Das Risiko, das Thomas Bareiß (CDU) eingegangen ist, war hoch. Doch am Ende reichte es ihm doch noch; er wird weiter dem Bundestag angehören. Für die Bundestagswahl hatte es für den 50-Jährigen, der in der Ära Merkel parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium war, keine Absicherung über die Landesliste der baden-württembergischen CDU gegeben. Das bedeutete, dass er den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen gewinnen musste.

Doch damit nicht genug: Wegen des neuen Wahlrechts musste er sich gegen andere Gewinner von Direktmandaten behaupten. Denn nicht allen gelang der Einzug in den Bundestag: In Baden-Württemberg schafften nach Angaben der Bundeswahlleiterin sechs CDU-Kandidaten, die Direktmandate gewannen, nicht den Sprung nach Berlin. AfD-Kandidat Lukas von Berg sagte am Montag nach der Wahl in einem Gespräch mit dem SÜDKURIER, dass Thomas Bareiß am Sonntag um seinen Einzug in den Bundestag habe zittern müssen. Lukas von Berg holte für die AfD im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen 26,2 Prozent der entscheidenden Zweitstimmen. Nach eigenen Angaben ist von Berg erst seit einem Jahr Mitglied der AfD. Er will in vier Jahren wieder kandidieren. Ob die neue Regierungskoalition so lange hält, bezweifelt er schon heute.

Auf die CDU waren 36,5 Prozent der Zweitstimmen entfallen. Thomas Bareiß kommentiert das Ergebnis so: „Ich freue mich über den überdurchschnittlichen Stimmenzuwachs in meiner Heimat. Das ist ein starkes Ergebnis für die CDU im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen. Aber das Ergebnis ist auch eine Verpflichtung, die Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen. Das Abschneiden der AfD ist mehr als nur ein Warnschuss. Statt mit Brandmauern und Verbotsdebatten müssen wir jetzt die AfD-Wähler durch eine bessere Politik zurückgewinnen. Wir brauchen jetzt schnell eine handlungsfähige Regierung und dann müssen wir uns um die Themen der Menschen kümmern. Sicherheit, Migration und die Wiederbelebung der Wirtschaft haben jetzt oberste Priorität.“ Meßkirchs Bürgermeister Arne Zwick (CDU) deutet das Ergebnis der Wahl am Sonntag darauf hin, dass es in der Bevölkerung einen großen Wunsch nach Veränderung gibt. Zwick hofft, dass schnell eine Regierungskoalition gebildet wird.

Für Robin Mesarosch (SPD), der seit der Wahl 2021 bisher als zweiter Abgeordneter den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen im Bundestag vertrat, ist nach der Wahl am Sonntag bereits nach einer Amtsperiode in Berlin wieder Schluss. Wie es mit ihm beruflich weitergehen wird, sei derzeit noch völlig offen, sagte er in einem Telefongespräch mit dem SÜDKURIER. Wegen seines Ausscheidens aus dem Bundestag wird er in den nächsten Tagen seine beiden Wahlbüros in Sigmaringen und Balingen räumen. Dies sei für ihn der größere Aufwand, denn sein Abgeordnetenbüro in Berlin habe er im Grunde gar nicht richtig eingeräumt.

Für Mesarosch ist das Abschneiden seiner Partei sehr enttäuschend. Das Ergebnis liege sogar unter dem Ergebnis der Reichstagswahl von 1933, als es bereits Repressalien der Nazis gegen Sozialdemokraten gegeben hatte. Für die SPD müsse es nun darum gehen, wieder bessere Ergebnisse zu erzielen. Er wolle sich weiter für die SPD einsetzen, auch wenn er nicht mehr im Bundestag sitzt. Von der Partei fordert er auch, dass sich diese erneuern müsse. Denn so schlechte Ergebnisse wie am Sonntag dürfe es für die Sozialdemokraten nicht mehr geben. Etwas Trost spenden ihm seine Zugewinne bei den Erststimmen. Hier sei abzulesen, dass seine Arbeit im Wahlkreis Früchte getragen habe. Während des Wahlabends in Sigmaringen seien relativ viele junge Menschen da gewesen, auch dies stimmt ihn hoffnungsfroh. In Sigmaringen wolle er weiter wohnen bleiben, sagte er am Montag.

Er hoffe, dass eine mögliche Regierungskoalition aus CDU und SPD vier Jahre halte, so Mesarosch. Die Verhandlungen dafür schätzt er allerdings als schwierig ein. Denn es habe einige Angriffe „unter der Gürtellinie“ gegeben.

„Die unterschiedlichen politischen und vor allem wirtschaftlichen Ziele der Parteien lagen für mich viel zu weit auseinander. Die Werte, für die die FDP steht, gingen in den Kompromissen unter. Dies sah auch der Wähler so und hat ein klares Zeichen gesetzt. Die FDP wird daraus ihre Lehren für die nächsten anstehenden Wahlen ziehen und wieder ihre, vor allem auch auf die Wirtschaft ausgerichteten Ziele, wieder hervorheben“, schreibt FDP-Kandidat Boris Kraft in einer schriftlichen Stellungnahme. Und weiter: „Ich bin auf den weiteren Verlauf einer Regierungsbildung mit den jetzt vorhandenen Ergebnissen gespannt. Auch hat mich persönlich der extreme Ruck nach Links schockiert. Denn der Mittelstand wird die linken Ziele bezahlen müssen oder ins Ausland weiter abwandern.“

Von Simon Schutz, der für die Grünen antrat, war am Montag keine Stellungnahme zu erhalten.