Es ist wie ein Vollbremsung. Nicht nur für die Wirtschaft, sondern für jeden einzelnen von uns. Der Blick in den Terminkalender zeigt gähnende Leere. Die Pause an der Kaffeemaschine macht auch nur halb so viel Spaß, wenn einem anstatt der Kollegen nur die Hausarbeit Gesellschaft leistet und der Kontakt zur Außenwelt ist auf Video-Calls und zahlreiche Telefonate beschränkt. Jeder erlebt gerade seine ganz persönliche Entschleunigung und sucht seinen ganz eigenen Weg, mit der ungewohnten Situation zurechtzukommen. Tja, Extremsituationen verstärken die individuelle Tendenz, hilfsbereit oder egoistisch zu handeln.

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Wenn es ernst wird

Viele Menschen haben in den vergangenen Wochen gezeigt: Die Region hält zusammen. Wenn es ernst wird, dann sind wir doch füreinander da. Es werden Hilfsprojekte organisiert. Man kauft für den Nachbarn ein, man unterstützt sich gegenseitig und hat plötzlich ein schlechtes Gewissen, wenn man auf Amazon und Konsorten landet und sucht doch lieber, ob das nicht auch irgendwo in der eigenen Stadt geliefert wird. Wildfremde Menschen grüßen sich plötzlich auf der Straße – es ist ja schon eine Freude, wenn man jemand in dieser Ausgestorbenheit trifft und kurze Telefonate werden zu langen Gesprächen – man hat sich plötzlich so viel zu erzählen.

Irgendwann ist es vorbei

Es sind die kleinen Dinge, die man endlich wieder zu schätzen weiß. Wenn die Freundin abends anruft und man zwei Stunden telefoniert. Wenn der Nachwuchs des Kollegen beim Video-Call verkündet „Ich male jetzt ein Bild für dich“ – und es dann stolz in die Kamera hält. Den Gruß, den die Eltern schicken. All das, was einen daran erinnert – es gibt noch andere Menschen und die haben es gerade auch nicht leichter. Und irgendwann, da werden wir uns alle wiedersehen und das werden wir dann richtig genießen.

Frust ist schnell entladen

Doch wo Licht ist, das ist auch Schatten. Und bei manch einem liegen die Nerven blank. Wo man früher noch zu Stift und Papier greifen musste und dann zum Briefkasten laufen, reicht es heute, frustriert auf dem Sofa zu sitzen, die Finger fliegen übers Handy oder die Tastatur, einfach auf senden drücken. Es ist leicht, wenn man dem anderen nicht in die Augen schauen muss. Und schon hat man seinen Frust los, fühlt sich vielleicht besser und vergisst dabei: Auch am anderen Enden sitzt ebenfalls ein Mensch. Vielleicht sorgt er sich gerade um einen Angehörigen? Vielleicht kämpft er mit der Einsamkeit? Vielleicht hat er Existenzängste?

Gute Beispiele

Extremsituationen verstärken sicher die individuelle Tendenz, hilfsbereit oder egoistisch zu handeln. Doch jeder selbst hat es in der Hand, wie er sich verhält und zu welcher Gruppe er gehört. Und es gibt aktuell so viele tolle Vorbilder, an denen man sich ein Beispiel nehmen kann.