Die Corona-Fallzahlen im Landkreis Tuttlingen steigen deutlich an. Am Mittwoch diese Woche wurden 106 neue Corona-Fälle gemeldet, der bislang höchste Wert seit Ausbruch der Pandemie. „Wir machen uns Sorgen“, sagte Landrat Stefan Bär. Dr. Sebastian Freytag, Geschäftsführer der Klinik in Tuttlingen, sprach in einer Pressekonferenz am Mittwoch von einer „Pandemie der Ungeimpften“. Im Krankenhaus würden nach wie vor allem ungeimpfte Personen mit nachgewiesener Corona-Infektion landen.
Hohe Patientenzuströme mit und ohne Corona-Infektion
Einzelne Patienten zählten zu den sogenannten Impfdurchbrüchen, weil sie Vorerkrankungen hätten oder deutlich über 60 Jahre alt seien und/oder deren Impfung mehr als sieben Monate zurückliegen würde. „Das Risiko ist nicht für jeden gleich verteilt“, erklärte Freytag. „An diese Gruppe kann ich nur appellieren: Lassen sie sich impfen beziehungsweise boostern“. Er kündigte an, dass die Klinik ihre Intensivkapazitäten erweitern werde, um für sieben bis neun Corona-Patienten gerüstet zu sein. Deshalb würden geplante Operationen abgesagt und die Besucherregelungen verschärft werden.
Geplante Operationen werden verschoben
Man bereite sich auf die Krise vor, denn die Klinik sei jetzt bereits voll, natürlich auch mit Patienten, die andere Krankheiten haben. „Wir sind so gut belegt, wie das ganze Jahr nicht“, fasste er die Lage zusammen. Es sei ein Schockmoment gewesen, als man einen Patienten in ein anderes Krankenhaus verlegen wollte und sowohl das Klinikum Schwarzwald-Baar am Standort Villingen als auch das Hegau-Bodensee-Klinikum Singen diesen Patienten nicht aufnehmen konnten. Inzwischen habe man einen Platz gefunden, aber die Situation in den Kliniken spitze sich überall zu. „Das was wir jetzt in Zahlen sehen, schlägt bei uns in zwei Wochen in der Klinik auf“, sagte Freytag. Und weiter: „Wir können nicht mit diesen hohen Zahlen durch den Winter kommen“.
Menschen sind mit Hygiene und Abstand halten nachlässiger geworden
Auf die Frage, warum das Coronavirus jetzt sich so sehr ausbreitet, versuchte Stefan Bär eine Antwort zu finden. Es liege am Verhalten der Menschen im Alltag. „Regeln sind nur so gut, wie sie im Alltag gelebt und beachtet werden“. In den vergangenen Monaten habe sich eine Nachlässigkeit beim Einhalten der Abstandsregeln und Hygienevorschriften eingeschlichen, man habe die Pandemie ein Stück weit verdrängt. Covid-19 übertrage sich im Alltag. Er appellierte an die Bürger, sich gut zu überlegen sollen, ob Treffen in größeren Gruppen jetzt wieder sein müssen, ganz unabhängig vom Impfstatus. Jeder sei gefordert, Abstand zu halten.
Mobiles Impfteam wird im ganzen Landkreis unterwegs sein
Im Landkreis Tuttlingen werde bald ein mobiles Impfteam unterwegs sein, das im gesamten Kreis unterwegs sein werde. Zwei Tage soll es in Tuttlingen an einem festen Ort stehen, einen Tag jeweils in Spaichingen und Trossingen und an zwei weiteren Tagen die kleineren Gemeinden anfahren. „Uns ist wichtig, dass das Impfangebot im ganzen Landkreis verteilt ist“, sagte Bär. Zudem würden rund 85 Prozent aller Hausarztpraxen auch weiterhin Covid-19-Impfungen anbieten, zehn Prozent würden auch fremde Patienten impfen. „Es bleibt eine individuelle Entscheidung, aber es geht auch um die Gemeinschaft“, appellierte Stefan Bär an die Menschen, sich impfen zu lassen. Die Impfung von bislang ungeimpften Bürgern sei noch wichtiger als das Boostern, aber auch für Drittimpfungen werde der Kreis bald verlässliche Terminangebote machen.
Gesundheitsamt ruft Infizierte nicht mehr an
Das Land Baden-Württemberg hat bei der Kontaktnachverfolgung von Infizierten einen Strategiewechsel verzogen. Deshalb, so Stefan Bär, rufe auch das Gesundheitsamt Tuttlingen nicht mehr alle Infizierten an, sondern nur noch vulnerablen Gruppen, wie beispielsweise nach Fällen in Schulen oder Einrichtungen: „Auch wenn die positiv getesteten Personen nicht mehr aktiv von uns angerufen werden, wird das Landratsamt für seine Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin gut erreichbar sein“, betonte Bär. Bei Fragen können sich diese unter der Nummer 07 46 1/9 26 99 99 direkt an die Hotline wenden, Fragen zu Kontaktpersonen und dem Umfeld beantwortet das Serviceteam unter 07 46 1/9 26 49 50. Da die vulnerablen Gruppen besonders im Fokus stehen, ist hierfür ein spezielles Team im Gesundheitsamt zuständig. Ebenfalls gibt es konkrete Ansprechpartner für die Schulen und Kindergärten. „Selbstverständlich beraten wir Schulen und Kindergärten weiterhin, wenn es größere Ausbruchsgeschehen gibt. Hier findet wie bisher auch eine enge Abstimmung mit der jeweiligen Leitung statt“, so Bär.
Wer wird wo getestet?
Im Bereich der PCR-Testungen ist die Unterscheidung zwischen Asymptomatischen/Ungeimpften und Symptomatischen wichtig. Asymptomatische und ungeimpfte Personen können sich kostenpflichtig an den dafür vorgesehenen Stellen testen lassen. Eine Übersicht finden Sie unter www.landkreis-tuttlingen.de. Für Menschen mit Symptomen gilt, dass diese krank sind und sich selbstverständlich jederzeit an ihren Hausarzt oder an eine der Schwerpunktpraxen wenden können.