Leerstehende Geschäfte in der Innenstadt wirken oftmals trostlos und tragen nicht gerade zu einem attraktiven Stadtbild bei. In Pfullendorf wird mit dem ausgelobten Gründerwettbewerb erneut ein Versuch gestartet, dem Ladensterben in der Altstadt entgegenzuwirken. Dabei erhalten Existenzgründer bei der Entwicklung eines Geschäftsmodells Unterstützung von Fachleuten. Die besten Projekte werden von einer Jury mit Geldpreisen belohnt. Der SÜDKURIER sprach mit vier Geschäftsfrauen, die den Schritt in die Selbstständigkeit bereits gewagt und sich ganz bewusst für einen Standort in der Pfullendorfer Innenstadt entschieden haben.

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"Ich war sofort Feuer und Flamme für die Geschäftsidee und den Standort"

Anja Brucker betreibt ein Friseurgeschäft in Pfullendorf und hat sich mit der Eröffnung eines Cafés einen Traum erfüllt.
Anja Brucker betreibt ein Friseurgeschäft in Pfullendorf und hat sich mit der Eröffnung eines Cafés einen Traum erfüllt. | Bild: Kirsten Johanson
  • Anja Brucker ist seit vergangenem Herbst mit "Stil & Genuss Kupferschmid" im Herzen der Stadt ansässig. Sie verlegte ihr Friseurgeschäft von Aach-Linz in den ehemaligen "Deutschen Kaiser". "Ich bereue es absolut nicht. Es ist wunderschön in dem Gebäude, es hat Seele", sagt sie. Ein moderner Glasbau in der Peripherie hätte sie nicht gereizt. Neuland betrat die Friseurmeisterin, indem sie zudem ein Café eröffnete. "Die Leute schätzen es, dass sie bei schönem Wetter in der Innenstadt draußen sitzen können", erzählt sie. Ein eigenes Café sei schon immer ihr Traum gewesen. "Ich war sofort Feuer und Flamme für die Geschäftsidee und den Standort. Doch es war letzten Endes kein Schuss aus der Hüfte, sondern reiflich überlegt", erklärt sie. In die Renovierung und Ausstattung der Räumlichkeiten hat die Geschäftsfrau schließlich eine stattliche Summe investiert. Die Belegschaft ist auf rund 15 Mitarbeiter angewachsen und hat sich damit seit dem Umzug nach Pfullendorf verfünffacht. "Dass in Pfullendorf nichts passiert, sehe ich nicht so. Geschäftsleute wie Langer investieren in der Innenstadt. Und den Gründerwettbewerb kann ich nur befürworten. Ich finde es gut, dass sich die Stadt auch mit einbringt. Ich war zum Beispiel dankbar, dass die Innenstadtbeauftragte Mira Krane uns mit Rat und Tat zur Seite stand."

"Das Geschäft wird gut angenommen, ich bin glücklich hier"

Yvonne Lauenstein verkauft im "Flotten Käfer" Secondhand-Kleidung für Säuglinge und Kleinkinder.
Yvonne Lauenstein verkauft im "Flotten Käfer" Secondhand-Kleidung für Säuglinge und Kleinkinder. | Bild: Kirsten Johanson
  • YvonneLauenstein betreibt seit acht Monaten in den Räumen der Hauptstraße 29 den "Flotten Käfer", ein Geschäft für Secondhand-Mode, Bücher, Spielzeug und andere Artikel für Kinder. Nachdem ihr jüngster Sohn inzwischen elf Jahre alt ist, wollte sie wieder Vollzeit arbeiten, erzählt sie: "Dieser Job lässt sich ideal mit meinen Kindern vereinbaren, das wäre nicht der Fall, würde ich zum Beispiel im Supermarkt an der Kasse sitzen. Nach der Schule können die Kinder bei mir im Laden Hausaufgaben machen." Wichtig war ihr, dass der Laden nicht nur stundenweise, sondern täglich geöffnet ist. Auch an Aktionen wie dem verkaufsoffenen Sonntag beteiligt sich Lauenstein. Mit dem Standort ist sie sehr zufrieden, allerdings würden manche Kunden bemängeln, dass die kostenlose Parkzeit von 1,5 Stunden zu kurz sei, wenn sie nicht nur Einkaufen, sondern auch noch ein Café trinken oder Essen gehen wollen. Mit den Kundenzahlen des "Flotten Käfers" ist sie ebenfalls zufrieden. "Das Geschäft wird gut angenommen, ich bin glücklich hier. Das Nagelstudio, das eine Zeit lang hier integriert war, ist inzwischen ausgezogen. Nun werde ich im ersten Stock mein Lager einrichten und kann Kinderwagen, Buggys, Kindersitze und solche Dinge ins Sortiment nehmen." Ihre Meinung zum Gründerwettbewerb? "Klasse! Wenn die Innenstadt belebt ist, trägt das positiv zum Stadtbild bei. Wichtig ist natürlich auch, dass die Vermieter offen sind und das Ganze unterstützen."

