Der CDU-Kreisverband Sigmaringen hat am Freitagabend seinen Neujahrsempfang ausgerichtet. Doch keineswegs verlief der Abend so geruhsam wie in den Vorjahren. Natürlich stand dies mit dem Abstimmungsantrag der CDU-Fraktion im Bundestag im Zusammenhang. Denn schon geraume Zeit vor Beginn des Empfangs bildete sich am Karlsplatz in Sigmarigen ein spontaner Protestzug.

Polizei sorgt für Sicherheit

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Robin Mesarosch rief zum Protest auf, bei dem rund etwa 100 Teilnehmer durch die Stadt zur Alten Schule zogen, wo sich die Mitglieder der CDU zum Neujahrsempfang trafen. Der Protestzug wurde von einem Dutzend Polizeibeamten abgesichert und begleitet. Der Zugang zur Alten Schule wurde teilweise abgesperrt, sodass die CDU-Mitglieder unbedrängt das Gebäude betreten konnten. Die Demonstranten skandierten mit dem Text: „Haltet fest zusammen, wehrt euch, leistet Widerstand gegen den Faschismus hier im Land.“ Der Protestverlauf blieb absolut friedlich.

Burger muss improvisieren

Norbert Lins fand jedenfalls deutliche Worte: „Demonstrationen sind in unserem Land enorm wichtig.“ Den Aufruf von Robin Mesarosch bezeichnete er allerdings als „äußerst schlechten Politikstil“. Doch nicht nur die Demonstration hatte Einfluss auf den Verlauf des Empfangs.

Vielmehr musste Klaus Burger, der Kreisvorsitzende der CDU, geschickt improvisieren, denn sein Hauptredner, der Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß, musste sein Kommen kurzfristig absagen. Grund war die Verschiebung der Abstimmung im Bundestag, weshalb es ihm nicht möglich, rechtzeitig zum Neujahrsempfang in Sigmaringen zu erscheinen.

Viele namhafte Vertreter des Kreis- und Ortsverbands der CDU Sigmaringen sind beim Neujahrsempfang zugegen. Unter anderem sind dabei ...
Viele namhafte Vertreter des Kreis- und Ortsverbands der CDU Sigmaringen sind beim Neujahrsempfang zugegen. Unter anderem sind dabei Thomas Kugler (von links), Ilona Boos, Philip Schwaiger, Franz Vees, Tanja Gönner, Norbert Lins, Klaus und Hildegard Burger, Mathias Bohner und Margarete Reisser. | Bild: Robert Reschke

Kurzerhand sprang Norbert Lins für ihn in die Bresche. Kannte man von ihm in der Regel nur Beiträge zu landwirtschaftlichen Themen in der Europäischen Union, gab er an diesem Abend spontan einen Kurzbericht aus Brüssel. Er versuchte, die europäische Dimension der Bundestagswahl hervorzuheben. „Aus vielen Gesprächen im Europäischen Parlament erlebe ich viel Zustimmung, was die Vorschläge der Union, die Migration in den Griff zu bekommen, betrifft.“

Mehr Fokus auf die Wirtschaft

Dazu zähle auch, dass es in Deutschland ganz dringend eine neue und stabile Bundesregierung geben muss. Die neue Bundesregierung müsse den Fokus auf die wirtschaftliche Situation legen, „denn mehr und mehr drohen wir den Anschluss zu verlieren und das gerade bei neuen Entwicklungen“.

Bei der Bundestagswahl am 23. Februar gehe es neben der Migrationspolitik auch um die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit. „Wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit betrachten, haben wir schon einiges an Boden verloren und sind bis auf Platz 24 weltweit abgerutscht.“ Norbert Lins forderte „Vorfahrt für die Wirtschaft“ zur Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit. Mit Blick auf Politiker rechts der CDU meinte er: „Um im Export stark zu bleiben, brauchen wir eine starke EU mit einem europäischen Binnenmarkt, von dem wir in den letzten Jahrzehnten sehr profitiert haben.“

Deutschland muss Lokomotive werden

Weiter führte er aus: „Wenn wir als Europäische Union zusammenhalten, dann können wir auch dem neuen US-Präsidenten in der Frage der Zölle etwas entgegenhalten, aber auch einen Weg zur Zusammenarbeit finden.“ Er berichtete, dass in Brüssel eine unionsgeführte Bundesregierung herbeigesehnt werde. Lins sieht außerdem in den vergangenen Jahren das deutsche Interesse geschwächt. „Wir müssen unsere Interessen in Europa und in der Welt wieder zur Geltung bringen und ernst genommen werden“, so Lins, der davon überzeugt ist, dass Deutschland wieder zur Lokomotive werde und „nicht als kranker Mann Europas gilt, wenn die Union nach den Wahlen die Schlüsselministerien besetzen kann“.

„Das Demonstrationsrecht ist eines der wichtigsten Rechte, das wir haben.“
Klaus Burger, CDU-Landtagsabgeordneter

Bei seiner Begrüßung ging auch der CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Burger vorab auf die Demonstration vor dem Gebäude ein. Sein Kommentar: „Das Demonstrationsrecht ist eines der wichtigsten Rechte, das wir haben.“ In der Folge unterstrich er die vielen Unsicherheiten, die unser Land bereits am Beginn des Jahres plagten.

Blick in Richtung USA

Sein erster Blick galt den USA, die einen neuen Präsidenten gewählt haben, und den zahlreichen Dekreten und Überlegungen, welche sich massiv auf die deutsch-amerikanischen Beziehungen auswirken würden. „Einer Wirtschaft Deutschlands, welche am Boden liegt, wird das wehtun“, folgerte er. „Die Wirtschaft Deutschlands ist eingezwängt in ein Korsett aus Bürokratie und Auflagen“, so Burger. Daraus folgte sein Resümee: „Wir müssen klären, wie wir wieder wettbewerbsfähiger werden und neuen Unternehmergeist wecken, wie wir Nachhaltigkeit, Innovation und ökonomische Stärke zusammenbringen.“

Das Besucherinteresse an diesem Abend war jedenfalls groß, sodass kurzerhand noch einige Stühle gestuhlt werden mussten. Für die musikalische Unterhaltung des Abends sorgte ein Blechbläserquintett der Sigmaringer Musikschule. Zum Auftakt und zwischen den Rednern lockerten die jungen Musiker den Abend gekonnt auf.