Wir schreiben das Jahr 1954. Die Bundesrepublik steckt in den Kinderschuhen. Das Pendel der politischen Ausrichtung schlägt wild aus. Es ist noch kein einfacher Schritt, in eine Partei einzutreten und sich zu einer politischen Richtung zu bekennen.

Doch Engelbert Kropfreiter (88) wollte die Demokratiebewegung nach dem Krieg unterstützen und trat in die SPD ein. Heute ist der 88-jährige Bräunlinger seit 70 Jahren Mitglied.

Mitgliedsnachweis per Klebebeweis

Am Kaffeetisch blickt der Jubilar schmunzelnd auf seine lange SPD-Zeit zurück. „Damals mussten noch in das Parteibuch die Jahresraten eingeklebt werden, als Nachweis, dass man SPD-Mitglied ist“, erinnert er sich.

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Kropfreiter habe damals immer wieder von der Demokratie gehört und sich nach der langen Diktatur nach besseren Verhältnissen gesehnt. „Nachdem ich in jungen Jahren in einer Diktatur aufgewachsen und in einer Knabenschule eingeschult worden bin, die damals schon als Militärnachwuchs gedacht war, wurde der Gedanke an eine Demokratie immer stärker“, reflektiert er. „Statt Heimatfilme mussten wir damals im Schulunterricht Filme über Stalin anschauen“.

Aufgrund seiner Erfahrungen wollte er dazu beitragen, die Demokratie in der noch jungen Bundesrepublik zu stärken. Und ist deshalb in die SPD eingetreten.

Sein älterer Bruder war im Krieg

Engelbert Kropfreiter stammt ursprünglich aus Österreich. 1951 kam er nach Deutschland. Den Weg nach Bräunlingen bahnte ihm sein 14 Jahre älterer Bruder Leo, ein gelernter Schriftenmaler. Leo Kropfreiter war Soldat im Zweiten Weltkrieg.

Nach Kriegsende 1945 wusste er nicht genau, wo seine Familie sich aufhält. Leo war in Donaueschingen stationiert und so kam er auch nach Bräunlingen und sofort habe ihm der kleine Ort auf der Baar gut gefallen, erzählt sein Bruder. Dort habe Leo seine spätere Frau kennengelernt und so war es naheliegend, dass die Familie auch nach Bräunlingen zieht.

Seit 70 Jahren hat Engelbert Kropfreiter sein SPD Parteibuch. Auf dem Tisch liegen auch viele Ehrenurkunden der Vereine.
Seit 70 Jahren hat Engelbert Kropfreiter sein SPD Parteibuch. Auf dem Tisch liegen auch viele Ehrenurkunden der Vereine. | Bild: Dagobert Maier

„Ich habe nach der Schule eine kurze Bäckerlehre angefangen“, erinnert sich Engelbert Kropfreiter an seinen Berufsstart. Doch kurze Zeit später ergatterte er eine Stelle bei der Firma MEZ in Bräunlingen. Dieser Firma hielt er dann bis zum Renteneintritt die Treue.

1960 heiratete er seine Frau Rosemarie, eine Bräunlingerin. Kurz danach begann er, über das Ortsgeschehen für die Zeitung zu schreiben, was neben dem Beruf einige Zeit in Anspruch nahm. Fünf Jahrzehnte übte er diese Nebentätigkeit aus.

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Er war vielseitig engagiert und Mitglied beim Roten Kreuz, der Narrenzunft, dem Seniorenförderverein und den Naturfreunden. Davon zeugen etliche Ehrenurkunden, bis hin zu der Blutspenderehrung für über 90 Blutspenden.

Auch in einem Verein, der sich für die Suche nach Kriegsvermissten und Verschollenen einsetzte, war er Mitglied. Für ihn habe das Ehrenamt einen hohen Stellenwert, denn „wenn man die Ehrenamtlichen nicht hätte, würde etwas fehlen. Heutzutage ist das leider in vielen Bereichen zu sehen“, sagt er.

Er half im Hintergrund

In den Jahrzehnten in der SPD, war er, wie er sagt, als normales Mitglied dabei, ohne im SPD-Vorstand Ämter zu bekleiden. Seine Aufgabe lag darin, im Hintergrund auszuhelfen, wenn fleißige Hände gebraucht wurden.

Er habe immer auf Beständigkeit Wert gelegt, sagt er. Das beweist seine 70-jährige Mitgliedschaft bei der SPD. Das sehen die SPD-Vertreter genauso: Bei einem Jubiläumsbesuch im Hause Kropfreiter dankte die SPD-Bundestagsabgeordnete Derya Türk-Nachbaur zusammen mit dem örtlichen SPD-Vorsitzenden Ludwig Person dem Parteijubilar für die jahrzehntelange Treue und überreichten ihm die große Ehrenurkunde mit einem Präsent.