Die Versorgung mit Energie ist heute das Gesprächsthema Nummer eins. Erdöl und Erdgas werden inzwischen in so großen Mengen verbraucht, dass ein Lieferrückgang für enorm große Probleme sorgen kann. Laut Statistik wird in über 48 Prozent der deutschen Haushalte für die Wärmeerzeugung Erdgas genutzt. Sowohl in Wohnungen (25,6 Prozent) als auch in Wohngebäuden (30,4 Prozent) wird deutlich weniger mit Öl geheizt. Die Zahlen stammen allerdings aus dem Jahr 2019. Heutzutage dürfte die Gasheizung noch deutlicher vorn liegen. In den 90ern hatte das Öl die Nase vorn. Deutschland hat nur wenige Öl- oder Gasvorkommen und zur Förderung müsste heute das sehr umstrittene „Fracking“ genutzt werden. Vor einigen Jahrzehnten gab es dagegen noch Öl- und Gasfelder, bei denen sich das Fördern lohnte. Auch in Pfullendorf.
Förderstellen abgebaut und versiegelt

391 Tonnen Erdöl und 116 Millionen Kubikmeter Gas wurden in der Umgebung der ehemaligen Reichsstadt gefördert. Und das in den Jahren von 1962 bis 1997. Dann war Schluss. Es lohnte sich nicht mehr. Das etwa sieben Kilometer lange und 600 bis 2000 Meter breite Vorkommen in der Erde war ausgebeutet. Die 18 Förderstellen wurden abgebaut und versiegelt. Eine der mächtigen „Pferdekopfpumpen“ steht noch beim Gewerbegebiet Mengener Straße vor den Firmen Waldvogel und DeLimes als Erinnerung an eine Zeit, die schon lange vergessen ist.
Hermann Riester arbeitete bei den „Ölbohrern“
Einer der sich noch erinnert ist Hermann Riester. Kein Wunder. Er arbeitete „bei den Ölbohrern“, wie man die Förderfirma „Gewerkschaft Elwerath“ im Volksmund nannte. Die Rechtsform der bergrechtlichen Gewerkschaft wurde nach Paragraph 163 des Bundesberggesetzes vom 13. August 1980 zum 1. Januar 1986 aufgehoben. Elwerath war nun eine GmbH in einem Firmengeflecht, wo noch ähnliche Unternehmen zu finden waren. Im Waldgebiet Weithart sowie bei Schwäblishausen und Zell standen die Pumpen.

„Alles musste rund um die Uhr laufen. Gearbeitet wurde sieben Tage am Stück. Die Normalschicht dauerte acht Stunden, an den Sonntagen musste man zwölf Stunden vor Ort sein“, erzählt der mittlerweile 88 Jahre alte Riester. Nach sieben Tagen gab es drei freie Tage. 16 Mann seien sie wohl gewesen, so genau weiß er das nicht mehr. Vieles sei vollkommen automatisch abgelaufen. Ohne ständige Überwachung ging aber nichts. In kilometerlangen Leitungen wurde das Öl in eine Reinigungsanlage im heutigen Gewerbegebiet geleitet und dann aufbereitet. Der Wassergehalt war zu hoch und musste reduziert werden. Das Nebenprodukt Ölgas wurde teilweise abgefackelt. Die Flamme konnte man in der Nacht schon von weitem sehen.
Öl per Bahn in die Raffinerie

Und wie wurde das Erdöl abtransportiert? „Es gab eine Ölleitung zum Bahngelände“, erzählt Riester. Etwa dort, wo heute die Zufahrt von der Franz-Heilig-Straße zu Geberit abzweigt, standen die Kesselwagen, die dann gefüllt werden mussten. Bis zu 18 000 Kubikmeter wurden mit einer Zuglandung bis nach Ingolstadt in eine Raffinerie transportiert. Die Gleise sind mittlerweile verschwunden, der Bahndamm ist abgetragen, die Tanks und Anlagen im Gewerbegebiet Mengener Straße längst abgebaut. An die „Ölbohrer“ erinnert nur noch eine riesige Pumpe.