Wo sollen Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen entstehen? Mit dieser Frage beschäftigen sich viele Kommunen, denn die Landesregierung sieht in solchen Anlagen einen wesentlichen Baustein, um die Energiewende umsetzen zu können und die Ziele, die im baden-württembergischen Klimaschutz verankert sind, zu erreichen. Doch ganz konfliktlos ist das nicht. Zwar haben die Photovoltaik-Anlagen keinen so heftigen Gegenwind wie Windkraftparks, doch eitler Sonnenschein ist es auch nicht.

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Es geht um die Flächen, auf denen die Anlagen entstehen sollen. Oft sind es nämlich Flächen, die auch landwirtschaftlich genutzt werden können. Zwar hat die Berliner Firma Next2Sun ein völlig neues Anlagen-Konzept entwickelt, bei dem die Solarpanels senkrecht stehen und so gleichzeitig die Bewirtschaftung und Stromerzeugung möglich machen. Aber Anlagen, wie die auf Aasener Gemarkung an der Bundesstraße 27, sind aktuell noch eine Seltenheit. Daher stellt sich oft die Frage: Landwirtschaft oder Photovoltaik-Anlage.

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Auch der optische Aspekt ist oft eine Frage. In Löffingen beispielsweise störten sich Ortschafts- und Gemeinderäte bei den Plänen für eine Solaranlage bei Bachheim daran, dass die Fernsicht auf den Buch- und Eichenberg gestört ist. Und die zahlreichen Spaziergänger auf dem Rundweg sollten vom Anblick des Solarparks auch nicht gestört werden. Erst als die Planer die Anlage etwas anders platziert haben und versprochen haben, mit einer Bepflanzung im Bereich der vorgeschriebenen, zwei Meter hohen Umzäunung für eine weiter reduzierte Sichtbarkeit der Anlage zu sorgen, verschwanden bei den Kommunalpolitikern die Bedenken für das Projekt.

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In Bräunlingen geht man einen ganz anderen Weg. Anstatt über jedes Projekt einzeln zu diskutieren, will man sich dem Thema lieber umfassend widmen. „Wir haben immer mehr Anfragen“, sagt Bürgermeister Micha Bächle. Doch wie möchte sich die Stadt zum Thema Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen grundsätzlich aufstellen? Bei der Beantwortung dieser Frage soll Gerhard Bronner vom Umweltbüro des Gemeindeverwaltungsverbandes Donaueschingen helfen.

Anlass ist die Anfrage eines Döggingers

Anlass ist die Anfrage eines Dögginger Bürgers, der mittels einer Bauvoranfrage zur Errichtung eines Solarparks auf seinem 1,5 Hektar großen Grundstück im Gewann Sulzwiesen an die Stadt herangetreten ist. Da die weiteren Verfahrensschritte sehr kostenintensiv wären, hat der Antragsteller mit der Anfrage vorab um eine kommunalpolitische Entscheidung gebeten, um nicht im Falle einer Ablehnung die Planungskosten unnötigerweise ausgegeben zu haben. Der Gemeinderat hat im März beschlossen, die Anfrage zurückzustellen und will sich erst einmal mit konkreten Ansatzpunkten für die Steuerung und Ausweisung von Flächen für Freiflächenanlagen beschäftigen.

„Als Erstes scheiden die Flächen aus, die Wald sind.“
Gerhard Bronner, Umweltbüro

„Es geht darum, dass Photovoltaikanlagen nicht dort und dort entstehen, sondern dass Räume abgegrenzt werden, wo das möglich ist“, erklärt Gerhard Bronner. Rechtlich braucht es für solche Anlagen auch einen Bebauungsplan, der durch den Gemeinderat muss. Dabei kommen aber schon viele Flächen nicht in Frage: „Als Erstes scheiden die Flächen aus, die Wald sind“, erklärt Bronner. Logischerweise ist eine Anlage, die Sonnenlicht braucht, um Strom zu erzeugen, zwischen Bäumen nicht sinnvoll. Auch müsse ein Puffer von 30 Metern zum Waldrand eingehalten werden.

