Das Amtsgericht Sigmaringen hat ein Verfahren gegen einen 29-Jährigen, der sich wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung zu verantworten hatte, vorläufig eingestellt. Amtsrichterin Katharina Heinzelmann sowie sämtlich federführend am Prozess Beteiligten stimmten diesem Urteil zu, der Angeklagte hat binnen eines Monats eine Geldauflage von 500 Euro zugunsten des Kinderschutzbundes Sigmaringen zu bezahlen.
Aus Eifersucht gehandelt
Anlass des Verfahrens war ein Gewaltdelikt zwischen dem in Meßkirch lebenden Angeklagten und dem Freund seiner Ex-Ehefrau, die in Pfullendorf wohnt. Der 29-Jährige soll diesen Freund Anfang Dezember gegen 18 Uhr angetroffen und ihm laut Anklageschrift „aus Eifersucht“ einen Schlag ins Gesicht sowie zwei weitere Schläge auf den Hinterkopf verpasst haben. Den Einspruch gegen den im Februar dieses Jahres eingegangenen Strafbefehl begründete Verteidiger Stefan Kabus damit: „Wir wollen herausfinden, was tatsächlich passiert ist.“
Zufälliges Aufeinandertreffen
Der Angeklagte berichtete nun seine eigene Version der Auseinandersetzung. So habe er rein zufällig den mit dem Auto anfahrenden neuen Freund seiner Ex-Frau bemerkt, als er gerade im Begriff gewesen sei, seinen Jungen zur Mutter zurückzubringen. Sie hätte nach der Trennung vor zwei Jahren das Sorgerecht für den dreijährigen Bub erhalten und er lediglich ein zweiwöchentliches Besuchsrecht, dass er zur gemeinsamen Freizeitgestaltung nutzen würde. Über Bekannte sei ihm dabei zu Ohren gekommen, dass sein Nachfolger den oft quengeligen Jungen angeschrien hätte, er „solle sein Maul halten“ und rüde bei seinen Zurechtweisungen mit dem Kleinkind aufgetreten sei. „Das wollte ich mit ihm besprechen“, so der Angeklagte, der seinen Nachfolger vor weiteren Übergriffen gegen seinen Sohn eindrücklich zu warnen beabsichtigte: „Meinen Jungen hat er nicht zu richten!“
Sorgerecht für das Kind
Doch „dieser Typ“ habe ihn bei besagter Begegnung nur angeherrscht, er solle sich „verpissen“, hätte hier nichts mehr zu melden. Der Konflikt führte zu einem gegenseitigen Hin- und Hergeschubse. „Und das war‘s“, meinte der 29-Jährige. Seine Ex-Frau hätte sich zuvor mit allerlei Ausflüchten stets dagegen verwahrt, seinem Wunsch nach einer Kontaktaufnahme zu ihrem neuen Freund zu entsprechen. Der Angeklagte mutmaßte, dass seine Ex-Frau wegen akuter Geldprobleme solcherlei Behauptungen aufstellt und ihm sogar gedroht hätte, ihn wegen „Kindeswohlgefährdung“ anzeigen zu wollen – auch in der Absicht beim geteilten, aus seiner Sicht unfairen Sorgerecht für das Kind, letztendlich die Oberhand behalten zu können.
Schläge ins Gesicht und auf Hinterkopf
Der 37-jährige Geschädigte schilderte im Zeugenstand einen anderen Verlauf. „Aus dem Nichts“ habe er beim Aussteigen aus seinem Auto einen Faustschlag von links direkt ins Gesicht bekommen und aus dem Mund geblutet. Dann seien zwei Schläge auf den Hinterkopf gefolgt. Konflikte mit dem Jungen bestritt er kategorisch: „Ich habe sein Kind auch nicht angeschrien oder angefasst. Das ist nicht meine Aufgabe!“ Einen diesbezüglichen Wortwechsel hätte es mit dem Angeklagten nicht gegeben, er habe diesen lediglich gefragt, was denn sein Problem sei? Daraufhin habe er erst einmal Abstand genommen und sich im Areal in Sicherheit gebracht. Nach dem Verschwinden des Angeklagten hätte er sofort das Polizeirevier in Pfullendorf aufgesucht.
Kein Attest vom Arzt
Dies bestätigte ein 34-jähriger polizeilicher Sachbearbeiter, der sich um den Fall kümmerte und vom Gesicht des Geschädigten sogleich Aufnahmen machte: Die Rötung und eine leichte Schwellung an der Wange seien auf den Bildern deutlich zu sehen gewesen. Allerdings habe der 37-Jährige in einer zweiwöchigen Frist zur Attestierung der Verletzung keinen Arzt aufgesucht und der Polizeibeamte die Akte danach ohne Attest an die Staatsanwaltschaft übergeben.
Verfahren eingestellt
Somit war für die Richterin und Staatsanwalt Matthias Buck die augenscheinliche Gesichtsverletzung des Geschädigten mit den Behauptungen des Angeklagten absolut nicht in Einklang zu bringen. Buck schlug als salomonische Lösung eine Verfahrenseinstellung gegen eine „maßvolle Geldauflage“ für einen gemeinnützigen Zweck vor. Damit erklärte sich der Angeklagte nach interner Beratung mit seinem Anwalt einverstanden.