Im November 2020 teilte Markus Seidel, Vorstand der Off-Road-Kids-Stiftung, mit, dass sich das Angebot des Instituts ändern werde. Künftig gebe es mehr ambulante Hilfen für junge Menschen und Familien auf der Baar. Die Rede ist hierbei von „Systemischer Familientherapie„ in der Therapiepraxis „Family Neustart“.

Die Heimbetreuung werde noch bis spätestens zum Schuljahresende fortgesetzt, erklärte Seidel im November 2020. Wegen der Spendenausfälle infolge der Corona-Krise sei der ursprünglich geplante Ausbau des Kinderheims derzeit nicht realisierbar. Die Geschäftsführung der bundesweit tätigen Off-Road-Kids-Stiftung bleibe jedoch in Bad Dürrheim. Zum Streetwork-Konzept der Off-Road-Kids-Stiftung hat das Kinderheim in Bad Dürrheim einen großen Beitrag geleistet. Bis vor einigen Jahren war das Kinderheim immer wieder ein Rettungsanker für Straßenkinder, für die sich keine aussichtsreiche Betreuungsalternative fand. „Wir müssen aber anerkennen, dass es aus unseren Streetwork-Stationen künftig keinen nennenswerten Bedarf mehr für unsere Heimplätze im Schwarzwald geben wird. Auch die direkte Belegung durch Jugendämter wird seltener, da die Jugendhilfepolitik bundesweit mehr und mehr auf ambulante Hilfen ausgerichtet ist“, so Susanne Nann, Prokuristin der Stiftung.
Also stellte sich die Frage, wie es weitergehen würde. Der steigende Bedarf an ambulanten Hilfen war für die Diplomsozialpädagogin und Systemische Therapeutin Simone Neininger (früher Leiterin des Kinderheims) der Anstoß, mehr ambulante Hilfen für junge Menschen und Familien auf der Baar anzubieten und so wurde vor drei Jahren die systemische Therapiepraxis „Family-Neustart“ etabliert.
- Systemische Familientherapie: Der systemische Ansatz sieht Menschen nicht für sich allein, sondern als Teil eines sozialen Systems. Oft gibt es eine Wechselwirkung von Problemen und zwischenmenschlichen Beziehungen. „Bei der systemischen Familientherapie geht man raus aus dem problemfokussierten Blickwinkel und richtet das Augenmerk auf Lösungsansätze“, erklärt Simone Neininger. Der Dialog sei das Wichtigste. Die sofortige Einbeziehung des direkten Umfeldes – der Familie – stellt den größten Unterschied zur üblichen Psychotherapie dar. Ein weiterer Ansatz sei, so schnell wie möglich Druck aus der Situation rauszunehmen.

- Beispiel: Was bewirkt die Essstörung eines Familienmitgliedes in der Familie, was passiert da? Jeder hat seinen Blickwinkel, der über Fragen und zum Beispiel mit dem Aufstellen von Figuren, mit denen die die jeweiligen Personen aufzeigen können, wo und wie sich im Verbund sehen, erarbeitet werden. „Alles ist neutral, offen und wertfrei“, hebt Neininger hervor. So könnten schnell Kommunikations- und Handlungsmuster verändert und neue Perspektiven erarbeitet werden. Neininger: „Wir haben mit dieser Technik schon viele „Aha“- und Überraschungseffekte bewirkt. Der Fokus liege auf der positiven Veränderung und Entwicklung der Beziehungen und der Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern. Natürlich gebe es da auch Aufgaben für zuhause.

- Sinn der Therapie: Die systemische Familientherapie bietet Unterstützung und Begleitung in Form eines schnellen ressourcen- und zielorientierten Lösungsprozesses: für Eltern und Familien bei Erziehungsfragen, Konflikten oder Krisen innerhalb der Familie, für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in herausfordernden Lebenssituationen (Probleme mit der Schule, Ausbildung, Familie oder Zukunftsplanung), aber auch für Paare mit Konflikten.

- Grenzen und Netzwerk: Es gebe natürlich auch Fälle, da müsse erstmal geklärt werden, ob der Problematik eine Krankheit (Depressionen, sonstige psychische Erkrankungen oder „ADHS„) zugrunde liegt, so die 40-jährige Therapeutin. In diesem Fall könne man auf ein engmaschig gestricktes Netzwerk zugreifen. Die enge Kooperation mit dem Sozialdienst, Schulsozialarbeitern, Jugendamt und der Luisenklinik Bad Dürrheim gewährleiste im Bedarfsfall schnelle Hilfe.
- Kosten: Das Beratungsangebot wird sowohl von Jugendämtern belegt/bezahlt als auch privat von Familien gebucht. Die Hilfe in Anspruch nehmen kann jeder. Vielfach würden die Familien gar nicht den Weg über das Jugendamt gehen wollen, zumal dieser erheblich Zeit in Anspruch nehmen könne und auf gewisse Art „verpönt“ sei, weiß Simone Neininger. Die Leute würden mit ihren Problemen nicht unbedingt an die Öffentlichkeit gehen wollen. Und außerdem sei für die Hilfesuchenden schnelle Hilfe wichtig.
- Kontakt: Die ambulanten Angebote werden unter dem Dach des stiftungseigenen, gemeinnützigen Instituts für Pädagogikmanagement (IfPM) betrieben. Weitere Informationen gibt es unter www.family-neustart.de, Telefon 07726/37878290, E-Mail: info@family-neustart.de. Neben Therapieleiterin Simone Neininger sind im Institut zwei weitere Mitarbeiterinnen beschäftigt.