Frank Moser und Siegfried Volk

Spätestens mit der Schließung der Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sowie dem sukzessiven Lockdown in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Gesellschaft innerhalb kürzester Zeit vor eine gewaltige Herausforderung gestellt, ebenso die Staufer-Kaserne. „Die Bundeswehr musste von Beginn an besonnen auf die Krise reagieren“, berichtet Presseoffizier Hauptmann Frank Moser über den Soldatenalltag in Coronaseiten.

Einsatzbereitschaft aufrecht erhalten

Es galt, die Führungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft aufrecht zu erhalten und auch in dieser Phase an eventuell kommende Szenarien zu denken. Was, wenn die „Notstandsgesetze“ von 1968 erstmals angewendet werden sollten? Was, wenn die Bundeswehr von Amtshilfeersuchen überschwemmt wird?

Lehrgänge werden abgesagt

Für das Ausbildungszentrum Spezielle Operationen war die Konsequenz, dass alle Lehrgänge abgesagt, und mit einer Minimalbesetzung die Führungsfähigkeit aufrecht gehalten wurde. Außer der V. Inspektion, die über hochwertiges Sanitätspersonal verfügt und kurzfristig im Bundeswehrkrankenhaus Ulm Unterstützung leistete. Nach zwei Monaten ist der Einsatz dort beendet, wobei die Soldaten in der Intensivstation und Notfallaufnahme aktiv waren, sowie für 30 Patienten Intensivverlegungstransporte durchführten. Andere Bereiche wurden auf Homeoffice und Schichtarbeit umgestellt, wobei nach Überzeugung von Hauptmann Moser die Präsenz von Vorgesetzten das entscheidende Merkmal einer Ausbildungseinrichtung ist.

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Pfullendorf führt als zentrale Ausbildungseinrichtung die lehrgangsgebundene Ausbildung der Spezialkräfte und spezialisierten Kräfte durch. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Lehrgänge im März und April abgesagt. | Bild: Ausbildungszentrum Spezielle Operationen

Home-Office-Unterricht für neue Rekruten

Neben der ungewohnten Situation für die Stammsoldaten kam ein weiteres Thema zum Tragen. Was passiert mit den Rekruten, die am 1. April ihren Dienst in der Ausbildungskompanie antreten sollen? Das Kommando Heer hatte zeitnah entschieden, dass der Dienstantritt administrativ im Postumlaufverfahren vollzogen wird. Im Klartext: Die Rekruten wurden rechtlich verbindlich eingestellt, aber haben erstmalig am 2. Juni einen Fuß in die Kaserne gesetzt. Bis dahin erfolgen die ersten Unterrichtungen – ähnlich wie in den Schulen – über Lernplattformen und Videokonferenzen.

Einstufung von Dokumenten als Problem

„Wobei die besondere Herausforderung in der Einstufung der Ausbildungsdokumente liegt“, erläutert der Presseoffizier eine spezielle Schwierigkeit. Dokumente, die als Verschlusssachen eingestuft sind, können schließlich nicht auf privaten Rechnern bearbeitet werden. Allerdings sei kritisch zu prüfen, ob bislang automatisch als Verschlusssache eingestufte Dokumente tatsächlich diese Einstufung erforderlich machen.

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Kompensation durch Dienst am Wochenende

Weiterhin liegt, seit der Umstellung der Grundausbildung in 2019, in den ersten sechs Wochen der Schwerpunkt beim körperlichen Training und dem Herstellen einer robusten Grundfitness, was mit Videokonferenzen nicht geleistet werden kann. In der Präsenzphase ab Juni werden Gruppenstärken soweit wie möglich reduziert und die Stuben in Einzelbelegung bestückt. Die verkürzte Grundausbildung wird durch Dienst am Wochenende kompensiert. Schwerpunkt ist dann praktischer Dienst mit Waffen- und Geräteausbildung sowie Gefechtsdienst.

Hygienekonzept erstellt

Kommandeur Oberst Albrecht Katz-Kupke (links) gibt Anweisungen.
Kommandeur Oberst Albrecht Katz-Kupke (links) gibt Anweisungen. | Bild: Ausbildungszentrum Spezielle Operationen

Für die Durchführung aller derzeit möglichen Lehrgänge gelten strenge Vorgaben anhand des Hygienekonzepts des Ausbildungszentrums. So gelten die üblichen Abstandsregeln, und immer dort, wo sich mehrere Personen aufhalten, ist eine Mund-Nasenbedeckung verpflichtend. Da niemand weiß, wie lange unter Covid-Bedingungen ausgebildet werden muss, werden alle Lehrgänge überprüft und angepasst, so dass einerseits dem Gesundheitsschutz Rechnung getragen wird, andererseits dennoch sinnvoll und zielorientiert ausgebildet werden kann. Bei Einheiten wie Überleben im Einsatz, Schießen, sowie Ausbildungsabschnitten mit Waffen- und Geräteausbildung erscheint eine Umsetzung mit angepassten Bedingungen grundsätzlich möglich.

Lehrgänge mit internationaler Beteiligung nur im Ausnahmefall

Vor einer besonderen Herausforderung stehen die Lehrgänge mit internationaler Beteiligung. Hier greifen die Maßnahmen vor Ort zu kurz, gelten doch für fast alle Länder spezifische Auflagen bezüglich der Ein- und Ausreise und eventueller Quarantänephasen. Einfach gesagt, wenn ein Lehrgangsteilnehmer vor Abreise im Heimatland zwei Wochen in Quarantäne muss und nach Einreise in Deutschland nochmals zwei Wochen, muss ein Lehrgang derzeit von höchster Einsatzrelevanz sein, damit eine Durchführung überhaupt Sinn macht. Zumal sich das Prozedere nach Ende des Lehrgangs wiederholt.

Mund-Nasen-Schutz in der Truppenküche

Um die Wirksamkeit der Maßnahmen festzustellen, war Generalmajor Norbert Wagner, Kommandeur des Ausbildungskommandos, in der ersten Maiwoche persönlich zur Dienstaufsicht im Ausbildungszentrum vor Ort. Der Kasernenalltag bleibt von alldem nicht unberührt. Für die Gemeinschaftsverpflegung in der Truppenküche gelten ebenfalls angepasste Verhaltensregeln.