Lutz Rademacher

Ein wahres Schmuckstück ist das „Hexenhisli“ der Rebberghexen in der Ortsmitte von Grüningen. Dank der Eigeninitiative dreier rüstiger Rentner erstrahlt der Innenraum wieder in neuem Glanz. In einer dreiwöchigen Aktion wurde geweißelt, liebevoll an vielen Details gefeilt und so ein kleines Kunstwerk geschaffen.

Die Idee entstand am Rentner-Stammtisch

Es begann im Oktober an einem der damals noch wöchentlichen Rentner-Stammtische. Einmal mehr sprachen die Ehrenhexen Manfred Storz (81) und Franz Schnurr (71) und die amtierende Gerümpelhexe Johann Weber (66) darüber, wie grau doch die Wände im Hexenhisli geworden seien. Das lag daran, dass auch mit Holz geheizt wird, anfangs wurde hier noch geraucht und: „Jede Fasnet geht hier der Punk ab“.

Eine Rebberghexe schwebt über Grüningen. Bild: Lutz Rademacher
Eine Rebberghexe schwebt über Grüningen. Bild: Lutz Rademacher

Das wollten die drei ändern. „Dann ging alles schnell“, sagt Manfred Storz, „Franz hatte die Idee, nächste Woche war die Farbe da und dann haben wir angefangen.“ Die komplette Beleuchtung und die Heizkörper wurden demontiert und gereinigt, der Boden neu gewachst und poliert, alle Risse in den Wänden zugegipst, und alles neu gestrichen. Für das Brennholz wurde ein Regal gebaut. Die Vorhänge wurden gewaschen und sogar Stühle und Eckbänke neu bezogen, natürlich passend zum grünen Kopftuch der Hexenmaske.

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Doch eines störte die drei Akteure noch: die kahle Wand im Zentrum des großen Raums. Dann hatte Manfred Storz die zündende Idee: „Wir malen ein Bild!“ Und er hatte er schon Vorstellungen. Vor etwa 30 Jahren hatte eine Schulklasse in Grüningen ein Bild gemalt, das als Postkarte auf dem Herbstfest verkauft wurde. Es zeigte den Ort im Winter, darüber flogen Hexen auf Besenstilen.

Dank der Initiative dreier Rentner strahlt das Hexenhisli in neuem Glanz. (v.l. Franz Schnurr, Johann Weber, Manfred Storz unter der ...
Dank der Initiative dreier Rentner strahlt das Hexenhisli in neuem Glanz. (v.l. Franz Schnurr, Johann Weber, Manfred Storz unter der überdimensionalen Hexenmaske, die beim Hexenball als Dekoration dient. Bild: Lutz Rademacher

Die Vorlage besorgte Oberhexe Jürgen Hirt. Ein Ölgemälde mit den charakteristischen Gebäude im Ort: die Kirche, das Haus Schorpp mit Nebengebäuden, das Rathaus und das denkmalgeschützte Haus mit Treppengiebel, das der ehemalige Ortvorsteher Hans-Günter Buller bewohnt. Also beschlossen Manfred Storz und Franz Schnurr, dieses Bild an die Wand zu malen und viele Rebberghexen über den Gebäuden fliegen zu lassen. Mit Kunst hatten der ehemalige Bänker und der Allround-Handwerker noch nie etwas am Hut. Das Bild wurde abfotografiert und mit einem Beamer an die Wand geworfen. Mit Bleistift wurde die Grundstrukturen vorgezeichnet.

Eine Signatur darf auf einem Gemälde nicht fehlen. Das Ortswappen und die Initialen der Künstler. Bild: Lutz Rademacher
Eine Signatur darf auf einem Gemälde nicht fehlen. Das Ortswappen und die Initialen der Künstler. Bild: Lutz Rademacher

Als die Technik versagte, weil der Beamer verrutschte, entfalteten beide doch noch künstlerisches Talent und malten freihändig. Aus verschiedenen Volltonfarben mischten sie Pastelltöne und liefen schließlich zu Hochform auf. Nur die Wolken seien nicht gelungen, meint Manfred Storz selbstkritisch. Für die zehn kleinen Rebberghexen, die über dem Ort schweben, wurden die Farben pur verwendet, detailgetreu wurden Häs und Masken abgebildet.

