Nach der Fastnacht gingen im Alten Simpel in Bräunlingen die Lichter aus. Gastronomin Manuela Lin sagte servus. Ein Nachfolger waren nicht in Sicht. Der Bräunlinger Kultkneipe drohte das endgültiges Aus. Doch nun gibt es wieder eine Perspektive. Jutta Albiez übernimmt den Alten Simpel und verwirklicht sich damit einen langjährigen Traum.

Vom Gast zur Gastronomin

Wie es dazu kam? „Wir waren hier immer bei Chicco zu Gast“, erinnert sich die heute 50-jährige Bräunlingerin an legendären Zeiten und Abende im Alten Simpel unter Wirt Güney Birdüzer, alias Chicco. Damals habe sie zusammen mit einer Freundin immer darüber gesprochen, die Wirtschaft eines Tage zu übernehmen.

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32 Jahre lang hatte Jutta Albiez als Bäckerin gearbeitet, ehe sie vor vier Jahren gekündigt hatte, um noch einmal etwas Neues zu versuchen. Gelandet ist sie in der Produktion bei einer Donaueschinger Firma. „Da habe ich mich wohl gefühlt, alles hat gepasst.“

Doch an Halloween 2022 habe sie mit einer anderen Freundin spontan und nach längerer Pause dem Alten Simpel wieder ein Besuch abgestattet. „Wir waren da alleine. Es war nichts los“, so die 50-Jährige. Da kamen die einstigen Gedanken an eine Übernahme wieder auf.

Der Schriftzug Alter Simpel weist Gästen den Weg in die Kultkneipe.
Der Schriftzug Alter Simpel weist Gästen den Weg in die Kultkneipe. | Bild: Fröhlich, Jens

Wie ein Gerücht die Runde macht

Wenige Monate später, während der Fastnacht, habe sie dann erfahren, dass die Kneippe schließt. Und wieder kam der langjährige Traum bei einem geselligen Abend zur Sprache, nichts Konkretes, ein Traum eben. Doch das Gespräch der Freundinnen wurde mitgehört und schnell habe sich das Gesagte in Bräunlingen herumgesprochen.

„Die Resonanz war enorm.“ Viele Bräunlinger hätten sie daraufhin angesprochen, zu diesem Schritt ermutigt oder einfach ihre Freude darüber mitgeteilt, dass es im Alten Simpel weitergeht.

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„Diese Resonanz hat mich dazu gebracht, mich erst einmal über eine Übernahme zu informieren.“ Doch sie verwarft die Idee wieder. „Es war mir alles zu viel.“ Vorerst.

Denn bei einer anschließenden Wanderung auf dem Jakobsweg von Porto bis Santiago de Compostela fasste sie erneut Mut, es doch zu versuchen, ihren lange gehegten Traum doch in Erfüllung gehen zu lassen. Darin bestärkt wurde sie von Güney Birdüzer, der Brauerei und vor allem von ihrer Freundin Monika Schmidt. „Sie ist meine große Stütze“, sagt Jutta Albiez.

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Entscheidung, Kündigung, Neustart

An einem Mittwoch im Juni stand ihr Entschluss schließlich fest. Am Freitag darauf habe sie ihre Arbeitsstelle bei der Donaueschinger Firma gekündigt, was ihr nicht leicht gefallen sei. Und jetzt steckt die 50-Jährige bereits mitten in den Vorbereitungen für den Neustart im Alten Simpel. „Wir haben bis auf die Decke alles neu gestrichen und viel aufgeräumt“, erzählt sie.

Nebenbei gibt es zahlreiche kleine Dinge zu erledigen, Behördengänge oder die Kontoeröffnung bei einer Bank. Und es ist noch eine große Putzaktion geplant. Zahlreiche Helfer haben sich angekündigt. In der Gaststätte zeugen Akkuschrauber und Farbeimer vom emsigen Treiben, um Anfang September zu eröffnen. Die Pacht ist vorerst für drei Jahre vereinbart.

Jutta Albiez übt schon mal. Ab Anfang September zapft die 50-Jährige hier frisches Bier für ihre Gäste.
Jutta Albiez übt schon mal. Ab Anfang September zapft die 50-Jährige hier frisches Bier für ihre Gäste. | Bild: Fröhlich, Jens

Das ist geplant

„Ich bin nervös, freue mich aber darauf“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich mache am ersten September einfach auf und schaue, wie es anläuft.“ Der Alte Simpel soll täglich von 17 Uhr bis Mitternacht geöffnet sein. Sonntag ist Ruhetag. „Und ein weiterer Tag unter der Woche, Mittwoch oder Donnerstag. Das muss ich mir aber noch überlegen.“ Vor der Kneipe möchte sie den Biergarten wieder reaktivieren. „Wahrscheinlich aber erst im kommenden Jahr.“

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Weil der Alte Simpel eine Raucherkneipe bleibt, werde es nur kleine, kalte Speisen geben. Unterstützung im täglichen Betrieb bekommt Jutta Albiez von ihrer Freundin. „Und einige Personen aus Bräunlingen haben ebenfalls ihre Mitarbeit angeboten.“ Im Gastraum soll der rustikale Charme erhalten bleiben, allerdings mit weniger Blech- und Emailleschildern, dafür mit etwas mehr weiblicher Handschrift, und zwar die von Jutta Albiez.