Das öffentliche, private und wirtschaftliche Leben ist seit Wochen wegen des Coronavirus reduziert, ja gelähmt. Wie macht sich das im Arbeitsalltag der Volksbank bemerkbar?
Wir haben eine komplett veränderte Situation gegenüber einem normalen Arbeitstag in den vergangenen Jahren. Als Bank gehören wir zu den sogenannten Grundversorgern und müssen auch bei Ausbruch einer Pandemie jederzeit unsere Aufgaben erfüllen. Die größte Herausforderung ist, dass sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor einer Infektion bestmöglich schützen und einsatzfähig bleiben. Die empfohlenen Hygienemaßnahmen haben wir bestmöglich umgesetzt. In der Kundenhalle haben wir durch kleine Umbauten und zusätzlichen Klarsichtabtrennungen bei den Beratern das optimal mögliche veranlasst. Für einen eintretenden Notfall haben wir verschiedene Maßnahmen gemäß einem bestehenden Notfallplan getroffen.
Mussten Sie die Organisationsstruktur der Bank anpassen oder verändern? Wenn ja, wie?
Die räumliche Trennung von Schlüsselfunktionen und deren Handlungsfähigkeit für einen Notfall war die wichtigste Herausforderung. Wir haben Heimarbeitsplätze geschaffen und verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen, auf eine direkte persönliche Begegnung zu verzichten. Hintergrund dafür ist, dass bei Auftreten einer Infizierung nicht alle gleichzeitig in Quarantäne gehen müssen. Für eine noch bessere Kundenerreichbarkeit haben wir vor zwei Wochen ein Kundenservicecenter in Betrieb genommen. Des weiteren haben wir die Öffnungszeiten wegen dem reduzierten Bedarf unserer Kunden auf Grund der angeordneten Kontaktsperre angepasst. Die Hauptstelle ist derzeit nur vormittags geöffnet.
Etliche Sparkassen haben Filialen geschlossen. Plant die Voba auch in dieser Richtung?
Wegen der überdurchschnittlich guten technischen Ausstattung unserer Filialen und der Hauptstelle mit acht Geldausgabeautomaten, einem Bargeldeinzahlungsautomaten, sechs Kundenserviceterminals für Überweisungen und Ausdruck von Kontoauszügen haben wir keine weiteren Veränderungen geplant. Die Filialen Aach-Linz und Heiligenberg haben nahezu täglich geöffnet. Jeder Kunde kann uns täglich 24 Stunden über das gute Onlinebanking – Angebot auch mit der leistungsfähigen Banking – APP auf jedem Smartphone erreichen.
Wie ist der Zustand der heimischen Wirtschaft? Was berichten Ihnen Privatkunden und vor allem Unternehmer?
Der Zustand ist sehr heterogen. Einige, auch große Arbeitgeber mussten ihre Geschäftslokale schließen und haben für die Mitarbeiter Kurzarbeit angezeigt. Diese Unternehmer sind natürlich sehr zerknirscht und bangen um die weitere Zukunft.
Den Mitarbeitern im Gesundheitswesen und im Lebensmitteleinzelhandel steht die Arbeit bis zum Hals. Sie werden als „Helden des Alltags“ bezeichnet. Sie verdienen unseren höchsten Respekt und große Anerkennung. Diese Personen gehen oft an ihre physischen und psychischen Grenzen. Leider gibt es auch hier die bekannten Engpässe in der Ausrüstung und bei bestimmten Waren des täglichen Bedarfs. Die Verantwortlichen sorgen hauptsächlich dafür, dass eine gute Versorgung gewährleistet wird.
Können Sie alle Kreditwünsche erfüllen, die Sie erreichen?
Grundlagen für jede Kreditvergabe sind immer noch Kreditwürdigkeit und Kreditfähigkeit. Die Ansichten der Herren Bundeswirtschaftsminister Altmaier und Bundesfinanzminister Scholz gehen hier weit auseinander. Tatsache ist, dass wir jeden vertretbaren Kreditwunsch bisher und auch in Zukunft erfüllen werden. Das gute Kundenbeziehungsmanagement zahlt sich in schwierigen Zeiten besonders für Kunden und für die Bank aus. Wir fühlen uns in dieser Krise für die Unternehmen und Freiberufler in unserem Geschäftsgebiet besonders verantwortlich.
