In einer Mitarbeiterversammlung informierten gestern Insolvenzverwalter Dr. Martin Hörmann und der neue Vorstandschef Rolf Rickmeyer die Alno-Belegschaft über die aktuelle Situation. Die Versammlung wurde per Video-Schalte an die Produktionsstandorte Enger und Coswig übertragen. Nach Informationen des SÜDKURIER war die Stimmung ruhig, gefasst, trotzig bis niedergeschlagen. Hörmann habe auf Nachfrage versichert, dass die Löhne nach Auslaufen des Insolvenzgeldes Ende September gesichert seien, allerdings nur für diejenigen Beschäftigten, die tatsächlich arbeiten.

Bekanntlich zahlt die Agentur für Arbeit seit dem Insolvenzantrag im Juli die Belegschaft. Auf die SÜDKURIER-Frage, was ab dem 2. Oktober geschieht, erläuterte Pietro Nuvolino, Medienvertreter des Insolvenzverwalters, das weitere Verfahren. Martin Hörmann rechnet damit, dass das Amtsgericht Hechingen am 1. Oktober das Insolvenzverfahren offiziell eröffnen wird. Dann erhält der Insolvenzverwalter ein Sonderkündigungsrecht, mit dem er bestehende Arbeitsverträge ebenso binnen drei Monaten kündigen kann wie Miet- oder Leasingverträge. „Hier überwiegt das Insolvenzrecht gegenüber dem Arbeitsrecht“, weist Nuvolino darauf hin, dass bei solchen Firmenübernahmen auch ein Personalabbau üblich sei. Es könne also am 2. Oktober passieren, dass Alno-Mitarbeiter in die Firma kommen und dort mangels Geld oder Arbeit nicht beschäftigt werden können, sondern freigestellt werden. Erst nach Abschluss der Investorengespräche, beziehungsweise einem vom Gläubigerausschuss genehmigten Verkauf des Alno Konzerns oder einzelner Standorte, könne man dann den exakten Personalbedarf benennen.

Der Pressesprecher bestätigte, dass es mehrere Angebote für Übernahmen gebe, und einige Investoren sich bereits im sogenannten „Datenraum“ mit ihren Wirtschaftsprüfern und Anwälten befinden, um die Bücher der Alno AG zu prüfen und dann womöglich ein verbindliches Gebot abzugeben. In den Datenraum gelangen nur Interessenten mit einem seriösen Kaufangebot, die eine Verschwiegenheitsklausel unterschreiben müssen. Ein verbindliches Gebot wird dann vom Insolvenzverwalter dem Gläubigerausschuss vorgelegt, der dann die endgültige Entscheidung trifft. Bis zum Abschluss dieses Investorenverfahrens ruht die Produktion an den Alno-Standorten, bestätigte der Pressesprecher.

Auf die Frage, ob die Investorenfirma First Epa Holding, an der bekanntlich Ex-Finanzchefin Ipek Demirtas beteiligt ist, auch ein Angebot abgegeben hat, bestätigte gestern eine Pressesprecherin von Epa , dass weiterhin Interesse bestehe, aber man zur konkreten Situation nichts sagen wolle. Möglich wäre auch, dass ein Investor beispielsweise ein Angebot für die Übernahme der Tochterfirma Pino abgibt und sich noch die Markenrechte von „Alno“ sichern will, wofür er ein eigenes Angebot abgeben müsste, denn alle Markenrechte des Alno-Konzerns sind in einer eigenen Gesellschaft gebündelt. Der Verkaufserlös kommt in die Insolvenzmasse, aus der dann die Gläubiger entsprechend einer Quote bedient werden. Auf Anfrage des SÜDKURIER erklärte Betriebsratsvorsitzende Waltraud Klaiber, dass ihre Kollegen um ihre Existenz bangen: „Es bleibt nichts übrig, als den Investorenprozess abzuwarten. Das Ziel muss sein, zu hoffen, dass so viele Arbeitsplätze wie möglich gerettet werden.“

Ein Mitarbeiter äußerte sich nach der Versammlung, dass er nach mehr als 20 Jahren das Unternehmen verlassen will. Nach Informationen des SÜDKURIER hat Nobilia, Deutschlands größter Küchenmöbelhersteller, in Pfullendorf ein Büro angemietet, von wo aus eine Vertriebsstruktur für den Küchenriesen aufgebaut werden soll.
 

Anleihegläubiger über 45 Millionen Euro bestimmen Vertreter für Gläubigerausschuss

In Pfullendorf findet am kommenden Dienstag, 26. September, 10 Uhr, die zweite Gläubigerversammlung für Anteilseigner der 2013 ausgegebenen Anleihe in Höhe von 45 Millionen Euro statt. Die Verzinsung der Inhaberschuldverschreibung beträgt 8,5 Prozent und die Anleihe wird am 14. Mai 2018 fällig. Einlass für die nicht öffentliche Versammlung ist um 9.30 Uhr. Hintergrund der Gläubigerversammlung ist das Insolvenzverfahren bei dem das zuständige Amtsgericht Hechingen, das auch einen Gläubigerausschuss eingesetzt hat, in dem die Interessen aller Gläubigergruppen vertreten sind, insbesondere auch der Anleihegläubiger.

Damit die Interessen der Anleihegläubiger in dem vorläufigen Insolvenzverfahren sachgerecht vertreten werden, sollen die Anleihegläubiger am 26. September zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter bestellen. Dieser soll als zentrales Informations- und Kommunikationsorgan der Anleihegläubiger in das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Emittentin eingebunden werden und dabei die Interessen der Anleihegläubiger bündeln und vertreten. Er hat die Aufgaben und Befugnisse, welche ihm durch Gesetz oder von den Anleihegläubigern durch Mehrheitsbeschluss eingeräumt wurden.

Er hat die ihm durch Mehrheitsbeschluss erteilten Weisungen der Anleihegläubiger zu befolgen. Soweit er zur Geltendmachung von Rechten der Anleihegläubiger ermächtigt ist, sind die einzelnen Gläubiger zur selbständigen Geltendmachung dieser Rechte nicht befugt, es sei denn, der Ermächtigungsbeschluss sieht dies ausdrücklich vor. Als Kandidat für den Vertreterposten wird Rechtsanwalt Daniel Vos von der Kölner Rechtsanwaltskanzlei Müller Seidel Vos vorgeschlagen.

Bei der noch bis zum morgigen Freitag, 22. September, dauernden weltgrößten Küchenfachmesse „Küchenmeile A30“ in Ostwestfalen, bei der sich alle wichtigen Küchenhersteller präsentieren, war die Alno AG bis zum Mittwoch mit einem Messestand vertreten. Neben der Präsentation von Küchen, die von den Fachbesuchern als qualitativ hochwertig gelobt wurden, nutzte auch Insolvenzverwalter Martin Hörmann die Gelegenheit zum Gespräch mit Händlern, Verbänden und Herstellern. Er erläuterte die aktuelle Situation und warb um Vertrauen. Nach Informationen des SÜDKURIER zeigte auch das ehemalige Vortandsduo Max Müller und IpekDemirtas Präsenz auf der Küchenmeile. (siv)