Stefanie Lorenz

Es ist ein neues, noch etwas ungewohntes Bild, das sich dem Betrachter am Dienstagvormittag auf dem Pfullendorfer Marktplatz bietet. Wie sonst auch, tummeln sich etliche Kunden an den Ständen, sie alle aber haben an diesem Tag ein besonderes Kennzeichen: die Mund-Nasen-Bedeckung. Und auch die Händler sind „maskiert“ bei diesem ersten Wochenmarkt unter verschärften Corona-Bedinungen in der Linzgaustadt.

Marktgespräche mit Mundschutz und viel Abstand

Das tut dem Miteinander jedoch keinen Abbruch: Überall werden Schwätzchen gehalten, sowohl bei den Einkäufen, als auch zwischendurch. Mit gehörig Abstand und eben dem „Maultäschle“ im Gesicht wird sich ausgetauscht. Dabei gibt es hier und da auch leises Unverständnis bei einigen Kunden darüber zu hören, dass jetzt sogar im Freien zusätzliche Hygienevorschriften beachtet werden müssen.

Drei Generationen genießen den Wochenmarkt: Sophia Bartella und Annette Pinkus mit Baby Valentin.
Drei Generationen genießen den Wochenmarkt: Sophia Bartella und Annette Pinkus mit Baby Valentin. | Bild: Stefanie Lorenz

Grundsätzlich scheint das Einsehen in die Notwendigkeit des Maskentragens jedoch zu überwiegen, wie eine kleine Umfrage des SÜDKURIER unter Besuchern und Beschickern des Marktes ergab.

Einkaufsvergnügen bleibt für viele erhalten

„Das ist für mich überhaupt kein Problem“, betont etwa der Pfullendorfer Klaus Rist. Durch seinen Beruf als Rettungsassistent weiß er, wie wichtig es ist, eine Ansteckung mit dem Corona-Virus zu vermeiden. Schon immer kaufe er auf dem Wochenmarkt ein, das Einkaufsvergnügen sei für ihn nicht getrübt durch zusätzliche Hygienemaßnahmen.

Mit neuen Strategien die Existenz als Händler sichern

Mitdenken und handeln ist auch das Motto von Verkäufer Immanuel Hinz. Der Aach-Linzer freut sich sichtlich darüber, am Dienstag zum ersten Mal seinen neuen, zweiten Verkaufswagen auf dem Wochenmarkt einsetzen zu können, um Gewürze und Kräuter an den Mann und die Frau zu bringen. „Eigentlich waren wir auf Krämer- und Adventsmärkten mit unserem Stand unterwegs. Diese wurden jedoch abgesagt wegen der Corona-Krise„, schildert Hinz.

Alle Register ziehen für den Lebensunterhalt

Also musste ein „Plan B“ her und der findige Händler und seine Frau recherchierten, auf welchen Wochenmärkten sie ihr Angebot trotz der allgemeinen Situation noch präsentieren konnten. Herausgekommen ist eine umfangreiche Verkaufsstrategie: Das Ehepaar ist von Dienstag bis Samstag auf Märkten unter anderem in Radolfzell, Villingen, Meßkirch und Tuttlingen unterwegs. Um das möglich zu machen, hat Immanuel Hinz den zweiten Verkaufswagen „gebastelt“, wie er berichtet. „Um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten, habe ich alle Register gezogen“, sagt er.

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„Natürlich ist die Maske eine Einschränkung, es ist aber wichtig, das jetzt durchzuziehen. Irgendwann sollte dann aber auch mal wieder eine Normalität zustande kommen“, zeigt der Aach-Linzer sich zuversichtlich. Derzeit sei er froh, dass es überhaupt einen Markt geben kann, nachdem im ersten Lockdown alle abgesagt worden waren.

Kein Problem mit dem Maskentragen auf dem Wochenmarkt hat Klaus Rist (vorne). Als Rettungsassistent weiß er besonders gut um die ...
Kein Problem mit dem Maskentragen auf dem Wochenmarkt hat Klaus Rist (vorne). Als Rettungsassistent weiß er besonders gut um die Notwendigkeit, sich vor Ansteckung zu schützen. Auch Verkäufer Immanuel Hinz macht der zusätzliche Schutz nichts aus. | Bild: Stefanie Lorenz

So sieht es auch Kundin Sibylle Kempf. Sie sei froh, dass man auf dem Markt einkaufen kann, was für sie in den vergangenen Jahren zur lieb gewonnen Gewohnheit geworden ist. „Die Maskenpflicht ist für mich absolut in Ordnung“, sagt sie. Einen ganz neuen Aspekt können Sophia Bartella und Annette Pinkus dem „Maultäschle“ abgewinnen. Annette Pinkus ist als Modebloggerin aktiv und macht darauf aufmerksam, dass eine schöne Maske auch ein Accessoire sein kann.