Der Immobilienboom war in den vergangenen Jahren ein Stützpfeiler der Wirtschaft und sorgte auch bei der Voba angesichts der Null-Zins-Politik der EZB für eine befriedigende Erlössituation. Würgt die Corona-Krise diesen Boom ab, was sich auch in den Bilanzen der Banken bemerkbar machen würde?
Wir haben in unserem Geschäftsgebiet, dies umfasst die Stadt Pfullendorf, die Gemeinde Heiligenberg und die angrenzenden Wohnorte, einen sehr stabilen Immobilienmarkt insbesondere für den privaten Wohnungsbau. Aktuell sind Wohnungen und Häuser zu normalen Preisen, wobei das Preisniveau auch in unserem Geschäftsgebiet angezogen hat, sehr begehrt und werden nach wie vor gut nachgefragt. Das niedrige Zinsniveau stellt uns vor große Herausforderungen. Inwieweit ein längerer Stillstand bestimmter Wirtschaftszweige oder eine Situation, wie wir sie in Italien und Frankreich sehen, bei uns Auswirkungen zeigen, ist derzeit nicht absehbar.
Wie bewerten Sie die Strategie von Bund, Land und auch EZB viele Milliarden Schulden zu machen?
Wir müssen aus unserer Sicht zuerst das bestehende Problem erkennen und mit allen vertretbaren Mitteln einen wirtschaftlichen Kollateralschaden vermeiden. Es rächt sich vermutlich schneller als erwartet, dass die EZB in relativ guten wirtschaftlichen Zeiten eine zu expansive Geldpolitik betrieben hat und für einen Notfall, wie wir ihn derzeit weltweit vorfinden, nicht mehr allzu viele wirksame Maßnahmen ergreifen kann. Alle Staaten helfen jetzt erst mal, die größte Not im Volk und in der Wirtschaft zu lindern. Deutschland hat in den letzten zehn Jahren gut gewirtschaftet und kann daher auf bestehende Rücklagen zurückgreifen. Die Finanzierung der Maßnahmen in der Europäischen Union ist ja derzeit hoch politisch und wird bestimmt noch zu hoffentlich nicht allzu faulen Kompromissen in anderen ungeklärten politischen Fragen führen. Die Höhe der Schulden ist immens, eine Bewertung über die letztendlichen Auswirkungen kann derzeit nicht seriös vorgenommen werden.
Es ist noch sehr früh. Aber welche Lehren in Bezug auf Wirtschafts- und Finanzpolitik, sollte man in Deutschland aus dieser Krise ziehen?
Unsere Empfehlung an die Politik lautet: Stabilisierung des Finanzsystems auf das in Deutschland insbesondere in Krisenzeiten bewährte Drei Säulen Systems (Privatbanken, öffentlich-rechtlicher Sparkassensektor und das genossenschaftliche Bankensystem) in der Bankenwelt mit fairen Bedingungen. Abbau von unnötigem Bürokratismus insbesondere bei Kleinbetrieben. Leistung und persönlicher Einsatz müssen sich wieder besser lohnen und von der Politik und der Gesellschaft eine höhere Anerkennung erfahren (denken wir an die aktuellen Helden des Alltags). Das Gesundheitssystem muss dringend diversifiziert und von ausländischen Herstellern weniger abhängig gemacht werden. Dies betrifft insbesondere die Themen Schutzkleidung, Schutzmasken, Arzneimittel usw.
Zur Person
- Seit 1998 ist Werner Groß (57) Vorstandsvorsitzender der Volksbank Pfullendorf. Als Hobbies ist er leidenschaftlicher Musiker beim Musikverein Altheim sowie Skifahrer und Schatzmeister der Wirtschaftsinitiative Pfullendorf.
- Markus Dold (55) wurde offiziell im Juni 2018 zum Vorstand bestellt. Er ist zuständig für die Produktions- und Steuerungsbank. Als Hobbies gibt er Wandern und Radfahren an, sowie seine Vorstandstätigkeit in der Kolpingsfamilie Überlingen.