"Mut gehört zur Selbstständigkeit dazu, aber ich genieße es, mein eigener Chef zu sein"

Aline Witschel ist erfolgreich mit dem Café "Moccafloor", das zugleich Kulturbühne ist.
Aline Witschel ist erfolgreich mit dem Café "Moccafloor", das zugleich Kulturbühne ist. | Bild: Kirsten Johanson
  • AlineWitschel hat sich mit ihrem Café "Moccafloor" am Marktplatz etabliert. "Der Standort ist optimal", sagt die gelernte Steinmetzin, die seit sieben Jahren das Tagescafé mit Kulturbühne betreibt. Auch von auswärts steuern viele Gäste das "Moccafloor" an. "Die Leute schätzen das Café und halten sich gerne hier auf. Wir haben ja auch eine wunderschöne Innenstadt." Dass sie sich in der Gastronomie-Branche selbstständig gemacht hat, bereut Witschel nicht. "Ich würde es jederzeit wieder so machen. Mut gehört zur Selbstständigkeit dazu, aber ich genieße es, mein eigener Chef zu sein und meine Ideen verwirklichen zu können." Ihr Tipp an Existenzgründer: einen Schritt nach dem anderen machen. "Dass wir einen einfachen Mittagstisch oder Verköstigung bei buchbaren Events wie Sektempfängen anbieten und inzwischen auch sonntags geöffnet haben, war ja nicht von Anfang an so", erzählt die 45-jährige, die sich in der Wirtschaftsinitiative Pfullendorf engagiert. Auch sie begrüßt den Gründerwettbewerb. "Eine super Idee. Es ist eine gute Chance, dass sich in der Stadt etwas entwickelt."

"Ich bin froh, diese Räumlichkeit in der Innenstadt gefunden zu haben"

Heike Maciejczyk hat eine eigene Praxis für Massage und ganzheitliche Körpertherapie am Marktplatz.
Heike Maciejczyk hat eine eigene Praxis für Massage und ganzheitliche Körpertherapie am Marktplatz. | Bild: Kirsten Johanson
  • HeikeMaciejczyk, Physiotherapeutin, findet, dass die Pfullendorfer Innenstadt Flair und Potenzial hat. "Es wäre schade, wenn sie verwaist. Ich finde es gut und wichtig, dass etwas dafür getan wird, die Innenstadt zu beleben", sagt sie. Maciejczyk war früher in einer Rehaklinik angestellt und hat 2015 mit einer eigenen Praxis für Massage, Rebalancing und ganzheitliche Körpertherapie den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. Sie behandelt mitten in Pfullendorf über dem Café "Moccafloor". Wo sieht sie den Vorteil der Selbstständigkeit gegenüber dem Angestelltendasein? "Es ist praktisch mit Familie und Kindern, so bin ich für mich und meine Kunden zeitlich flexibel. Zum anderen wollte ich weg von der klassischen Physiotherapie, die immer reglementierter wird. Meine Zukunftsperspektive sieht so aus, dass ich mein Angebot noch mehr in Richtung Körperwahrnehmung und -entspannung ausweiten möchte." Bei sich zu Hause eine Praxis einzurichten, hatte der 42-Jährigen nicht zugesagt. "Ich bin froh, diese Räumlichkeit in der Innenstadt gefunden zu haben. Der Altbau ist sehr schön und ich fühle mich wohl hier", erzählt sie.

Gründerwettbewerb läuft bis 27. Februar

Anmeldung

  • Der Wettbewerb gliedert sich in drei Phasen. Bis zum 27. Februar kann jeder seine Geschäftsskizze bei Wirtschaftsförderer Bernd Mathieu einreichen. Dann wird die Geschäftsidee geprüft. Bis zum 27. Juni soll ein Detail-Businessplan erarbeitet werden und dieser wird dann von einer Jury bewertet. Die drei besten Geschäftsmodelle erhalten ein Preisgeld von 2000, 1000 und 500 Euro sowie Sachpreise. Wer sein Vorhaben dann tatsächlich verwirklicht, erhält pro Geschäftsidee 5000 Euro (zweckgebunden für Renovierung, Ladenbau, Marketing, Ladenmiete). Die Projektteilnehmer werden während der gesamten Wettbewerbsphasen von Fachleuten begleitet. Dazu gehören kostenlose Workshops und Beratungen. Und für die Gewinner gibt es zudem noch Medienpakete des SÜDKURIER-Medienhauses. Weitere Informationen zu dem Wettbewerb gibt es auch bei Wirtschaftsförderer Mathieu unter der Telefonnummer 0 75 52/25 11 11 oder im Internet auf: http://www.idee-pfullendorf.de

Gutscheine

  • Als weitere Aktion werden seit Dezember 2018 auch Gewinnspielkarten verteilt und im Handel ausgelegt. Diese können sich Kunden bei ihrem Einkauf in Pfullendorf abstempeln lassen. Immer am letzten Freitag eines Monats werden unter den abgegebenen Karten vier Gewinner gezogen. Diese bekommen jeweils einen Geschenkgutschein im Wert von 25 Euro. Die Gutscheine können in rund 40 Geschäften und Restaurants eingelöst werden. Start der Verlosung war am 21. Dezember.