Wie geht es dem Wald 2019? Eine Standortbestimmung mit dem Donaueschinger Revierleiter Manfred Fünfgeld und dem Leiter des Kreisforstamtes, Frieder Dinkelaker. „Bei bestem Försterwetter“, wie Dinkelaker augenzwinkernd den Regen umschreibt, der an diesem Nachmittag die Exkursion begleitet.
20000 Bäumchen werden pro Jahr gepflanzt
Die Gemarkung Aasen gehört zu Fünfgelds Zuständigkeitsbereich. Deshalb zeigt er, ein paar Fahrminuten hinter dem Schützenhaus im Distrikt „Hungerbühl“ überraschend positive Ergebnisse aus den Anpflanzungen. Gut 20 000 junge Bäumchen pflanzen Fünfgeld und seine drei Mitarbeiter pro Jahr an vielen Stellen. Mehr würde die Kapazität überschreiten.

Am Hungerbühl wurden im Frühling rund 2000 kleine Weißtannen gepflanzt. Nun wachsen auf dieser 0,6 Hektar großen, von Holunder und Brombeerhecken befreiten Fläche, knapp 30 Zentimeter große Bäumchen. Mit jeweils einem Meter Abstand, in Reihen, die wiederum zwei Meter auseinander liegen. Überragt werden die Bäumchen von hundert Jahre alten Fichten. Diese Nadelbäume werden gefällt. Was mit modernem forstwirtschaftlichem Gerät präzise und die Schösslinge schonend, was in nicht allzu ferner Zeit passieren dürfte.
Den Königsweg gibt es nicht
Die Fichte, bisher Brotbaum im Schwarzwald und auf der Baar, soll durch die Tanne ergänzt werden. Auch Douglasien, Lärchen, und ein zunehmender Anteil an einheimischen Laubbäumen, sollen den heimischen Forst im anstehenden Klimawandel krisensicher machen. Einen Königsweg gibt es nicht. „Die Sorten müssen sich für den vorgeschlagenen Standort eignen“, nennt Dinkelaker zumindest eine Erfolgserfordernis. Die andere ergibt sich aus den Risiken, denen das Baumwachstum bis zum Idealfall Holzeinschlag unterliegt. Eines davon heißt Schalenwild. Rehe haben die dünnen Pflänzchen zum Fressen gerne.
Erstaunlich deshalb, dass kein Schutzzaun den Tannenvorbau, wie diese Anpflanzungsfläche vom Forst genannt wird, umgibt. Die Erklärung heißt Regiejagd. Das Revier wurde nicht an einen Jagdpächter verpachtet, sondern blieb in Bejagung durch den Mitarbeiter des städtischen Forsts. Hobby und Pflicht verbinden sich dort in einer intensiven fürs Wild überraschenden Bejagung – mit mehr als doppelt so vielen Rehabschüssen je Hektar als im Regelfall.
Nur ein geringer Prozentsatz der Schößlinge entwickeln sich zu mächtigen Bäumen. Nagetiere, aber auch Schneebruch, Trockenheit oder Schatten können die kleinen Tannen absterben lassen. Empfindlich sind auch Kirsche, Bergahorn, Buche oder Stileiche. Allesamt Laubbäume, die zur Durchmischung der Kulturen gepflanzt werden. Zu ein bis fünf Euro pro Stück werden sie bei einem Händler auf der Schwäbischen Alb bezogen gekauft, Anpflanzen und Freischnitt sind Kostenfaktoren in den nächsten Jahren.
Sternchen überraschen positiv
Da ist es hilfreich, wenn die Natur den Forstwirten unter die Arme greift. Im Güth heißt der nächste Haltepunkt. Ein Waldstück mit halbhohen Fichten. Fünfgeld bückt sich und pflückt ein Sternchen. So heißen die Keimblätter der Tanne. Mitten zwischen den Fichten haben sich unzählige Jährlinge einer Tanne aus der Nachbarschaft durch den weichen Waldboden geschoben. Auch hier ist dieser positive Überraschung intensiver Bejagung geschuldet.

Auf Zufälle darf Fünfgeld unterhalb des Truppenübungsplatzes Grüningen nicht hoffen. Hier hat der Sturm Lothar 1999 ein Fichtenwäldchen abrasiert, nur noch einzelne Kiefer bezeugen den früheren Baumbestand. Diese der Sonne ausgesetzte Freifläche mit trockenem, steinigem Boden muss der 54-Jährige aufforsten.
Wachstumshüllen aus Plastik
Wir stapfen bergauf. Halbmeterhohe Jungpflanzen stecken zum Schutz in Wachstumshüllen aus Plastik. Was nur bedingt wirkt. Buchen und Lärchen grünen gesund, Douglasien fallen im braunen Herbstkleid ins Auge. Die Anhöhe ist Fünfgelds Kummerfläche.

