Vor zehn Jahren beschäftigte der Küchenmöbelhersteller Alno AG am Stammsitz in Pfullendorf noch viele hundert Mitarbeiter. Dann musste die AG Insolvenz anmelden und die Investorengruppe Riverrock kaufte das riesige Firmenareal. Als Nachfolgefirma etablierte sich vor drei Jahren die Neue Alno GmbH, die noch im April 2021 erklärte, dass man sich für künftiges Wachstum aufstelle und der Investor Riverrock deshalb einen neuen Eigentümer oder einen Co-Investor suche.

Das Geschäftsführerduo Jochen Braun (links) und Michael Spadinger ist vom Erfolg ihrer neuen Firmenstrategie überzeugt.
Das Geschäftsführerduo Jochen Braun (links) und Michael Spadinger ist vom Erfolg ihrer neuen Firmenstrategie überzeugt. | Bild: privat

Am Freitagabend informierte das Geschäftsführerduo Michael Springer und Jochen Braun in einer kurzen Mitteilung, dass die Neue Alno GmbH und die BBT Bodensee Bauteile GmbH ein vorläufiges Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt haben. „Der Geschäftsbetrieb läuft weiter und die Geschäftsführung bleibt weiterhin im Amt“, so die offizielle Mitteilung. Die Alno wolle sich neu aufstellen, gestärkt aus dem Verfahren gehen und den bereits eingeleiteten Investorenprozess fortsetzen. „Ziel des Verfahrens ist es, das Unternehmen mit Unterstützung der Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten durch die Coronakrise zu manövrieren“, ist in der Presseerklärung der Geschäftsführung zu lesen. Der zahlungsunfähige Küchenbauer Neue Alno GmbH darf versuchen, sich in Eigenverwaltung finanziell zu sanieren. Das Amtsgericht Hechingen hat am Montag, 5. Juli, diese vorläufige Eigenverwaltung angeordnet, sagte eine Gerichtssprecherin. Als vorläufiger Sachwalter wurde demnach der Stuttgarter Fachanwalt für Insolvenzrecht Holger Leichtle bestimmt, meldet die Deutsche Presseagentur.

Geschäftsführerduo sucht neuen Eigentümer oder Co-Investor

Noch im April hatten die Geschäftsführer Spadinger und Braun im Gespräch mit dem SÜDKURIER von einem erfolgreichen Geschäftsjahr 2020 und einer Umsatzsteigerung von 62 Prozent berichtet. Öffentlich wurde damals auch, dass der Eigentümer des Küchenmöbelherstellers, die britische Investmentfirma auf der Suche nach einem neuen Eigentümer oder einem Co-Investor ist.

Mit dem neuen Geld sollten unter anderem Investitionen in IT-Systeme und Fertigung getätigt werden. Auf Anfrage des SÜDKURIER hatte Geschäftsführer Michael Spadinger damals bestätigt, dass man seit Wochen Gespräche mit Interessenten führe, und zwar weltweit. Vom Ergebnis dieser Gespräche und einer möglichen Einigung mit einem Investor sei das weitere Engagement von Riverrock in Pfullendorf abhängig.

„Kein Kommentar“, lautete damals die Antwort des Geschäftsführers auf die SÜDKURIER-Frage, ob auch die Übernahme durch einen Mitbewerber aus der Küchenmöbelbranche ein Thema sei. „Das ist natürlich eine theoretische Möglichkeit“, sagte Spadinger vor drei Monaten auf die Frage, ob man auch mit Investoren aus China spreche. Man prüfe weltweit und führe Vorgespräche mit Kandidaten.

Stadt kann riesiges Alno-Areal nicht kaufen

In engem Kontakt mit der Geschäftsführung der Neuen Alno GmbH war und ist auch Bürgermeister Thomas Kugler, sodass der Rathauschef von der Insolvenznachricht überrascht wurde, wie er gegenüber dem SÜDKURIER erklärte. In den Gesprächen mit den Firmenchefs sei durchaus Optimismus zu spüren gewesen, nachdem 2020 aufgrund von Corona ein schwieriges Geschäftsjahr war. „Ich hoffe vor allem für die Mitarbeiter, dass die Firma und damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben“, so Kugler. Ihm gegenüber hätte das Geschäftsführerduo signalisiert, dass die Gespräche mit neuen Investoren gut verliefen.

Auf die Frage, ob die Stadt das riesige Alno-Areal kaufen könnte, um es dann als Industriegebiet zu vermarkten, winkt der Bürgermeister ab. Eine solche Option habe man schon vor einem Jahrzehnt, als die Turbulenzen um die Alno AG immer heftiger wurden und der damalige Vorstandschef Jörg Deisel den Standort sogar schließen wollte, mit dem Wirtschaftsministerium in Stuttgart diskutiert.

Geprüft wurde, ob man das Areal als Sanierungsgebiet ausweist, um es dann als Industriefläche zu nutzen. Vorher müsste man allerdings viele Millionen Euro investieren, besonders in den Bereichen Elektro, Wasser- und Abwasser sowie den Kanälen. „Das würde die Stadt finanziell hoffnungslos überfordern“, verweist Thomas Kugler auch auf die anstehenden millionenteuren städtischen Projekte wie Pflegeheimneubau, Neubau des evangelischen Kindertagheims bis zur Entwicklung des Verbundschulzentrums am Sechslindenstandort. Ein Investor, der die vielen Hallen und Gebäude übernimmt und dann nutzt, wäre aus seiner Sicht die beste Lösung.

Mit dem Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung wird klar, dass der bisherige Eigentümer, die britische Investmentfirma Riverrock, kein zusätzliches Geld zur Verfügung gestellt hat, um der Neuen Alno GmbH finanziell unter die Arme zu greifen. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER vor drei Monaten, als die Suche nach einem neuen Eigentümer oder Co-Investor öffentlich wurde, antwortete das Geschäftsführerduo auf die Frage, was denn passiere, wenn diese Suche erfolglos bleibe, dass man hierauf keine Antwort gebe, sondern sich mit der Zukunft beschäftige.

Noch ist über den Insolvenzantrag des Pfullendorfer Unternehmens von den zuständigen Gerichten nicht entschieden, und somit wurde auch noch kein Sachwalter benannt, unter dessen Aufsicht das Geschäftsführerduo Spadinger/Braun weiter über die Insolvenzmasse verfügen kann.