Es war eine spektakuläre Aktion, die in der zweiten Januarwoche an der Straße von Steigen nach Heiligenberg stattfand. Als Eigentümer des Waldes und der Steilflächen ließ der private Forstbetrieb Fürst zu Fürstenberg Baumfällungen ausführen, für die wegen des schwierigen Geländes ein Hubschrauber eingesetzt werden musste. Grund für die Maßnahme war eine sofort vollziehbare polizeiliche Verfügung der Gemeinde Heiligenberg, die den Forstbetrieb dazu verpflichtete, tote Bäume fällen zu lassen.

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Die Buchen waren als Folge der zunehmenden Trockenheit des Klimas abgestorben. Die Behörden sahen darin eine Gefährdung der stark befahrenen Straße. Eine ähnliche Aktion hatte bereits im Winter 2019/2020 stattgefunden. Die Kosten auch für die zweite Aktion soll nun der Fürstlich-Fürstenbergische (FF) Forstbetrieb voll übernehmen. “Das sehen wir aber nicht ein“, so Hans-Rüdiger Schewe, Präsident der FF-Gesamtverwaltung. Deshalb klagt das Haus Fürstenberg gegen die Gemeinde Heiligenberg.

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FF-Verwaltungschef Schewe war zusammen mit Jens Borchers, dem Leiter des FF-Forstbetriebes, zur Fäll-Aktion vom Stammsitz Donaueschingen in den Linzgau gekommen. Beide waren voll des Lobes für die Einsatzkräfte, die „einen tollen Job“ gemacht hätten, wie Borchers anerkennend feststellte. Nur: So ein Einsatz mit 34 Spezialisten und einem Hubschrauber aus dem Fürstentum Liechtenstein ist nicht gerade billig. Beide Aktionen zusammen beziffert Schewe auf rund 200 000 Euro.

Dass das Haus Fürstenberg auf den Kosten für die Baumfällung sitzenbleiben soll, sehen sie nicht ein (von links): Hans-Rüdiger Schewe, ...
Dass das Haus Fürstenberg auf den Kosten für die Baumfällung sitzenbleiben soll, sehen sie nicht ein (von links): Hans-Rüdiger Schewe, Präsident der Fürstenberger-Gesamtverwaltung, Jens Borchers, Leiter des FF-Forstbetriebs, und Revierleiter Christian Hohenberg. | Bild: Karlheinz Fahlbusch

„Der Forstbetrieb hat die sofort vollziehbaren behördlichen Verfügungen befolgt, aber gleichwohl den Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt“, sagt Borchers. Man sei der Meinung, dass man für diese sowie für künftig zu befürchtende Gefährdungen der Straße nicht als Kostenträger herangezogen werden kann. Zudem habe nicht der FF-Forstbetrieb, sondern die öffentliche Hand die Straße im Jahr 1848 durch das sehr schwierige Gelände gelegt und seither immer wieder ausgebaut.

Durch kranke Bäume am Steilhang (links im Bild) war die Verkehrssicherheit der Straße von Steigen hinauf nach Heiligenberg gefährdet.
Durch kranke Bäume am Steilhang (links im Bild) war die Verkehrssicherheit der Straße von Steigen hinauf nach Heiligenberg gefährdet. | Bild: Karlheinz Fahlbusch

Der Forstbetrieb argumentiert, dass er den Wald beidseits der Straße aufgrund seiner Steilheit nie wirtschaftlich nutzen konnte. Borchers: „Vielmehr sind die Bäume als natürlicher Aufwuchs entstanden, infolge der klimatischen Situation erkrankt und dann sehr rasch abgestorben. Außerdem steht der Hang gerade wegen seiner Lage zur Straße forstrechtlich unter Schutz, was zu bestimmten Bewirtschaftungsvorgaben führt.“ Der Forstbetrieb steht daher auf dem Standpunkt, dass er, obwohl Eigentümer der Fläche, für den Zustand der Bäume nicht verantwortlich ist und es gerade auch im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich unangemessen sei, diese Situation einseitig zulasten des Forstbetriebs zu lösen.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Straße von Steigen nach Heiligenberg durch den Wald gelegt. Diese Ansicht dürfte kurz darauf ...
In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Straße von Steigen nach Heiligenberg durch den Wald gelegt. Diese Ansicht dürfte kurz darauf entstanden sein. | Bild: Gemeindearchiv Heiligenberg

