Im Anfang des 18. Jahrhundert ließ der Fürst des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen im Zuge der Säkularisation in der Lehrenstraße in Worndorf ein stattliches Gebäude mit massiven Kalksteinwänden auf festem Fundament, großräumig mit zwei Geschossen und einer besonders stabilen Dachkonstruktion errichten. Es war das Worndorfer Pfarrhaus, nahe der Dorfkirche gelegen. Bis zum Jahr 2012 hat die katholische Kirchengemeinde sanierte Räume im Erdgeschoss für den Kirchenchor und kleine Treffen genutzt. Mit der Entscheidung für einen Gemeinschaftsraum bei der Pfarrkirche stand das Pfarrhaus zum Verkauf an. Für Birgit und Michael Stoll aus Überlingen ein willkommenes Gebäude mit großem Gartengrundstück zur Verwirklichung neuer Ideen, einem Lebenskloster. Michael Stoll ist Dichter, Musiker und Mystiker, seine Ehefrau ist Kunstschreinerin und Philosophin. Das Ehepaar wohnt in Überlingen und betreibt dort das Suso-Haus. „Wir waren sofort von dem Anwesen in Worndorf begeistert, es ist uns regelrecht zugeflogen“, sagt Michael Stoll im Gespräch.
Kontakt mit der Jugendbauhütte
Nun galt es jedoch das in die Jahre gekommene Gebäude zu sanieren und im Ganzen zu nutzen. Michael Stoll knüpfte sich die Verbindungen zur Organisation Jugendbauhütte Baden-Württemberg (JBH) im Technischen Rathaus in Esslingen. Die deutschlandweit gemeinwohlorientierte Organisation macht sich zum Ziel, denkmalgeschützte Objekte und historische Bauten an die kommenden Generationen weiterzugeben sowie Nachwuchs für die vielfältigen Berufsfelder der Denkmalpflege zu gewinnen.
Sie ist ein Projekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in Trägerschaft der Internationalen Jugendgemeinschaftsdienste (ijgd), unterstützt von vielen privaten und institutionellen Förderern. Sie bieten den Rahmen für ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege oder einen Einsatz beim Bundesfreiwilligendienst. Das Jugendbauhütten-Jahr beginnt jeweils am 1. September und dauert zwölf Monate. Es steht allen jungen Menschen zwischen 16 und 26 Jahren offen. Besondere Schulabschlüsse und Ausbildungen sind nicht erforderlich. Die Vollzeit-Schulpflicht muss allerdings erfüllt sein.
Bereits erste Arbeitswoche vor Ort

Die erste Arbeitswoche in Worndorf hat nun vom 7. bis 13. Juni stattgefunden. Unter der Leitung von David Nonnenmann vom Technischen Rathaus der Jugendbauhütten Baden-Württemberg in Esslingen, hat eine Gruppe von sechs Jugendlichen das Gebäude in Worndorf inspiziert und anstehende Sanierungsarbeiten ausgelotet. In den kommenden Jahren werden dann jeweils 22 Jugendliche jeweils eine Arbeitswoche in Worndorf verbringen und nach dem Slogan „Junge Hände für alte Wände“ arbeiten.
Kristian Kiesow von der deutschen Stiftung Denkmalschutz überwacht die Arbeitsgänge, für die auch fach- und sachkundiges Personal zur Verfügung steht. Ein zeitliches Limit ist vorerst bis zum Jahr 2030 gesetzt. Schritt für Schritt, gemäß der vorhandenen Kräfte wird die Bausubstanz des Hauses erneuert und es werden Räume gestaltet, die Orte zur schöpferischen Arbeit und Räume des Rückzugs und der Stille werden. Es wird sicher einige Zeit vergehen, bis die letzten Arbeiten vollendet sind.
Noch Skepsis bei den Bürgern
Den Sanierungsfortschritt wird sicher auch die Worndorfer Bürgerschaft verfolgen, bis dann nach und nach die Skepsis am gesamten Vorhaben ausgeräumt ist. In einem Rundgang durch das betagte Gebäude bis zum Dachgeschoss konnten sich Bürgermeisterin Marina Jung und Ortsvorsteherin Nicole Weikart über das Vorhaben von Michael Stoll informieren. Am Ende der Informationsrunde und ausführlichen Erklärungen war der Gesamteindruck sehr positiv. Die Bürgermeisterin steht der Idee der Initiatoren sehr aufgeschlossen gegenüber. Es wird in den kommenden Jahren in der Lehrenstraße zeitweise etwas lebhafter zugehen.
Informationen zu den Beteiligten:
www.lebenskloster.de,
www.Jugendbauhuetten.de,
www.freiwilligesjahr-bw.ijgd.de