Ein Oktoberfest in einer Kneipe in Meßkirch endete an einem Samstagabend im Oktober des vergangenen Jahres mit schweren Verletzungen eines damals 56-jährigen Mannes und Blessuren bei etlichen anderen Gästen. Bis heute ist das Opfer nicht arbeitsfähig und leidet unter den Folgen des Angriffs. Der Täter, ein damals 32-Jähriger, muss sich zurzeit vor dem Amtsgericht Sigmaringen wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Seit dem Vorfall sitzt der Mann in Haft.

Die Treppe heruntergestoßen

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, dass er sein Opfer bis zur Bewusstlosigkeit niedergeschlagen haben soll. Anschließend soll er sein auf dem Boden liegendes Opfer mit Tritten gegen den Kopf angegriffen haben. Einen weiteren Kneipenbesucher, der als Zeuge aussagte, soll der Angeklagte ebenfalls versucht haben, die Treppe herunterzustoßen. Der Täter hatte bei der polizeilichen Vernehmung geschildert, dass das Opfer ihn beleidigt habe. Was aber das Thema des Streits war, konnte er nicht mehr sagen und auch die meisten Kneipengäste, die vor Gericht als Zeugen geladen waren, konnten zur Klärung dieser Frage nichts beitragen.

Das könnte Sie auch interessieren

Stammgäste helfen dem Opfer

Ein Stammgast schilderte, dass er einen Stoß bekommen habe, sich aber am Geländer festhalten können. Danach lag er am Boden und wurde vom Angeklagten getreten. Wie er dahin gekommen sei, wisse er nicht mehr. „Ich weiß, ich lag auf dem Boden und habe meinen Kopf geschützt“, schilderte er. Seine Prellungen, Schürfwunden und Blessuren bestätigten diverse Atteste. Da er betrunken gewesen sei, könne er nicht mehr sagen, was der Auslöser für den Streit war, bei dem sein Freund, der 56-Jährige, schwere Verletzungen erlitten hat.

Tritte gegen den Kopf

Ein weiterer Gast, ein 58-jähriger Lastwagenfahrer, befand sich zunächst in der Kneipe. Weil der Streit so laut war, sei er nach draußen gegangen und habe gesehen, wie der 56-jährige Mann am Boden lag und „vom Angeklagten zusammengeschlagen wurde“. Gemeinsam mit einem anderen Gast habe er die Beiden getrennt. „Von der Rangelei oben an der Treppe habe ich nichts gesehen“, sagte er. Weitere Angaben könne er nicht machen, weil er betrunken gewesen sei. Den Vorfall bestätigte so auch der dritte Zeuge, ein 54-jähriger Mann. Er habe am Tresen von dem Streit erfahren. Gemeinsam mit dem 58-jährigen Zeugen sei er nach draußen geeilt und habe das Duo unterhalb der Treppe getrennt und den Angeklagten festgehalten. Den eigentlichen Stoß sah auch er nicht. Nachdem er den Angeklagten wieder frei ließ, habe dieser auf das am Boden liegenden Opfer „mit dem Schuh gegen den Kopf geschlagen“. Immer wieder betonte der Zeuge, dass der Angeklagte dafür bei mindestens einem Tritt ähnlich wie bei einem Freistoß im Fußball mit dem Fuß ausgeholt habe und mit Absicht auf den Kopf gezielt habe. Das Opfer lag blutüberströmt auf der Straße, der 58-jährige Helfer habe ebenfalls stark geblutet. Zum Angeklagten sagte er, dass dieser stark alkoholisiert war, aber auf seine Ansprache reagiert habe. Neben dem Gastwirt war der 54-Jährige der einzige Zeuge, der nicht unter erheblichem Alkoholeinfluss stand.

Das könnte Sie auch interessieren

Gastwirt zeigt sich geschockt

Der als Zeuge geladene Gastwirt sagte aus, dass er vom Tresen aus den Stoß von der Treppe gesehen habe. Der Angeklagte habe das Opfer mit beiden Händen geschubst. Was sich dann abgespielt habe, habe er nicht gesehen. Der Gastwirt eilte zu der Gruppe und regelte den Verkehr. „Die Autos sind einfach weitergefahren, obwohl da einer am Boden auf der Straße lag“, berichtet der Wirt. Er sei über die brutalen Vorgänge vor seiner Kneipe sehr erschrocken gewesen. „Ich habe schon viele Schlägereien mitbekommen, aber ein so brutales Vorgehen ist mir selten untergekommen“, sagte der Mann, der seit über 30 Jahren in der Gastronomie tätig ist. Früher habe eine Schlägerei spätestens dann geendet, wenn einer am Boden lag.

