Wie eine Fackel brennt der Greenfell Tower in London am Horizont der britischen Hauptstadt. Die Welt verfolgt gebannt, wie das 1974 errichtete Hochhaus innerhalb weniger Minuten ein Opfer der Flammen wird. Was blieb, war das schwarze Gebäude-Skelett und die Frage, mit welchen Brandschutzauflagen hier eigentlich gearbeitet wurde. Das Feuer kostete mehr als 70 Menschen das Leben.
Die Tragödie hatte Auswirkungen, die man noch jenseits von Großbritannien bemerkte. So auch in Bräunlingen. Dort hat die Holz-Brüner GmbH ihren Sitz. Das Unternehmen ist unter dem Markennamen Firesec-Brandschutz darauf spezialisiert, das Baumaterial Holz so zu bearbeiten, dass es schwer entflammbar wird und dadurch in Bereichen mit erhöhten Brandschutzanforderungen benutzt werden kann. Auf diesem Gebiet sind die Bräunlinger mittlerweile gefragte Experten – und das weltweit.
Die neue Google-Zentrale
"Den Hochausbrand in London haben wir definitiv gemerkt. So befinden wir uns derzeit in Beratungsgesprächen mit Architekten, die eine Holzfassade für die neue Google-Zentrale in London planen", berichtet Geschäftsführer Michael Brüner. Das Thema Brandschutz ist aktuell wie nie. Neben der Londoner Tragödie gibt es noch weitere Beispiele, nicht zuletzt der Hauptstadtflughafen in Berlin.

Das Verfahren, um Holz in die Klasse der schwer entflammbaren Materialien zu heben, hat das Bräunlinger Unternehmen selbst entwickelt. Bei dem sogenannten Vakuum-Kessel-Druckverfahren wird ein spezielles Brandschutzsalz in einem Prozess in das Holz eingepresst. "So können wir aus dem normal entflammbaren Holz einen schwer entflammbaren Baustoff herstellen", sagt Brüner. Und der sei eben auch bei großen und öffentlichen Gebäuden einsetzbar.
Viel Aufklärungsarbeit
In diesem Bereich sei allerdings noch viel Aufklärungsarbeit notwendig, damit das Angebot auch nach draußen dringt: "Vor einigen Wochen haben wir hier bei uns einen Workshop veranstaltet, bei dem Architekten und Fachplaner aus ganz Europa sich ein Bild von unserem Fachgebiet machen konnten", erklärt Mitarbeiter Matthias Friedrich. Man kämpfe immer noch gegen das Klischee, dass Holz eben brenne und man deshalb anderes Baumaterial nehmen müsse.
Große Projekte für den Betrieb
Was da an Expertise in Bräunlingen zu finden ist, hat sich allerdings schon rumgesprochen und führt zu vollen Auftragsbüchern beim Unternehmen und prestigeträchtigen Projekten: Aktuell arbeitet das Unternehmen an der Wasserwelt Rulantica mit, die im Europa Park in Rust entstehen soll. Ziel sei es dabei, die Hamburger Speicherstadt nachzubauen, natürlich mit der Bedingung, dass das Holz den geltenden Sicherheitsauflagen entspricht. Dorthin liefern die Bräunlinger 5000 Quadratmeter Fassade. Zum Einsatz kam ihr Material beim vergangenen Weltklimagipfel sowie in den Stadien beim DFB-Pokal: "Dabei müssen die Stadien ihre Werbung abdecken. Das geschieht mit unseren Holzkonstruktionen", sagt Friedrich. Zudem steht ein weiteres Großprojekt an, bei dem Firesec einen renommierten Architekten auf der Expo 2020 in Dubai unterstützen soll. Nicht zuletzt kommt das behandelte Holz auch in der Region zum Einsatz, etwa bei der Standort-Schießanlage in Grüningen.

Einziges Manko ist die Entfernung zu den großen Auftraggebern in London und Berlin. Daran arbeitet das Unternehmen bereits. Seit 2016 ist Franchisenehmer in der Stadt Viersen in Nordrhein-Westfalen mit an Bord. Weitere sind geplant. Zudem gehe der Trend wieder in Richtung Holz: "Es gab eine Zeit, da sah man an den Fassaden nur Aluminium-Platten hängen. Davon geht man jetzt weg.

Das Verfahren
14 Meter lang ist der Apparat, in welchem das Vakuum-Kessel-Druckverfahren stattfindet. Ist die Maschine mit dem zu bearbeitenden Holz gefüllt, wird der Kessel mit 38 600 Litern einer Substratmischung geflutet. Je nach Holzmenge bleibt das Material dann eine ganze Nacht in der Maschine. Durch das Vakuum und den Druck saugt sich das Holz mit dem Substrat voll und wird dadurch schwer entflammbar. Die Flüssigkeit muss allerdings nicht entsorgt werden, sondern wird zurückgepumpt und kann erneut benutzt werden. Lediglich das Substrat muss anteilig nachgefüllt werden. Die Maschine kostet in der Anschaffung etwa 800 000 Euro. (guy)