvollziehbar und absolut unbegründet“, so Neumann weiter.
Aus Sicht des Landes ist der Bund in der Pflicht
Mit der Elektrifizierungsstrategie werde auch der Güterverkehr auf der Schiene berücksichtigt werden. Allerdings sei der Bund für die Bundesschienenwege verantwortlich und deshalb in der Pflicht, eine ausreichende Finanzierung von Elektrifizierungsprojekten sicherzustellen, so Neumann. Diese Aufgabe könne nicht allein beim Land und den Kommunen als freiwillige Leistung verbleiben.

Da aus Sicht der IBSB die Donautalbahn mit einer Oberleitung elektrifiziert werden sollte und die Verbindung Radolfzell – Stockach – Hindelwangen (Seehäsle) im Zuge der Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn ebenfalls
mit einer Oberleitung ausgerüstet werden wird, wäre mit der Elektrifizierung der Ablachtalbahn ein durchgehender elektrischer Betrieb von Ulm bis Zürich/Basel möglich, argumentiert die Initiative. „Die Aufnahme des regelmäßigen Betriebs auf der Ablachtalbahn wird im Rahmen einer Machbarkeitsstudie untersucht, die das Land bezuschusst. Sobald die Machbarkeitsstudie zum Betriebsprogramm und den eingesetzten Fahrzeugen vorliegt, werden die Ergebnisse in das Elektrifizierungskonzept Baden-Württemberg eingehen“, so der Sprecher des Verkehrsministeriums auf SÜDKURIER-Anfrage. Der Meßkircher Gemeinderat hat diese Studie bereits beauftragt.