Was ist der geeignete Baum? Heimische Herkunft und Anpassung an den Standort sind Kriterien, die nach 2018 durchaus in Frage stehen. Die Esche hat sich mit ihrer rätselhafte Pilzkrankheit aus dem Favoritenkreis gespielt, selbst die hochgelobte Buche und die Tanne zeigen dieses Jahr an Standorten im Tal Stresserscheinungen.
In April und Mai hat es auch im Wald kräftig geregnet. „Und trotzdem wurde dadurch lediglich die oberer, rund 30 Zentimeter starke Bodenschicht getränkt“, verweist Fünfgeld auf einen trügerischen Eindruck von außen. Für Jungbäume habe dieser Regen ausgereicht, aber die hohen Tannen mit ihren tiefen Wurzeln darben. Dass die Niederschläge im Frühsommer nicht ausreichten, waren selbst in Aasen, wegen des Bodenprofils generell gut mit Wasser versorgt, zu sehen. Als Mitte Juli die Hitze einsetzte, hat auch dort der Boden Risse bekommen.

Bis Mitte Juli sei die Situation im Donaueschinger Stadtwald noch überschaubar gewesen, sagt Dinkelaker, während er den Grüninger Kapellenbuck an der alten Klengener Straße ansteuert. Damals konnte man sich auf das Aufarbeiten einzelner, kleiner Käfernester und die ständige Überwachung der bedrohten Waldbestände konzentrieren.
Fichten wurden eilends gefällt
Das sollte sich rasend schnell ändern. Auch weil sich Bäume nach Extremjahren wie 2018 keineswegs sofort erholen. „Gesunde Fichten ertränken den Borkenkäfer mit ihrem Harz“ benennt Dinkelaker den natürlichen Abwehrmechanismus. Aber nicht in diesem Jahr. Am Waldrand liegen gut 50 mächtige Fichtenstämme. Eilends gefällt, entastet und aus dem Wald gezogen. Bereit für den Abtransport.

Fünfgeld, seit 1981 in Diensten der Stadt, blättert ein Stück Rinde ab. Darunter wuseln in den Holzgängen weiße Buchdrucker-Raupen und hellbraune, bald flugbereite Jungkäfer. Dicht an dicht, hunderte auf einer Fläche eines Gästehandtuchs.
Vor zwei Wochen habe er zwei Bäume entdeckt, aus deren Stamm Bohrmehl rieselte, erzählt Fünfgeld. Alarm. Kurz darauf waren gut 40 Bäume in der Nachbarschaft befallen. Die nächste Generation Borkenkäfer. Alles muss raus. Gut 500 Festmeter Problemholz hat Fünfgeld, mit 2000 rechnet er. In den nächsten Tagen steht ihm in Neudingen ein Fremdunternehmer mit Vollernter zur Verfügung. Nächste Baustelle.
Ausschau und Organisiation: So ist die Forstverwaltung aufgestellt
Trockenheit, Borkenkäfer, Klimawandel: Frieder Dinkelaker, Leiter des Kreisforstamtes, beschreibt die gegenwärtige Katastrophensituation als „an die Grenzen gehend“. Mit den leistungsfähigen Forstbetrieben auf der Baar sei die Krise aber zu bewältigen. Allerdings müsse die Aussicht auf die gewohnt guten Einnahmen aus dem Holzverkauf hintan gestellt werden. Der Kampf gegen den Borkenkäfer und die Erholung und Umgestaltung des Waldes hätten momentan Priorität.
Die Stadt Donaueschingen beschäftigt zwei Revierleiter. Manfred Fünfgeld betreut die Reviere Donaueschingen, Aasen, Neudingen Heidenhofen, Pfohren udn Grüningen mit einer Gesamtfläche von rund 1200 Hektar. Sein Kollege Hans-Peter Fesenmeyer ist für Wolterdingen und Hubertshofen zuständig. Sein Gebiet umfasst rund 1350 Hektar. Beide Revierförstern haben jeweils drei Mitarbeiter zur Verfügung.
Der Schwarzwald-Baar-Kreis ist mit einer Waldfläche von 47 000 Hektar, entsprechend 47 Prozent der Fläche, überdurchschnittlich dicht bewaldet. Im Landesschnitt sind 38 Prozent der Fläche bewaldet. Das Kreisforstamt ist auf 18 Gemarkungen mit rund 39 000 Hektar zuständig, Das städtische Forstamt Villingen-Schwenningen betreut eigene Flächen und dem Wald von Unterkirnach auf 8000 Hektar Fläche. Der Privatwald umfasst mit 3115 Betrieben 45 Prozent der Fläche, dicht gefolgt vom Kommunalwald mit 42 Prozent der Fläche und dem Staatswald mit 13 Prozent.