„Ich habe schon viele Schlägereien mitbekommen, aber ein so brutales Vorgehen ist mir selten untergekommen“
Gastronom, Zeuge

Auseinandersetzung in Meßkirch nicht alltäglich

Der Angeklagte sei „völlig ungehemmt“ gewesen. Eine solche Auseinandersetzung sei in der Kleinstadt nicht alltäglich. Zudem schilderte er, dass die Freundin des Angeklagten zwei Mal versucht habe, seine Aussage vor Gericht zu verhindern mit dem Satz: „Da war doch gar nichts“. Er habe dies als Einschüchterungsversuche verstanden.

Angeklagter trank vor der Tat

Eine weitere geladene Wirtin schilderte, dass der Angeklagte etwa 20 Minuten vor der Tat noch in ihrer Kneipe saß und innerhalb von rund zwanzig Minuten mehrere Jägermeister getrunken habe. Wegen einer eigenen Veranstaltung habe sie den Angeklagten weggeschickt. Wenig zur Aufklärung beitragen konnte ein 60-jähriger Mann, bei dem der Angeklagte nach der Tat rund 20 Minuten zu Besuch gewesen sein soll. Dort habe er nichts getrunken, so der Zeuge. An Gespräche über die Tat oder andere Themen könne er sich nicht mehr erinnern. Ein geladener Kriminaloberkommissar schilderte, dass der Angeklagte gegen 22 Uhr verhaftet werden konnte, nachdem er zunächst geflüchtet war. Die entsprechenden Untersuchungen ergaben deutlichen Alkohol- und Drogenkonsum.

Mix aus Alkohol und Kokain

Das psychiatrische Gutachten geht davon aus, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt rund 2,4 bis 2,9 Promille gehabt haben muss. Außerdem seien Abbauprodukte von Kokain nachgewiesen worden, was auf einen entsprechenden Konsum schließen lasse, teilte der geladene Psychiater und Gutachter dem Gericht mit. Bei seinem Besuch in der Haft beim Angeklagten, habe er einen unauffälligen, offenen Mann kennengelernt.

Verminderter Schuldunfähigkeit steht im Raum

Es lägen keine psychischen Erkrankungen oder Auffälligkeiten vor, allerdings eine Suchtproblematik und deshalb habe ihn die Bundeswehr als Zeitsoldat abgelehnt. In der Folge habe der Angeklagte den Halt im Leben verloren und viel Alkohol und Drogen konsumiert. In dieser Zeit wurde der Mann mehrfach auf Bewährung verurteilt. Erstaunlicherweise habe er die Kurve aber wieder bekommen und sei vor der jetzigen Tat mindestens ein Jahr abstinent gewesen, wie diverse Haarproben belegten. Auch eine Arbeit hatte der Mann wieder. Aufgrund des Mischkonsums von Drogen und Alkohol gehe er von einer verminderten Schuldfähigkeit aus.

Der Prozess geht am Montag weiter

„Die Kombination hat zu einer aggressiven Enthemmung und einer erheblichen verminderten Steuerungstendenz geführt“, sagte der Gutachter. Das Kokain sei auch dafür verantwortlich, dass der Angeklagte nicht stärkere Ausfallerscheinungen gezeigt habe. Woher aber der hohe Alkoholgehalt im Blut komme, sei ihm nicht klar. Weitere Zeugen sollen deshalb zu dem Abend befragt werden. Nach sieben Stunden wurde der Prozess unterbrochen. Das 56-jährige Hauptopfer sagte vor Gericht bislang nicht aus. Sein Anwalt sagte, dass der Mann bis heute unter der Tat leide und nicht auf seinen Peiniger treffen wolle. Die Ärzte bescheinigten dem Mann zahlreiche Folgen der Tat in Attesten. Sie sollen neben zwei weiteren Zeugen am Montag, 2. Mai, ab 8.30 Uhr vor Gericht gehört werden.