Die Gemeinde Heiligenberg und der Landkreis Bodenseekreis haben den Widerspruch des Forstbetriebs Fürst zu Fürstenberg zurückgewiesen. Dieser hat deshalb Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen eingereicht. Dabei geht es im Kern um die Verantwortung eines privaten Waldeigentümers für Gefahren, die zwar von seinem Grund und Boden ausgehen, aber durch übergeordnete Umstände verursacht wurden und nicht im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung stehen.

Wer das Team von 34 Personen sieht, das bei der Fällaktion dem Piloten im Helikopter zuarbeitete, kann sich vorstellen, dass hier ...
Wer das Team von 34 Personen sieht, das bei der Fällaktion dem Piloten im Helikopter zuarbeitete, kann sich vorstellen, dass hier schnell einige Kosten zusammenkommen. Bild: Hohenberger | Bild: Hohenberger

Das Gerichtsverfahren dürfte deshalb von überregionaler Bedeutung sein. Denn die Situation in Heiligenberg könnte nach den klimatischen Veränderungen, unter denen die Wälder in Deutschland gegenwärtig leiden, auch an anderen Orten anzutreffen sein. „Andererseits ist die Situation aber auch durch die beschriebenen Besonderheiten geprägt“, merkt Jens Borchers an, „sodass die Erkenntnisse aus dem Gerichtsverfahren möglicherweise nicht pauschal auf alle durch den Wald führenden Straßen übertragbar sein werden“. Auf welche Aspekte des Falles das Gericht sich letztlich stützen werde, sei dessen Sache.

Und das sagt das Landratsamt zu der ganzen Sache

Bereits 2019 wurde erstmalig durch eine Polizeiverfügung der Gemeinde Heiligenberg die FF-Forstverwaltung verpflichtet, Bäume auf dem betreffenden Hanggrundstück, von denen damals eine Gefahr für den Verkehr ausging, zu entfernen. „Dem ist die Fürstliche Forstverwaltung nachgekommen. Sie hat aber gegen die damalige Polizeiverfügung Widerspruch eingelegt, den das Landratsamt Bodenseekreis als Widerspruchsbehörde abgewiesen hat“, sagt Pressesprecher Robert Schwarz vom Landratsamt in Friedrichshafen. Dagegen habe der Forstbetrieb Klage vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben, die Klage bislang aber noch nicht begründet.

„Es gibt keine Rechtsgrundlage und keinen Grund dafür, dass sich der Landkreis, und damit letztlich die Allgemeinheit, an den Kosten beteiligt.“
Robert Schwarz, Pressesprecher Landratsamt Bodenseekreis

Beim Landratsamt schließt man nicht aus, dass in Zukunft noch weitere Bäume gefällt werden müssen. „Auch ohne Polizeiverfügung ist der Eigentümer eines Waldgrundstücks von sich aus verpflichtet, dafür zu sorgen, dass von seinem Grundstück keine Gefahr für Dritte ausgeht“, so Schwarz. Beklagte im anhängigen Rechtsstreit sei aber nicht der Bodenseekreis, sondern die Gemeinde Heiligenberg als Ortspolizeibehörde – welche die Fällung verfügt hatte. Sicher ist nur, dass der Landkreis Bodensee sich nicht an den Kosten beteiligen wird. „Es gibt keine Rechtsgrundlage und keinen Grund dafür, dass sich der Landkreis, und damit letztlich die Allgemeinheit, an den Kosten beteiligt.“ Der Eigentümer sei verpflichtet, dafür zu sorgen, dass von seinem Grundstück keine Gefahr ausgeht.

