Corona und kein Ende. Wie stark wird die Verwaltung, werden Sie persönlich durch die Pandemie gefordert?
Corona hat die ganze Verwaltung unheimlich gefordert, wobei die stetig wechselnden Vorgaben des Landes bei der Umsetzung vor allem das Haupt- und Ordnungsamt vor große Herausforderungen stellte. Was von oben schlecht organisiert wurde, mussten wir vor Ort ausgleichen. Persönlich hatte ich weniger Termine und Begegnungen, aber der Arbeitsaufwand war gleich wie in den Vorjahren. Die Organisation stand im Vordergrund, und Projektarbeit war sehr schwierig, beispielsweise Abstimmungsgespräche mit Behörden.
Wie ist der Kontakt der Stadt beziehungsweise des Ordnungsamtes mit dem Gesundheitsamt? Gibt es einen regelmäßigen Austausch, beispielsweise wenn Schulen und Kindergärten vom Ausbruchsgeschehen betroffen sind?
Die Zusammenarbeit klappt wirklich gut. Wobei das Gesundheitsamt ja die Vorgaben des Landes umsetzt, beispielsweise, dass die Ämter nicht mehr die Kontaktverfolgung bei Infizierten übernehmen. Hierfür waren im Landratsamt Sigmaringen bis zu 80 Mitarbeiter beim Gesundheitsamt eingesetzt. Jetzt müssen wir die Kontaktnachverfolgung bei den Infizierten machen. Aber bei Ausbrüchen in Schulen, Kindergarten oder Pflegeheimen wird das Gesundheitsamt aktiv und reagiert auch professionell und schnell.
Welche Aufgaben erledigt das Ordnungsamt?
Wir stellen beispielsweise die Quarantänebescheinigungen für Arbeitgeber aus, denn die Firmen bekommen nach dem Infektionsschutzgesetz für Mitarbeiter, für die eine Quarantäne angeordnet wurde, eine Entschädigung. Also der PCR-Test ist positiv, dann erhält das Ordnungsamt vom Gesundheitsamt eine Meldung und ordnet dann die Absonderung an. Ferner überwachen wir die Corona-Vorgaben so gut es geht.
Das Mega-Thema in der Stadt war und ist die geplante Schließung des Krankenhauses. Wie überrascht waren Sie vom Ergebnis des ersten Gutachtens?
In der Brutalität hat es mich überrascht. Dass die Schließung so alternativlos dargestellt wurde, war und ist für mich schwer zu verstehen, auch deshalb haben wir das Zweitgutachten in Auftrag gegeben. Klar ist, dass wir eine Verbesserung des geplanten Kahlschlages wollen.
Im Kliniken-Aufsichtsrat, dem Sie auch angehören, wurde in den vergangenen Jahren immer wieder über die schwierige Situation – beispielsweise mangelndes Personal in der Geburtenstation diskutiert. Warum wurde die Bevölkerung so lange im Unklaren über die tatsächliche Situation der SRH Kliniken gelassen?
Es stimmt, dass es immer wieder Probleme gab, die man aber gemeinsam gemeistert hat. Der Auftrag des Aufsichtsrates an die Verwaltung lautete, dafür zu sorgen, dass der Betrieb funktioniert. Und es hat bis zur Schließung der Geburtenstation in Bad Saulgau im Prinzip auch funktioniert.
Wenn das Zweigutachten die geplante Schließung des Krankenhausstandortes Pfullendorf bestätigt – hat der Spitalfonds beziehungsweise die Stadt einen Plan B für die dann fehlende Gesundheitsversorgung?
Wir müssen im Krankenhaus Pfullendorf eine medizinische Grundversorgung haben. Für mich wäre eine Mischung aus ambulanter und stationärer Versorgung wichtig. In welcher Form das geschehen könnte, ist noch unklar – ob als medizinisches Versorgungszentrum oder Gesundheitszentrum. Wir sind dazu mit möglichen Projektpartnern im Gespräch. Klar ist auch, dass sich die Stadt wird beteiligen müssen.
