Die Brandstiftung an der Sechslindenschule in Pfullendorf vor anderthalb Wochen hat erneut eine Diskussion über eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum entfacht. Rechtlich gibt es hierfür aber einige Hürden zu überwinden. Und das kann dauern.
„Es hätte schlimmer ausgehen können“, sagte Pfullendorfs Stadtbrandmeister Dieter Müller, als am Samstagabend, 16. November, der Aufenthaltsraum der Sechslindenschule Feuer gefangen hatte. Unbekannte zündeten Mülltonnen an, wodurch die Flammen auf den Aufenthaltsraum übergriffen. Von den Tätern gibt es bislang trotz eines Zeugenaufrufs des Kriminalkommissariats Sigmaringen keine Spur.
Vandalismus am zentralen Busbahnhof
In den sozialen Medien wird nicht erst seit diesem Vorfall gefordert, Videokameras zu installieren, um die Täter identifizieren zu können. Doch so einfach ist das nicht, wie die Recherche des SÜDKURIER ergab. Für Pfullendorfs Hauptamtsleiter Simon Klaiber ploppe das Thema immer wieder auf – nicht erst seit der Brandstiftung an der Sechslindenschule. „Wir hatten auch öfter Vandalismus am zentralen Busbahnhof zu beklagen, wo Scheiben eingeschlagen wurden“, sagt Klaiber. Nach dem Brand an der Sechslindenschule rechnet er mit einer erneuten Diskussion über die Videoüberwachung im öffentlichen Raum.

Simon Klaiber macht aber auch deutlich, dass es rechtlich sehr schwierig bis fast unmöglich sei, den öffentlichen Raum mit Kameras zu überwachen. Denn die aktuelle Rechtsauffassung sieht vor, dass in Deutschland eine flächendeckende Überwachung des öffentlichen Raums nur in begründeten Ausnahmefällen mögliche ist. Eine einmalige Straftat reicht daher nicht aus. „Solche Straftaten müssen öfter vorkommen. Sonst haben wir zu wenig Fleisch am Knochen“, so Klaiber.
Das sagt die Polizei
Oder wie es Oliver Weißflog von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Ravensburg formuliert. „Es muss sich dabei um einen Kriminalitätsbrennpunkt mit höheren Fallzahlen handeln.“ Eine mögliche Videoüberwachung, so Weißflog, obliege im Übrigen den Kommunen und nicht der Polizei, die wiederum nur vermehrt Streife fahren könne, um Straftaten aufdecken zu können. Der Polizei sei bekannt, dass Jugendliche oder junge Erwachsene meistens abgelegene Treffpunkte suchen, wo sie unbeobachtet bleiben. Weißflog weiß aber auch: „Wenn wir zu oft kontrollieren, wird ein anderer Ort gesucht. Es entsteht ein Verdrängungseffekt.“
„Wir sind in Kontakt mit dem Landesdatenschutzbeauftragten.“Simon Klaiber, Hauptamtsleiter
Die Stadt Pfullendorf hat indes das Thema noch längst nicht abgehakt. Doch rechtlich schwebt über allem der Datenschutz. Denn aufgrund des starken Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen durch eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum sind die datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprechend hoch. „Wir sind in Kontakt mit dem Landesdatenschutzbeauftragten“, so Klaiber.
Datenschutz muss berücksichtigt werden
Nur auf Verdacht die Kameras zu installieren, wäre daher nicht rechtens. „Dafür ist der Datenschutz zu restriktiv.“ Bis es außerdem dazu kommen könnte, den öffentlichen Raum mit Videokameras zu überwachen, würde viel Zeit vergehen. „Es ist eine Illusion, zu glauben, dass dies von einen auf den anderen Tag passiert.“
Und wenn die Stadt dann den öffentlichen Raum überwachen darf? Dann müsse auch erst geklärt werden, in welchem Umfang und an welchen Orten die Kameras eingesetzt werden. Und Klaiber gibt zu bedenken: „Die Videoüberwachung ist kein Allheilmittel gegen Vandalismus.“
Tuttlingen setzt Kameras ein
Dass eine Videoüberwachung durchaus ein probates Mittel sein kann, zeigt die Stadt Tuttlingen, wo vermehrt auf die Videoüberwachung unter Berücksichtigung der Vorgaben des Datenschutzes gesetzt wird, die vor allem der Prävention dient.
In Tuttlingen wurden bereits die ersten Kameras am Rathaus installiert. Mindestens 25 Standorte sollen ab 2025 überwacht werden. Die Stadt Tuttlingen erhofft sich von der Überwachung weniger Vandalismus, weil die Straftäter anhand der Beweismittel zur Rechenschaft gezogen werden können.