Aus Berichten von Zeitzeugen, die in Dokumenten im Stadtarchiv von Joachim Schweitzer gefunden und von anderen Zeitzeugen bestätigt wurden, lassen sich die letzten Tage des Krieges in Bräunlingen zusammenfügen.

Am Abend des 20. April rief NS-Ortsgruppenleiter Theodor Weißer die Reste des Volkssturms zusammen und verteilte Gewehre. Aber meist passte die ausgegebene Munition nicht dazu. Stundenlang wartete man auf den Einsatzbefehl aus Donaueschingen, der aber nicht kam.

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Die anwesenden Männer und Buben gingen zurück zu ihren Familien oder versammelten sich in der „Brauereigaststätte Graf“, wo „die ganze Nacht hindurch Bier, Wein und Rauchwaren verausgabt wurden. Die entstandenen Kosten musste die Gemeinde nachträglich ersetzen“.

Volksssturm kommt nur bis Behla

Am 21. April versammelte sich Volkssturm-Gruppen an der Buchhalde, um zum Einsatzort Richtung Blumberg abzurücken, wo man einen Schutzwall gegen die heranrückenden französischen Truppen errichten sollte.

Die einzelnen Gruppen kamen nur bis Behla, wo beim Kampf um die Behlaer Höhe jedem klar wurde, wie aussichtslos der weitere Kampf sei. Daher kehrten die Männer – wegen der Fliegergefahr einzeln oder in kleinen Gruppen – nach Bräunlingen zurück.

Das im Schulhaus untergebrachte Wehrmachtsverpflegungslager wurde während dieser Tage der Unordnung von der Bevölkerung rasch geräumt. Einige Einwohner sollen sich dabei „wie die Raben“ benommen haben und eine „ordnungsgemäße Verteilung“ war nicht mehr möglich.

Die französische Vorhut erscheint

Am Sonntag, 22. April 1945, erschienen um die Mittagszeit erste französische Panzer von Hüfingen kommend auf dem Hof der Firma Straub und fragten, ob sich noch deutsche Truppen im Ort befänden.

Sofort wurde auch der Befehl erteilt, dass alle Waffen, Radiogeräte und Fotoapparate auf dem Rathaus abzugeben seien. Auf Zuwiderhandlungen würden drakonische Strafen erfolgen.

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Da die französische Panzerspitze eine kleine Gruppe war und nur den Auftrag hatte, vorzufühlen, und sich wieder zurückzog, wurden die in Bräunlingen weilenden Kriegsgefangenen – überwiegend Polen, Serben, Russen und Franzosen – bewaffnet mit dem Auftrag, das Städtchen zu besetzen.

Man würde alle zwei Stunden eine Patrouille aus Hüfingen schicken, um die Lage zu kontrollieren. Die bewaffneten Kriegsgefangenen legten jedoch, da sie wohl der Situation nicht trauten, nach Abzug der Panzereinheit ihre Waffen wieder ab.

SS und Wehrmacht kommen zurück

Am selben Abend rückten SS-Einheiten in Bräunlingen ein und besetzten es in Richtung Hüfingen. Der NS-Ortsgruppenleiter rief durch den Ortsfunk den Volkssturm wieder zusammen, um diesen zu bewaffnen. Diesem Aufruf folgten jedoch nur noch wenige und diese hatten die Aufgabe, den durchfahrenden deutschen Einheiten den Weg zu weisen.

Am Montag, 23. April 1945, wurden die ausländischen Kriegsgefangenen wieder unter Bewachung gestellt und nach Wolterdingen gebracht. Dort war jedoch keine Unterkunft vorhanden, daher wurden sie wieder zurückgebracht und in der Nähe des Bahnhofs bis zur endgültigen Befreiung interniert.

Die Gedenkstätte für die Opfer des Zweiten Weltkriegs auf dem Friedhof in Bräunlingen
Die Gedenkstätte für die Opfer des Zweiten Weltkriegs auf dem Friedhof in Bräunlingen | Bild: Johann Müller-Albrecht

Die noch vorhandenen deutschen Soldaten und der Volkssturm richteten am 24./25. April 1945 im Schulhaus einen Gefechtsstand ein. Die Aufklärung der Franzosen erkannte, dass sich noch immer deutsche Einheiten im Ort befanden, und schossen mit Störfeuer, dessen Einschläge im Bereich des Schulhauses, der Garten- und Blaumeerstraße lagen.

In der Nacht vom 25. auf den 26. April 1945 zogen die restlichen deutschen Soldaten und SS-Gruppen ab. Einige Soldaten hatten sich von ihren Einheiten entfernt und fragten die Bevölkerung nach Zivilkleidern, um so der Gefangenschaft entgehen zu können.

Halbstündiges Artilleriefeuer

Am Morgen des 26. April 1945 herrschte völlige Ruhe im Ort, bevor gegen Mittag ein halbstündiges Artilleriefeuer der französischen Truppen auf Bräunlingen niederging. Ein französischer Kriegsgefangener wurde vom Rathaus beauftragt, zur französischen Befehlsstelle in Hüfingen zu gehen und dort mitzuteilen, dass keine deutschen Soldaten mehr in Bräunlingen seien, und darum zu bitten, das Artilleriefeuer einzustellen.

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Die französische Kommandantur sandte den Vermittler zurück mit der Auflage, dass zwei für die Gemeinde Verantwortliche nach Hüfingen kommen sollen. Diesem Befehl kamen Grundbuchratsschreiber Herrmann Hofacker, der gleichzeitig als Notverwaltungsbürgermeister fungierte, und Verwaltungsratsschreiber Ferdinand Hofacker nach.

Die beiden berichteten dort über die Situation in Bräunlingen und wurden bis zum Eintreffen von Verstärkung für das Kommando in Hüfingen festgehalten. Am 27. April 1945, zwei Wochen vor der Kapitulation, wurde Bräunlingen durch französische Einheiten von der Nazi-Diktatur befreit.