Der Veranstalter, das Krankenhausbündnis, konnte zufrieden sein. Insgesamt kamen am Samstag rund 600 Teilnehmer zu der Demonstration und Kundgebung gegen die Schließung der beiden Kliniken in Bad Saulgau und Pfullendorf.

Sechs Redner bei Kundgebung

Treff- und Ausgangspunkt war der Festplatz in Bad Saulgau. Benjamin Andelfinger von der Gewerkschaft Verdi übernahm die Moderation und konnte sechs Redner ankündigen, die jeweils Stellung gegen die geplanten Schließungen nahmen. So verwies Dr. Michael Merz darauf, dass geplant sei, ein hochmodernes, sektorenübergreifendes medizinisches Versorgungszentrum mit einer Notfallversorgung zu schließen. Zudem versäumte er auch nicht, die betroffenen angeschlossen Praxen und medizinischen Versorgungszentren, die an das Krankenhaus angegliedert sind, zu erwähnen.

Finanzierungssystem benachteilige kleine Krankenhäuser

Merz versuchte, die Schuldigen an der geplanten Schließung herauszufiltern. Dies seien nicht die Kollegen in Sigmaringen, die froh wären, wenn sie von den beiden Kliniken weiterhin unterstützt würden. Es sei nicht die Krankenhausgesellschaft SRH. Vielmehr sieht Michael Merz den Landkreis, den Kreistag und die Landrätin als mitverantwortlich an. Die Hauptverantwortlichen sitzen aber seiner Meinung nach in Stuttgart und Berlin. „Deren Finanzierungssystem bewirkt, dass mit kleinen Krankenhäusern kein Geld zu verdienen ist“, so Merz.

Schwere Situation für kleine Häuser

Fixkosten, wie Strom, Wasser, Personalkosten und technische Ausstattung, würden auf die Bettenanzahl verteilt. So fielen diese Kosten bei großen Häusern auf 500 oder 1000 Betten an; bei kleinen Kliniken müssten diese Kosten auf 50 oder 100 Betten verteilt werden, argumentierte Merz. Die Fallpauschalen würden für lukrative Behandlungen und Operationen oftmals von privaten Einrichtungen übernommen. Im Gegensatz dazu müssten aber Kliniken wie in Bad Saulgau und Pfullendorf die Grund- und Notfallversorgung übernehmen, die schlecht bezahlt werde.

Eine Vielzahl von Transparenten mit eindringlichen Forderungen und Appellen darauf hatten die Teilnehmer mitgebracht.
Eine Vielzahl von Transparenten mit eindringlichen Forderungen und Appellen darauf hatten die Teilnehmer mitgebracht. | Bild: Robert Reschke

„Die menschliche Zuwendung, die Notfallversorgung und die Erreichbarkeit spielen dabei keine Rolle,“ führte Michael Merz weiter aus. Der Arzt sieht in der Zukunft die Notfallversorgung im Landkreis als hochproblematisch; sie sei in keiner Weise gesichert. „Wir haben hier nur einen einzigen Notarzt zur Verfügung – dies wird nicht funktionieren.“

Auch die Klinik in Sigmaringen könnte in Gefahr sein

Merz sieht sogar das Krankenhaus Sigmaringen in Gefahr, denn nach dem Wegfall der beiden Kliniken in Bad Saulgau und Pfullendorf würden viele Patienten in andere Kliniken abwandern. Und somit würde auch Sigmaringen finanziell darunter leiden.

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Larissa Lott-Kessler, Vorsitzende vom Förderverein Bad Saulgau, verwies darauf, dass man eine ambulante Versorgung und eine Notfallversorgung auf dem Land genauso brauche wie in der Stadt. „Es ist doch ein Wahnsinn, ausgerechnet in dieser Zeit Krankenhäuser zu schließen und Betten abzubauen und dafür auch noch Prämien an die Betreiber zu bezahlen“, kritisierte sie.

Auf dem Festplatz in Bad Saulgau gab es zunächst eine Kundgebung, bevor der Demonstrationszug begann.
Auf dem Festplatz in Bad Saulgau gab es zunächst eine Kundgebung, bevor der Demonstrationszug begann. | Bild: Robert Reschke

Sie forderte eine medizinische stationäre Grundversorgung, eine ambulante Versorgung sowie eine Notfallversorgung auf dem Land. „Man muss nur wollen“, so ihre Aussage.

Rückschritte in der Versorgung nicht hinnehmbar

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch verwies ebenfalls darauf, dass ein Notarzt für diese Region keinesfalls ausreiche. Für ihn sei es auch unverständlich, dass in einem Land, das immer reicher werde und das auch medizinisch immer mehr Fortschritte erziele, in der Versorgung Rückschritte hingenommen werden sollen.

Mesarosch sieht schlechte Bezahlung bei SRH Kliniken

Mesarosch setzte seine Kritik bei der schlechten Bezahlung der Ärzte und Pflegekräfte an. „Wir setzen mit der SRH auf ein extrem schlechtes Pferd“, meinte er. Und: „Die bezahlen schlecht und bieten schlechtere Arbeitsbedingungen als die Krankenhäuser in der Umgebung.“ Alle anderen würden nach dem Tarif im öffentlichen Dienst bezahlen, führte er aus.

Fallpauschalen-System abschaffen

Dennis Schmatz ist Pfleger in der Klinik in Sigmaringen, die aufgrund der aktuellen Corona-Situation bereits auf Notbetrieb geschalten hat. „Wir wüssten gar nicht wohin mit den Patienten, wenn die anderen beiden Standorte bereits geschlossen wären – denn dieses Szenario möchte sich niemand vorstellen“, sagte er. Seine Forderung: „Schaffen Sie das erlösorientierte Fallpauschalen-System endlich ab!“ Es sei nicht so, dass der Patient im Mittelpunkt stehe, sondern einzig und allein sei es das Geld, das zähle, ermahnte Schmatz.

Demonstrationszug ist 500 Meter lang

Im Anschluss an die rund einstündigen Vorträge machten sich die Teilnehmer auf den Demonstrationszug. Angeführt vom Banner mit dem Text „Bad Saulgau braucht ein Krankenhaus!“, der von den Rednern sowie Bürgermeisterin Doris Schröter gehalten wurde, machte sich der rund 500 Meter lange Zug auf den Weg durch die Stadt. Corona-konform ging es vom Festplatz durch das Zentrum weiter zum Krankenhaus.

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Die Runde führte dann wieder zurück durch den Autotunnel und die Stadt zum Ausgangspunkt. Mit den Rufen: „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Klinik klaut!“ und „Schließung ist keine Option!“ machten die Demonstrationsteilnehmer lautstark auf sich aufmerksam.