Wohnraum ist begehrt und gefragt. Um neuen Platz zu bieten, ist das Vorgehen der Gemeinden üblicherweise so, dass ein neues Baugebiet erschlossen wird. Verfügbare Flächen sind aber oftmals schon da, ohne dass sie in einer sinnvollen Nutzung sind. Was da im Weg steht, sind in historischen Innenstädten auch Stadtbildsatzungen. Wie etwa in Bräunlingen. Sie dienen dazu, das historische Erscheinungsbild zu bewahren. Gerade bei der baulichen Veränderung und Nutzung von Dachwohnungen ist das in der Stadt nicht ganz so einfach. Allerdings gibt es eine Variante, die in dieser Hinsicht neue Wege öffnen könnte.

Kernthema für die Region

„Es ist ein Kernthema für die Region. Wir haben schöne Städte, die nach außen verfranzen. Das Gesicht geht so verloren“, sagt Architekt Lukas Gäbele. „Wohnraum ist da“, ergänzt er. Die Schwierigkeit sei es, mit dem Bestand umzugehen. An eine solche Schwierigkeit hat er sich jetzt gewagt.

Das könnte Sie auch interessieren

„Ein bisschen einen Hau“

Bei einem Termin mit Bau- und Denkmalamt zur abschließenden Abnahme am Mühlentor geht Gäbele aus Interesse mit in die Sommergasse. Bei einem Haus, das Teil der historischen Stadtumwehrung ist, ist der Besitzer verstorben. Die Stadt will sich schlaumachen, ob man das Gebäude aus der Denkmalschutzliste bekommen kann. Das mit der Hoffnung, es besser vermarkten zu können, und das hier keine Bauruine entsteht. Das Denkmalschutzamt lehnt ab. Aber Gäbele hat Interesse. „Vielleicht muss man dafür auch ein bisschen einen Hau weghaben. Als reines Investorenprojekt ist das nichts besonderes. Aber die Liebe zum Haus ist da“, erklärt er.

Das Historische des Gebäudes soll auch im Inneren durchschlagen. So könnte eine der Wohnungen aussehen.
Das Historische des Gebäudes soll auch im Inneren durchschlagen. So könnte eine der Wohnungen aussehen. | Bild: Architekturbüro Gäbele und Raufer

Was aus dem Haus machen?

Das Architekturbüro Gäbele und Raufer macht sich an Planungen, was man aus dem Haus machen könnte. Und kommt auf ein Konzept, das sich möglicherweise mit der Altstadtsatzung vereinen ließe. „Die Herausforderung ist, dass dort die Gebäude Giebel an Giebel stehen. Balkon und Terrassen sind nur schwer möglich“, sagt Gäbele. Die Altstadtsatzung lasse zudem eine Belichtung nur über Giebel zu. „Und die gibt es nicht. Die Häuser stehen Rücken an Rücken.

Das könnte Sie auch interessieren

Was aber, wenn das Licht direkt durch das Dach kommt?

Das ist möglich. Und das in einer Art und Weise, dass es mit der Altstadtsatzung konform geht. „Wir benutzen einen Trick“, erklärt Gäbele. Die Dachlattungen werden durchlaufen. „Wir benutzen dann Lamellen-Elemente, etwa in Terrakotta-Optik. Dahinter befindet sich eine Glasscheibe.“ Was sehr viel Licht in die Wohnung lässt, ist durch die Lamellen von außen kaum zu erkennen und fügt sich in die historische Dachlandschaft. „Zwei neue Gauben sollen auch dazu. Wir denken, das wäre genehmigungsfähig“, sagt Gäbele.

So könnte die Lamellen-Lösung aussehen. Mit viel Licht für das Dachgeschoss und vermutlich passend zur Altstadtsatzung.
So könnte die Lamellen-Lösung aussehen. Mit viel Licht für das Dachgeschoss und vermutlich passend zur Altstadtsatzung. | Bild: Architekturbüro Gäbele und Raufer

Grünes Licht

In einem ersten Schritt wurde das Vorhaben auch schon dem Bauausschuss präsentiert, der grünes Licht gegeben hat. „Das zeigt, wie mit einer innovativen Lösung, die Wünsche der Erhaltung der historischen Innenstadt sowie einem modernen Bauen vereinbar sind“, sagt Bürgermeister Micha Bächle. Es folge zwar noch eine Werkplanung und die ein- oder andere Ausnahme von der Altstadtsatzung, die genehmigt werden müsse, prinzipiell seien alle Beteiligten aber begeistert. „Es ist eine optimale Lösung um Neues zuzulassen und Altes zu bewahren“, so Bächle weiter. Zudem biete es weitere Chancen in der Innenverdichtung: „In der Innenstadt haben wir sehr viel Potenzial.“

So könnte das Haus in der Sommergasse nach dem Umbau aussehen. Links auf dem Dach die Lamellen. Sie sind dezent und kaum zu erkennen.
So könnte das Haus in der Sommergasse nach dem Umbau aussehen. Links auf dem Dach die Lamellen. Sie sind dezent und kaum zu erkennen. | Bild: Architekturbüro Gäbele und Raufer

Es bieten sich viele Flächen

Das sieht auch der Architekt so: „Innerhalb des Stadtringes böten sich sicher 90 solcher Flächen. Man stelle sich vor, wie groß ein Neubaugebiet für dieselbe Fläche sein müsste.“ Ziel sei es nun, die Maßnahme als Pilot-Projekt in die Altstadtsatzung hinein zu bekommen: „Bräunlingen kann auf seine gewachsene Struktur stolz sein. Alleinstellungsmerkmal ist hier ganz klar die Zähringersubstanz.“

Das könnte Sie auch interessieren

Bauherren gesucht

Jetzt gehe es darum, noch Investoren für das Projekt zu finden, die Interesse an einer der vier Wohnungen hätten. „In den nächsten vier bis fünf Wochen schaffen wir einen fixen Kostenrahmen. Wir wollen keinen Zirka-Preis verkaufen. Die Hoffnung ist natürlich, noch diesen Sommer mit dem Bau beginnen zu können“, sagt Gäbele. Parallel laufe die Genehmigung.