Einen Umbau des Krankenhauses zur Pflegeeinrichtung haben Sie aus wirtschaftlichen Gründen ausgeschlossen. Sind andere Nutzungsformen möglich? Wird die Stadt das Gebäude kaufen?
Ein Gebäude quasi auf Vorrat und ohne Nutzungskonzept zu kaufen, lehne ich ab. Es ist auch eine Frage des Preises, denn das Krankenhaus gehört der Kliniken Landkreis Sigmaringen GmbH. Wie gesagt, wir haben die Nutzung als Pflegeheim geprüft, aber das wäre völlig unwirtschaftlich gewesen. Klar ist für mich, dass das Gebäude weiter medizinisch genutzt wird. Unsere Operationssäle werden jetzt schon von Haus- und Belegärzten genutzt. Vorstellbar wäre auch die Nutzung als Kurzzeitpflegeeinrichtung, im Wege der Anschlussbehandlung.
Wie steht es um den Ersatzbau für das evangelische Kindertagheim?
Die Finanzierung seitens der evangelischen Kirche ist derzeit nicht gesichert. Es gibt eine Investitionsverpflichtung, wonach die Stadt 70 Prozent der Kosten und die Kirche 30 Prozent übernehmen müssen. Die Stadt hat ihren Anteil schon auf 80 Prozent aufgestockt. Aber die Kirchen haben weniger Geld zur Verfügung, dazu gibt es wahrscheinlich Kostensteigerungen und deshalb wäre der Kindergartenbetrieb seitens der Kirche nicht gesichert. Der Bebauungsplan ist auf einem guten Weg und es könnte 2022 losgehen. Der Neubau ist ja auf dem Areal der Sechslinden-Schule geplant, wo auch die Verbundschule entstehen soll. Die Kirche arbeitet derzeit ihre Aufgaben auf und im ersten Quartal 2022 werden wir entscheiden.
Wird die Grundschule am Sechslinden-Standort verbleiben und Teil der neuen Verbundschule?
Das ist davon abhängig, ob die Realschule am Eichberg aufgegeben und an den Sechslinden-Standort verlagert werden kann. Diese Entscheidung treffen das Regierungspräsidium beziehungsweise das Land. Denn ohne deren finanzielle Förderung können wir den Realschulneubau nicht realisieren.
Die Förderschule bleibt am Standort am Eichberg. Wir erarbeiten mit der Realschule und der Werkrealschule ein Raumprogramm. Mit dieser konzeptionellen Abarbeitung wird auch entschieden, ob die Grundschule am Standort Sechslinden verbleibt oder nicht. Wenn alles gut läuft, könnten wir 2022 die Planung abschließen, 2023 mit dem Bau beginnen und wären 2025 fertig.
Das letzte Grundstück auf der Bahnbrache wurde Anfang 2021 verkauft. Sie haben stets betont, dass der Investor die Öffentlichkeit informieren wird, was auf dem Areal entstehen soll. Bislang ist nichts passiert. Ist der Deal geplatzt?
Sie haben Recht. Es ist nichts passiert, wobei der Käufer eine dreijährige Bauverpflichtung hat. Geplant ist der Bau einer Halle und konkret sollen zwei Gebäude, ähnlich dem DLZ, entstehen, wobei es hierfür schon konkrete Pläne gibt. Für das restliche Grundstück mit etwa 6000 Quadratmetern besteht noch kein konkreter Plan.
Das Land will den Windkraftausbau voranbringen. Die Stadt beziehungsweise Stadtwerke wollten bekanntlich Windräder bauen, scheiterten aber am Artenschutz, sprich dem Milan. Wird man die Pläne wieder aufnehmen?
Wir warten ab. Der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben muss den Teilregionalplan Windenergie erstellen, in dem Vorrangflächen für Windräder ausgewiesen werden. Aber ich bin überzeugt, dass auf uns etliche Interessenten wegen Flächennutzung zukommen werden.
Ende 2022 endet Ihre Amtszeit. Werden Sie sich um eine dritte Amtszeit als Bürgermeister bewerben?
Das werden wir zwischen den Jahren in der Familie besprechen.
Fragen: Siegfried Volk