Bad Dürrheim – Während vom Land die Klimaneutralität bis 2040 angestrebt wird, hat sich die Stadt Bad Dürrheim das ehrgeizige Ziel gesetzt, bereits 2030 klimaneutral zu sein. Dafür unternehmen die Stadt und die Kur- und Bäder GmbH (Kubä) große Anstrengungen. Ungeachtet der noch bevorstehenden Aufgaben stehe Bad Dürrheim ganz gut da, erklärte Bürgermeister Jonathan Berggötz.

Wie umfangreich und tiefgehend sich die Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Energieeinsparung in der Kurstadt gestalten, ließ sich im Bericht der Klimaschutzmanagerin Alisia Meisch und ihrem Pendant, Sarah Hildebrand, der Nachhaltigkeitsbeauftragten der Kur- und Bäder GmbH (Kubä), vor dem Gemeinderat erahnen. Meisch und Hildebrand informierten über bisher erfolgte Maßnahmen und Projekte in Bezug auf Klimaschutz, Maßnahmen aus dem energiepolitischen Arbeitsprogramm und über die Energie- und Kohlendioxid-Bilanz der Stadt – und natürlich auch weitere geplante Maßnahmen. Angesichts der massiven Aufgabenstellung, kann nur ein relativ kleiner Auszug aufgeführt werden. Energiepolitisches Gebäude-Management betreibt die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sozial- und Umweltforschung (Isuf) schon seit vielen Jahren. In seiner Sitzung vom Mai 2022 traf der Gemeinderat die Entscheidung, darüber hinaus am sogenannten European Energie Award (EEA) teilzunehmen. Das dazugehörige energiepolitische Arbeitsprogramm wurde im Dezember 2023 beschlossen, es wurde eine Klimacheckliste erarbeitet.

Das Projekt dient dazu, Klimaschutzbelange frühzeitig zu berücksichtigen, Bewertungsgrundlagen festzulegen, als internes Mittel zur Entscheidungsfindung eingesetzt zu werden und bei Abwägungen im Rahmen von Bauplänen (städtebauliche Entwicklungskonzepte, Flächennutzungs- und Bebauungspläne) Verwendung zu finden. 2021 neu entwickelte Energieleitlinien waren Teil dieses Prozesses. Übergeordnetes Ziel der Energieleitlinie ist, den Energieverbrauch und die Energiekosten kommunaler Liegenschaften zu reduzieren und aktiv einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten – etwa beim Bau neuer Heizungsanlagen, bei Sanierungsmaßnahmen oder in Bezug auf die Stromversorgung.

Bilanzierung für 2019 bis 2021

Wo die Stadt in Sachen Treibhausgas-Emissionen und Kohlendioxid-Reduzierung aktuell steht, lässt sich allerdings nicht genau darstellen, denn die Bilanzierung bezieht sich bis jetzt lediglich auf die Jahre 2019 bis 2021. Klar ist laut den Berichten jedoch, dass in die CO2-Bewertung Faktoren einfließen, auf welche die Stadt keinen Einfluss hat, obwohl diese den größten Handlungsbedarf darstellen: nämlich die Belastung durch die großen Verkehrsadern wie die B¦27, die B¦33 und die Autobahnen in ihrem Umfeld.

Was die privaten Haushalte angeht, können diese von den Beratungen durch die Energiekarawane profitieren. Mit Energiekarawane wird die Initiative bezeichnet, die Eigenheimbesitzern eine kostenlose Beratung rund um Energieeinsparung, Nutzung erneuerbarer Energien sowie Heizungs- und Gebäudemodernisierung und Fördermittel bietet. Die Energiekarawane zieht noch bis November durch die Kernstadt und Unterbaldingen. Es können dabei noch kostenlose Beratungen in Anspruch genommen werden.

In den Ortsteilen war der Anteil an Beratungen im Vergleich zur Kernstadt sehr hoch. Das wurde darauf zurückgeführt, dass in den Ortsteilen Ortsvorsteher und Ortschaftsräte persönlich die Bürger angesprochen hatten, was in der Kernstadt aufgrund der Menge der Einwohner einfach nicht möglich war.

Empfohlen wird gemäß der Berichte außerdem, die E-Mobilität und den Radverkehr auszubauen. Weitere Möglichkeiten könnten ein vergünstigtes, innerörtliches ÖPNV-Angebot sein oder das Angebot, E-Scooter mieten zu können. Den drittgrößten Handlungsbedarf verursachen Heizungsarten mit Energieträgern wie Heizöl und Erdgas in privaten Haushalten.

Gute Fortschritte kann die Stadt verzeichnen, was den Ausbau der Elektroladeinfrastruktur angeht. Insgesamt 13 E-Ladesäulen in der Kernstadt und in den Stadtteilen gibt es. Nach und nach werden bei Neuanschaffungen der Fuhrpark und Kleingeräte auf E-Mobilität umgestellt. 40 Prozent des Fuhrparks seien inzwischen E-Fahrzeuge, so Sarah Hildebrand. Ferner will die Kubä Fahrradboxen zum Ausleihen von E-Bikes etablieren. Außerdem erfolgen umfangreiche Maßnahmen bei der Sanierung und Erneuerungen in Gebäude- und Infrastruktur. Was zum Beispiel den Naturschutz angeht, pflanzen Bauhof und Kurgärtnerei seit Mai 2022 in zahlreichen Beeten Stauden statt Wechselflor – zurückgehend auf eine Initiative der Projektgruppe Bad Dürrheim blüht auf. Da feststeht, dass der Energiebedarf durch regenerative Energien sich nicht allein durch Solaranlagen decken lässt, wurde im März 2024 der Grundsatzbeschluss für den Bau von drei Windenergieanlagen auf dem Osterberg bei Öfingen getroffen.

Die Handlungsfelder erstrecken sich auf drei Bereiche: Klimaaktivität (Natur- und Artenschutz, Klimaneutralität), klimaneutrale Gesamtstadt (Einwohner, Unternehmen, Verkehr) und klimaneutrale Stadtverwaltung (Gebäude, Infrastruktur, Mobilität, Beschaffung, Sensibilisierung). Dabei steht die Stadt vor großen Herausforderungen und zwar in Bezug auf hohe Investitionen im Gebäudebestand und beim Personalaufwand. Anvisiert ist deshalb eine Stelle für Gebäude- und Energiemanager im Haushaltsplan für das Jahr 2025.

„Wir machen so viel, aber es ist erschreckend, wie viel noch zu leisten ist“, kommentierte Bürgermeister Berggötz die Berichte. Wolfgang Kaiser (LBU) erklärte: „Die Berichte stellen eine wertvolle Arbeitsgrundlage dar, sie sind aber kein dauerhaftes Blitzlicht.“ Eine regelmäßige Zwischenbilanz sei wichtig und bei den Bürgern die Sensibilität für die Thematik zu wecken, so die Einschätzung.