Rechtsstreit bedroht Verhältnis nicht

Heiligenbergs Bürgermeister Frank Amann, der mit dem Fürstenhaus ein gutes Verhältnis hat und auch gerne zu Veranstaltungen nach Donaueschinger Schloss kommt, zu dem nun anstehenden Gerichtsstreit.

Herr Bürgermeister Amann, warum klagt Fürstenberg Forst gegen die Gemeinde Heiligenberg wegen der Kostenübernahme für die Baumfällungen? Die gefährdete Straße ist doch eine Landesstraße?

Die Klage muss sich gegen die Gemeinde richten, weil wir die polizeiliche Verfügung zur Beseitigung der Bäume – zur Gefahrenabwehr – erlassen haben. Die Gemeinde Heiligenberg ist nach dem Landespolizeigesetz als Ortspolizeibehörde zuständig. Da spielt es keine Rolle, welche Qualifizierung die Straße hat.

Das Straßenstück ist rund ein Kilometer lang und eine viel befahrene Strecke. Finden Sie es gerecht, dass Heiligenberg 200 000 Euro bezahlen soll für die Verkehrssicherheit einer Straße, die ihr gar nicht gehört?

Was ich persönlich gerecht finde, spielt hier keine Rolle. Entscheidend ist, dass die Straße nun wieder sicher befahren werden kann und nach menschlichem Ermessen keine Gefahr von den Bäumen für die Verkehrsteilnehmer ausgeht. Ein Menschenleben ist immer mehr wert als monetäre Aspekte.

Wer trägt eigentlich die Kosten für den Winterdienst und die Instandsetzung?

Das ist klar geregelt. Der Winterdienst auf Kreis-, Landes- und Bundesstraßen im Bodenseekreis wird vom Landkreis organisiert und bezahlt. Zuständig ist das Straßenbauamt, für unseren Bereich die Straßenmeisterei Überlingen. Für Winterdienst und Instandsetzungen der Fahrbahnen erhält der Landkreis Pauschalzahlungen von Land beziehungsweise Bund.

Wäre es da nicht logisch, dass entsprechend auch die Kosten für die Baumfällungen übernommen werden?

Nein, logisch wäre das aus meiner Sicht nicht. Die Waldflächen sind im Gegensatz zu den Straßenflächen in Privatbesitz, daher muss das trotz der gegenseitigen Abhängigkeiten differenziert betrachtet werden.

Wie hoch wird sich der Landkreis an den Kosten beteiligen?

Das müssen Sie den Leiter des Straßenbauamtes beziehungsweise die Juristen im Landratsamt fragen, das kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich halte aber eine Kostenbeteiligung des Landkreises in Kenntnis von Vereinbarungen zum Steinschlagschutzzaun im Hang für möglich und auch angemessen.

Waldbesitzer ist Erbprinz Christian zu Fürstenberg. Wie schätzen Sie das Verhältnis der Gemeinde zum Fürstenhaus ein?

Wir haben ein hervorragendes, sehr vertrauensvolles Verhältnis zum Haus Fürstenberg und zum Erbprinzen persönlich. Diese enge Vertrauensbasis haben wir uns durch gemeinsame Projekte und erfolgreiche Grundstücksvereinbarungen in den letzten Jahren erarbeitet.

Kann der bevorstehende Rechtsstreit dieses Verhältnis beeinflussen?

Wie immer im Leben gibt es bei Partnerschaften, geschäftlich wie privat, bei manchen Themen unterschiedliche Aspekte, Interessen und Sichtweisen. Der anhängige Rechtsstreit wird unser gutes, enges Verhältnis in keinster Weise beeinträchtigen.

Hat die Gemeinde eine Rechtsschutzversicherung für solche Dinge?

Ja, haben wir. Die Kosten für das gerichtliche Verfahren, insbesondere die Anwaltskosten, werden vollständig übernommen.

Fragen: Karlheinz Fahlbusch