Susanne Waitschull (mit Hund Amadeo) findet es wichtig, dass Risikogruppen geschützt werden.
Susanne Waitschull (mit Hund Amadeo) findet es wichtig, dass Risikogruppen geschützt werden. | Bild: Lorenz, Stefanie

„Und noch dazu eines, das die Menschen auch schützt“, sagt sie. „Es ist eine kleine Maßnahme mit großem Effekt“, meint Tochter Sophia Bartella zur neuen Vorschrift, die ihr den wöchentlichen Genuss des Marktes nicht verderbe, wie sie bemerkt. Für ihren kleinen Valentin, der im Kinderwagen mit dabei ist, findet sie es schade, dass derzeit wegen Corona keine Babygruppen stattfinden können. Das sei aber keine schlimme Einschränkung.

Stephan Pötz und Verena Brucker vom Sennhof in Schwäblishausen.
Stephan Pötz und Verena Brucker vom Sennhof in Schwäblishausen. | Bild: Stefanie Lorenz

Michael Brzozowski und Alfons Boos sind erst seit wenigen Wochen mit ihrem Dinnele-Stand in Pfullendorf dabei. Wie einige andere Gesprächspartner des SÜDKURIER auch, stellen sie fest, dass sich ärgerlicherweise Expertenmeinungen zu Corona und Schutzmaßnahmen vielfach widersprechen würden. Was sie dagegen sehr freut, ist die Tatsache, dass sie erleben durften, dass seit der Krise deutlich mehr Menschen auf den Wochenmärkten einkaufen.

Kunden kaufen gerne auf den Wochenmärkten

„Von etablierten Händlern hört man, dass es bis zu 30 Prozent mehr Kunden gibt“, berichtet Alfons Boos. Und ergänzt: „Da es keine Feste mehr gibt und die Lokale geschlossen haben, ist es für viele auch eine Möglichkeit, andere Menschen zu treffen“.

Gezieltes Einkaufen in Corona-Zeiten

Gezieltes Einkaufen ist für Norbert Hees die Devise in Corona-Zeiten. „Ich mache mir eine Liste, damit ich nicht so oft in die Geschäfte gehen muss“, sagt er. Beim Einkauf auf dem Wochenmarkt an der frischen Luft fühle er sich sicherer als im Supermarkt mit seinen vielen Kunden, erklärt der Pfullendorfer. Und natürlich schätze er die frischen und regionalen Produkte. Diese ziehen auch Susanne Waitschull schon seit langem auf den Wochenmarkt. Dass sie jetzt eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen muss, mache ihr nichts aus, so die zweifache Mutter. „Ich finde es sehr wichtig, dass die Risikogruppen geschützt werden“, sagt sie. Für ihre Familie, besonders für ihren Mann, der im Krankenhaus arbeitet, gehöre das Maskentragen inzwischen zum Alltag.

Viele Schilder weisen auf Vorschriften hin

Hinter dem Spuckschutz verkauft Stephan Pötz vom Sennhof in Schwäblishausen seinen Käse. Ihm ist es wichtig, dass die Hygienevorschriften eingehalten werden, wie auch die sehr ansprechend gestalteten Hinweisschilder am Verkaufsstand dokumentieren. Tobias Walk von der gleichnamigen Landmetzgerei in Sauldorf kann am Dienstag viele Kunden mit Wurst und Fleisch versorgen. „Wir sind eine der wenigen Metzgereien, die noch selbst schlachten und nicht an einen Schlachthof gebunden sind. Das schätzen die Kunden in diesen Zeiten sehr“, erklärt er.

Landmetzgerei Walk beliefert mit dem Verkaufswagen kleinere Dörfer

Dafür sei man von so manchem anderen Betrieb belächelt worden, so Walk, aber gerade jetzt zahle sich aus, dass die Landmetzgerei in den vergangenen Jahren so agiert habe. Mit seinem Verkaufswagen fährt Tobias Walk von Donnerstag bis Samstag rund 20 Ortschaften mit bis zu 100 Haltepunkten an, damit auch auf kleinen Dörfern direkt vor Ort frisch eingekauft werden kann. Ein Service, der gerade zu Corona-Zeiten sehr geschätzt werde, so Tobias Walk.