Siedlungsflächen und Naturschutz spielen ebenfalls eine Rolle

Und Siedlungsflächen scheiden ebenfalls aus. Dann kommen noch eine Reihe von strenger geschützten Flächen hinzu: Biotope, Naturschutzgebiete und Gebiete, die unter die Fauna-Flora-Habitatrichtlinie fallen. Was nicht berücksichtigt werden soll, sind Vogelschutzgebiete: „Das ist kein Kriterium, das so eine Anlage verhindern würde“, erklärt Bronner. Hinzu kommen Biotopverbünde, die im Bundes- und Landesnaturschutzgesetz stehen. „Die Funktion der Korridore muss erhalten bleiben, damit gewandert werden kann.“

Doch wie bewertet man eigentlich, ob solche Anlagen das optische Empfinden stören werden?

Dazu hat Gerhard Bronner eine Untersuchung der Universität Stuttgart herangenommen, wo man sich intensiv mit Landschaftsbildern beschäftigt hat. Die Grundproblematik lag in der Schwierigkeit, die subjektiv geprägte visuelle Wahrnehmung von Landschaft objektiv und valide zu bewerten. Bei der Untersuchung habe sich jedoch herausgestellt, dass die individuellen Beurteilungen eines Landschaftsbildes nur gering schwanken. Besonders schön ist es nach einer manuellen Bearbeitung der Daten durch Bronner am Kirnbergsee, südlich und westlich von Döggingen und zwischen Bräunlingen und Waldhausen.

Es bleiben nicht mehr viele Flächen übrig

Wenn man noch die landwirtschaftlichen Aspekte hinzunimmt, bleiben nicht viele Möglichkeiten: Flächen gibt es dann östlich von Döggingen, am Schellenberg, ein Bereich bei Waldhausen und nördlich von Mistelbrunn. „Die meisten Anfragen betreffen allerdings Döggingen„, erklärt Bronner. Dann ist noch die Frage offen, auf wie viel Prozent der Flächen Anlagen möglich sein werden.

Und so geht es weiter

„Wir wollen das Thema systematisch angehen“, sagt Micha Bächle. Dieses Jahr werde sicher keine Entscheidung mehr fallen und zuerst müsse auch noch eine Grundsatzdiskussion geführt werden. „Es gibt Kriterien, die fest sind, wie beispielsweise der Wald. Aber andere Kriterien sind nicht so hart.“

Das sagen die Stadträte

  • Clemens Fahl (SPD): „Wir wollen keinen Flickenteppich, der überall Photovoltaik-Anlagen möglich macht“, sagt der SPD-Fraktionssprecher. Auch über die Größe der Anlagen sollte der Gemeinderat entscheiden.
  • Rolf Schütz (CDU): „Es ist wichtig, dass wir das Thema auf dem Tablett haben, denn es findet aktuell ein großer Suchlauf statt“, sagt der Stadtrat aus Döggingen. Wichtig sei, dass man daher wisse, was gar nicht möglich ist. „Das Landschaftsbild ist für mich nicht so entscheidend wie die Einsehbarkeit“, erklärt Schütz. Wenn die Stadt Bräunlingen eigene Flächen hat, die für Photovoltaik-Anlagen in Frage kommen, dann sollte man überlegen, ob man dort auch selbst oder in Form eines Bürgersolarparks tätig werden soll. Auf landwirtschaftliche Flächen kann Rolf Schütz sich aber überhaupt nicht einlassen, auch wenn viele Flächen sowieso nur noch für die Biogas-Anlagen genutzt würden.
  • Michael Gut (CDU): „Es ist schon besser, wenn es eine große Anlage ist, als viele kleine, die überall verteilt sind“, sagt der CDU-Fraktionssprecher. Für ihn sind zwar die landwirtschaftlichen Flächen nicht „unbedingt“ ausgeschlossen, eine große Rolle spiele aber auch die Einsehbarkeit von Wohngebieten.
  • Berthold Geyer (Gruppe 84): „Wir sollten nicht schon mit der Vorgabe reingehen, auf wie viel Prozent der Flächen wir Photovoltaik-Anlagen haben wollen“, sagt der Fraktionschef der Gruppe 84. Was nicht vergessen werden sollte, sind neue Technologien wie Solarparks mit senkrecht stehenden Panels.
  • Dieter Fehrenbacher. Ortsvorsteher Döggingen: „Für mich wäre die Einsehbarkeit noch ein Punkt“, sagt der Dögginger Ortsvorsteher. Es sollte eine Zielsetzung für die gesamte Gemarkung geben, so dass jedem ersichtlich ist, wo was möglich ist.