Die Grauen Wände werden wieder weiß. Franz Schnurr bei der Arbeit. Bild : Rebberg-Hexen
Die Grauen Wände werden wieder weiß. Franz Schnurr bei der Arbeit. Bild : Rebberg-Hexen

Für die Umrisse wurde vorher nach einem Foto eine Schablone erstellt, man muss sich eben zu helfen wissen. Damit Leben ins Bild kommt, wurden die Hexen links und rechts in verschiedenen Größen gemalt, so entsteht ein räumlicher Effekt. Wichtig ist auch das Grüninger Wappen rechts unten im Bild mit der Signatur der Künstler. „Wir sind stolz darauf, dass uns das gelungen ist“, freut sich Manfred Storz, auch wenn die beiden Laien eine Woche dafür gebraucht haben. Aber es hat sich gelohnt und es habe Spaß gemacht.

Die erste Hexe fliegt. Die anderen neun sind noch in Arbeit. Das erfordert viel Sorgfalt. Bild: Rebberghexen
Die erste Hexe fliegt. Die anderen neun sind noch in Arbeit. Das erfordert viel Sorgfalt. Bild: Rebberghexen

Manfred Storz und Franz Schnurr sind Männer der ersten Stunde. Bereits ab 1973 verfolgten sie das Ziel, einen Narrenverein in Grüningen zu gründen. Storz war die erste Oberhexe von 1975 bis 1981, Schnurr übernahm das Amt von 1983 bis 1995, bis dahin war er Kassierer. Johann Weber ist seit 35 Jahren bei den Rebberghexen und kümmert sich als Gerümpelhexe um das Inventar, den Narrenbaum und das Hexenhisli. Der Älteste, Manfred Storz ist trotz seiner 81 Jahre immer noch unter der Maske unterwegs. Er hofft, dass er auch 2022 wieder aktiv mit dabei sein kann. Die kommende Fasnet haben alle drei abgeschrieben.

Eine Signatur darf auf einem Gemälde nicht fehlen. Das Ortswappen und die Initialen der Künstler. Bild: Lutz Rademacher
Eine Signatur darf auf einem Gemälde nicht fehlen. Das Ortswappen und die Initialen der Künstler. Bild: Lutz Rademacher

Ein Pfeiler der Eschinger Fasnet

  • Die Grüninger Rebberghexen wurden 25. Mai 1975 gegründet. Die Maske entwarf Holzschnitzer Hermann Schlenker aus Tannheim zusammen mit den Gründungsmitgliedern. Seit 1980 hat die Zunft einen Fasnetwagen, seit 1985 ihr „Hexenhisli.“ Sie hat heute 90 erwachsene Hästräger und 30 aktive Kinder und Jugendliche. Der Narrenruf lautet „s‘hexet – Hui“. Die Rebberghexen sind Vollmitglied in der Schwarzwälder Narrenvereinigung.
  • Das Hexenhisli: Das Hexenhisli in Grüningen war früher Molkerei und Schlachthaus. Bereits 1981 – die Molkerei im oberen Teil hatte ihren Betrieb eingestellt und stand leer, die Rebberghexen suchten ein Domizil- bemühte sich der damalige Vorsitzende Viktor Willmann um den Raum. Erst 1985 unter Franz Schnurr bekamen die Hexen den Zuschlag. Während das Schlachthaus im unteren Teil noch in Betrieb war, wurde der obere Teil zu Straße aufgefüllt, um ebenerdig herein zu kommen. Im Dachgeschoß bekamen die Hexen einen Lagerraum.
  • Das ehemalige Schlachthaus: 20 Jahre später, nach Schließung des Schlachthauses, stand das städtische Gebäude zur Disposition. Da die Hexen bereits im oberen Teil ansässig waren, konnten sie schließlich das Gebäude für 100 Jahre pachten. Inzwischen hieß die Oberhexe Erich Thurow. 2006 wurden Pläne für einen Umbau gemacht, im November kam die Baugenehmigung. Die Wand zwischen ehemaliger Molkerei und Schlachthaus wurde abgebrochen. So entstand ein gemütlicher Raum auf zwei Ebenen. An den hinteren Teil des Gebäudes wurden ein Archiv und Sozialräume angebaut, das Dach wurde neu gemacht. Nach 1627 ehrenamtlichen Helferstunden wurde am 30. Juli 2007 die Einweihung gefeiert. Es gab Spanferkel, der damalige Oberbürgermeister Thorsten Frei hielt die Laudatio.