Bei der vor kurzem begonnenen Fasnet 2019 schlüpft die gelbe Hexe Martin Reichmann zum 30. Mal in das Häs der Bräunlinger Urhexe. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER erzählt er, wie es dazu kam und wie er die Fasnet erlebt.

Wie kamen Sie zu den Urhexen?

"Mein Pate war schon Urhexe und es war immer mein Wunsch, auch einmal in das Häs der Urhexe zu schlüpfen. Ich war zehn Jahre bei den Trommlern mit dabei und habe mich dann beworben, in den Kreis der 16 Urhexen aufgenommen zu werden. Zuerst war ich kurze Zeit als Springer dabei, wenn jemand ausfiel, bis dann 1990 ein Platz frei wurde und ich voll in den Hexenkreis unter Hexenmeister Udo Baumeister aufgenommen wurde."

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Welchen Antrieb hatten Sie, zu den Hexen zu gehen?

"Das ganze Fasnetmachen gefällt mir und auch der Kontakt zu den Leuten durch die Maske pflege ich jedes Jahr. Ich rede gerne mit den Leuten auch am Straßenrand bei Umzügen und war oft für das Dachkännerrohrklettern, weniger für das Hexenrad oder junge Opfer für die Chaisen zu suchen, zuständig. Das vorhandene Kulturgut sollte man weiter pflegen und so weit wie möglich auch erhalten, womit wir in der Fasnet viel beitragen. Es gibt aber mittlerweile neue Einflüsse, was die ganze Traditionspflege nicht einfacher macht."

Eine auffallende Einzelfigur: Martin Reichmann als gelbe Hexe beim Umzug in Bräunlingen.
Eine auffallende Einzelfigur: Martin Reichmann als gelbe Hexe beim Umzug in Bräunlingen. | Bild: Dagobert Maier

Wie wurden Sie zur gelben Hexe?

"Vor drei Jahren wurde eine neue gelbe Hexe gesucht, die die ganze Gruppe auf der Straße ein wenig anführt und so wurde ich von der Urhexenschar gewählt. Die gelbe Hexe solle eine Art Führungshexe darstellen, welche die Hexengruppe ein wenig im Griff hat und nicht unbedingt beim wilden Umtrieb der anderen Hexen mit dabei sein muss. Ich laufe voraus und hab' den Nachteil, das jeder weiß, wer unter dem gelben Kopftuch ist, denn es gibt nur eine gelbe Hexe, ich bin eine Einzelfigur."

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Sind die Hexen eine verschworene Gemeinschaft?

"Die aktuellen Urhexen und die Ehemaligen sind schon eine tolle Gruppe. Jeder steht für den anderen ein und jeder weiß, wenn jemand gebraucht wird, dann unterstützen ihn die anderen. Die gelbe Hexe ist nicht grundsätzlich auch der Hexenmeister, der in der Regel acht Jahre die Hexengruppe das Jahr über leitet. Bisher gab es das nur einmal, dass beide Ämter in einer Person vereinigt waren."

Martin Reichmann als Büttenredner beim Zunftball und dem Rieswelleball.
Martin Reichmann als Büttenredner beim Zunftball und dem Rieswelleball. | Bild: Dagobert Maier

Woher kommt die Larve und das Häs der gelben Hexe?

"Ich habe zwei Hexenlarven und jene die ich meistens trage, hat Valentin Hofacker gefertigt. Die andere ist vom Remigius Reichmann aus dem Jahr 1960. Inzwischen habe ich ein zweites Häs, denn wenn man fast drei Jahrzehnte mit dabei ist, dann braucht man ein zweites Stoffhäs, das mir Birgit Hofacker genäht hat. Für die gelbe Hexe mussten eigentlich nur das Kopftuch und die Schürze gewechselt werden"

Wie kam es dazu, dass Sie auch Chef der Krummen Hexen sind?

"Ich kam zu den Krummen Hexen und schon knapp ein Jahr später wurde ich bei den Urhexen aufgenommen. Ich mache zwar selten eine Krumme Hexe, doch ich bin auch dort gerne mit dabei und wurde später zum Chef der Krummen Hexen gewählt. Rund die Hälfte der Urhexen sind auch Mitglieder bei den Krummen Hexen. Oft waren die Krummen Hexen auch Vertreter der Bräunlinger Zunft bei Narrentreffen. Bei der Geldbeutelwäsche mit Frack und Zylinder habe ich bisher nur einmal mitgemacht. Neben dem Hexenumtrieb bin ich an vielen Stellen in Bräunlingen der Nikolaus in der Vorweihnachtszeit."

Was haben Sie beim Hexenumtrieb Besonderes erlebt?

Schon im ersten Jahr 1990 beim Jubiläum ist mir ein Missgeschick beim Springen auf den Tisch in der Stadthalle passiert, denn der Tisch kippte hoch und fast alle Getränke und Gläser fielen auf dem Boden. Da war ich mit zu viel Elan auf den Tisch gesprungen. Ein anderes Mal in Schramberg hatten vor allem die älteren Leute viel Angst vor den Hexen. Ich habe mich mitten hineingesetzt, mit ihnen geschunkelt und dann hatten alle eine große Freude mit der Hexe."