Schon bei dem Begriff „Verwaltungsgebühren“ bekommt der ein- oder andere das bürokratische Gruseln. Dennoch handelt es sich um ein Thema mit Relevanz, denn es gibt viele Dinge, bei denen die Bürger die Dienste der Stadt in Anspruch nehmen. Viele dieser Leistungen gibt es ohne Entgelt, für manche verlangt die Stadt jedoch auch in barer Münze. Und wie viel sie genau dafür verlangt – darüber haben die Stadträte ausgiebig diskutiert.
Satzung überarbeitet
Vorangegangen war der Diskussion eine Aufstellung, die zuvor von der Stadt in Auftrag gegeben wurde. „Die bisherige Satzung der Verwaltungsgebühren wurde 2006 und zuletzt 2011 überarbeitet. Das sind jetzt zehn Jahre“, erklärte Oberbürgermeister Erik Pauly.
Grund genug, um sie an die heutigen Bedingungen anzupassen. Und vor allem: „Wir wollen schauen, dass die städtischen Leistungen dabei möglichst zu 100 Prozent gedeckt sind.“ Das auch mit Blick auf den anstehenden Haushalt, in dem sich die Coronakrise niederschlagen wird.
Viele Mini-Kalkulationen
In die Wirren der dafür notwendigen Berechnungen hat sich das Büro Allevo Kommunalberatung im Auftrag der Stadt gestürzt. Thomas Lanver von Allevo erklärte den Stadträten schließlich, wie sich die Berechnung der Kostendeckung ergibt und welche Faktoren dafür eine wesentliche Rolle spielen. Ein kompliziertes Zahlenwerk, dem Lanver einiges an Zeit widmete: „Es sind viele kleine Mini-Kalkulationen“, erklärte er.
Genauere Betrachtung notwendig
Mit in den Unterlagen für die Gemeinderatssitzung befand sich schließlich auch der von Allevo festgestellte Verwaltungsgebühren-Katalog. Im Vergleich dazu auch die bisher für den einzelnen Posten veranschlagten Gebühren.
Und das Ergebnis?
So ganz einverstanden zeigten sich die Räte nicht mit den dargebotenen Kalkulationen. Entsprechend wurde eine Änderung der Gebühren nicht beschlossen. Der Punkt wurde stattdessen von der Tagesordnung genommen. Damit sollen sich einige Mitglieder der Fraktionen nochmals gesondert und im Detail auseinander setzen.

Aber wieso kam es dazu?
Ein besonderer Dorn im Auge schien den Räten die Erhebung bestimmter Gebühren zu sein. So etwa im Fall einer Baugenehmigung. Kostete die den Bürger zuvor mindestens 150 Euro, sollen dafür in der neuen Kalkulation satte 1000 Euro bezahlt werden: „Eine Baugenehmigung kostet plötzlich mindestens 1000 Euro? Wenn jemand für 10.000 Euro einen Carport baut, dann ist das Verhältnis nicht mehr gewahrt“, sagte CDU-Fraktionssprecher Marcus Greiner. Niemand stelle bei solchen Gebühren überhaupt eine Bauvoranfrage. „Da ist ein Missverhältnis drin. Ich sehe mich nicht in der Lage, dem zuzustimmen“, so Greiner weiter.
„Baugebühren viel zu hoch“
„Ich habe Bauchweh über dieses Konstrukt“, so FDP-Stadtrat Markus Kuttruff. Er bemängelte, dass man die Datenquelle nicht kenne. „Man muss da die Bürgersicht im Fokus haben. Wenn die Baugebühren von 150 Euro auf über tausend Euro steigen, dann findet der Bürger das doof. Unter diesem Aspekt entsteht ein anderer Geschmack, nämlich: ‚Die wollen uns abzocken‘.“ Man sei hier an die Diskussion bei den Friedhofsgebühren erinnert, so Wagner weiter.
Unverständnis über Kalkulation
„Schon bei der Fraktionssprecher-Sitzung gab es hier Unverständnis“, sagte Grünen-Fraktionssprecher Michael Blaurock. Auch die Zusammenstellung der Gebührensätze sei nicht nachvollziehbar. So gebe es eine 30-Prozent-Pauschale, die je nach Mitarbeiter mit eingerechnet werde: „Wenn zehn Mitarbeiter an diesem Platz arbeiten, dann kommen von jedem noch die 30 Prozent mit rein. Das ist nicht gerecht gegenüber dem Gebührenzahler.“ Es sei außerdem das Bedürfnis vieler Gemeinderäte zu erfahren, was sich durch die neuen Gebühren auf der Einnahmenseite verändere: „Und wo lagen wir vorher?“

Besondere Härte
„Wir sollten da einen Vergleich haben. Wie hat sich das entwickelt“, so GUB-Fraktionssprecher Marcus Milbradt. „Können wir beim Baugesuch nicht geringere Bauvorhaben davon abkoppeln. Ginge das rechtlich?“ Nach gleichem erkundigte sich auch SPD-Fraktionssprecher Jens Reinbolz: „Der Mindestbetrag beim Bau ist sehr hoch. Ist der reduzierbar?“ Es sei gut, die Kosten zu tragen, „aber nicht mit besonderer Härte.“
Viel Arbeit steckt drin
„Das System ist gebührenrechtlich anerkannt“, erläuterte Thomas Lanver. Und bei einem Antrag auf Baugenehmigung verbringe ein städtischer Mitarbeiter in der Regel 673 Minuten mit der Bearbeitung: „In der Regel steckt da sehr viel Arbeit drin“, so Lanver. Das untermauerte auch Tobias Butsch, Amtsleiter der Bauverwaltung: „Es gibt Anträge, da sind Mitarbeiter elf Tage dran.“
Fraktionen sollen sich Gedanken machen
Einen allzu großen Spielraum habe man bei 100 Prozent Kostendeckung nicht, ermahnte der OB. „Ich würde mich jetzt aber scheuen, ein komplett neues Verfahren aufzumachen.“ Auch warnte er, komplett vom Thema abzuweichen. „Es gibt in dieser Neu-Kalkulation einige Punkte, die augenscheinlich Bauchweh bereiten. Das ist jedoch nicht schädlich. Jede Fraktion soll Punkte aufführen, mit der sie Probleme hat,“ so Pauly weiter.
Nachvollziehbarkeit
Ziel sei es, die Sache für den Bürger nachvollziehbar zu machen: „Am Ende sind es die Bürger, die die Kosten tragen, die durch die Verwaltung entstehen.“ Wenn dann am Ende der Verwaltungsaufwand höher sei, „dann ist das auch keine Gerechtigkeit.“ Man hatte jetzt zehn Jahre eine Gebühr, „die muss jetzt nicht sofort geändert werden. Wir müssen uns die Zeit nehmen und die Punkte klären.“
„Das kann so nicht abgestimmt werden“
Das Fingerspitzengefühl fehle bei der Kalkulation, sagte FDP-Fraktionssprecher Rainer Hall. „Das kann so nicht abgestimmt werden. Gegenüber den Bürgern ist das nicht verantwortbar. Es geht um einen abstimmungsfähigen Vorschlag.“ Wie es hier stehe, „so wollte es die Verwaltung“, sagte Michael Blaurock. „Da kann man durchaus sagen, dass das Fingerspitzengefühl fehlte. Das wird man sich anhören müssen.“
Das Thema zeige Sinn und Zweck solcher Diskussionen im Gemeinderat: „Die Zeit ist notwendig, dass alle verstehen, wie die Kalkulation stattgefunden hat“, so Erik Pauly. Der Vorschlag wurde schlussendlich von der Tagesordnung genommen.