Viele hatten sich gefreut auf die närrischen Tage – auf ein bisschen Fasnet Corona zum Trotz. Doch nach den russischen Raketen-Angriffen auf mehrere Großstädte in der Ukraine in der Nacht zum Donnerstag halten auch die Narren inne. Was wird nun aus der Fasnet?

Villingen

Roland Wehrle, Präsident des VSAN.
Roland Wehrle, Präsident des VSAN. | Bild: Philipp von Ditfurth/dpa

Roland Wehrle, Präsident der Schwäbisch-alemannischen Narrenvereinigung ist früh am Donnerstag beim Gottesdienst in Furtwangen. Für ihn war die Messe „eher ein Friedensgottesdienst“, sagt er.

Wehrle ist im Häs unterwegs. Der Angriff auf die Ukraine sei „natürlich ein Schlag für die Fastnacht in die Magengrube“ sagt er. Und: „Das drückt bei uns allen auf die Stimmung.“

Ziemlich grimmig entfährt es dem Sozialdemokraten: „Putin ist jetzt natürlich endgültig demaskiert.“

Die Fasnet werde dennoch weitergehen. „Wir können nicht bei jeder Krise unser Brauchtum ausfallen lassen“, sagt der VSAN-Präsident. Und fügt hinzu: „Ich wünsche allen betroffenen Menschen, dass sich diese Krise rasch irgendwie löst.“

Henry Greif, Vorsitzender der Stadtharmonie Villingen.
Henry Greif, Vorsitzender der Stadtharmonie Villingen. | Bild: Hans-Jürgen Götz

Henry Greif, Vorsitzender der Stadtharmonie, sagt: „Ja, ich sehe das, was da heute Nacht geschehen ist.“ Er will nun mit den Harmonieverantwortlichen und mit der Zuggesellschaft eine angemessene Linie finden.

Er sagt: „Wir müssen jetzt ganz klar die Bremse in der Hand halten, aber heute am Dunnschtig wird wohl keine endgültige Entscheidung fallen.“

Markus Färber, Dirigent der Villinger Stadt- und Bürgerwehrmusik.
Markus Färber, Dirigent der Villinger Stadt- und Bürgerwehrmusik. | Bild: Michael Pohl

Markus Färber dirigiert die Villinger Stadt- und Bürgerwehrmusik. Er sagt am Donnerstagvormittag angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine, es gelte nun die Stimmung bei den Aktiven abzuprüfen und sich abzustimmen. Die Stadtmusikdirektor hofft, im Tagesverlauf ein Stimmungsbild seiner Musiker zu erhalten.

Anselm Säger, Vorsitzender der Narrozunft.
Anselm Säger, Vorsitzender der Narrozunft. | Bild: Trippl, Norbert

Die Zünfte: Um 10.30 Uhr dann haben sich die Villinger Fastnachter abgestimmt. „Wir lassen das laufen“, sagt Anselm Säger, Vorsitzender der Narrozunft. Die wenigen Termine, die es überhaupt gebe, wolle man wie geplant abhalten.

Bedeutet: Die Konzerte auf dem Villinger Münsterplatz am Sonntag sollen stattfinden. Auch die beiden Abende zur Kneipenfastnacht am Donnerstag und Samstag fänden bei Hexenzunft und Narros statt. Die Abende werden auch ins Netz übertragen.

Donaueschingen

Michael Lehmann, Zunftmeister der Donaueschinger Narrenzunft Frohsinn.
Michael Lehmann, Zunftmeister der Donaueschinger Narrenzunft Frohsinn. | Bild: Roger Müller

Michael Lehmann hat bereits am Morgen des Schmotzige von „einer bekannten Donaueschingerin“ Nachricht bekommen, dass für sie die Fasnet jetzt ausfalle. Sie habe bereits Karten für den ersten Eschinger Narredag am Sonntag erstanden, die wolle sie jetzt spenden.

„Das erinnert natürlich sofort an die 1990er-Jahre und den Golfkrieg“, erklärt der Zunftmeister der Donaueschinger Narrenzunft Frohsinn. Das Thema sei schwierig und das es einen ja nicht betreffe, das sei leicht daher gesagt: „Bei uns fliegen ja keine Raketen.“

Es stelle sich dieser Tage allerdings immer die Frage, was moralisch noch vertretbar sei: „Etwa wenn Fasnet stattfindet – und in den Krankenhäusern viele Menschen mit Corona liegen.“ Dass ein Krieg in Europa stattfinde, sei weit weg gewesen, „ist jetzt aber Realität geworden“.

Bräunlingen

Matthias Reichmann, Zunftmeister der Bräunlinger Narrenzunft Eintracht.
Matthias Reichmann, Zunftmeister der Bräunlinger Narrenzunft Eintracht. | Bild: Dagobert Maier

Matthias Reichmann: „Wir sind alle geschockt über die Nachricht“, sagt der erste Zunftmeister der Bräulinger Narrenzunft Eintracht am Donnerstagmorgen. Schon früh habe man die ersten Nachrichten über den Angriff auf die Ukraine gehört.

Dabei seien schnell Erinnerungen wach geworden: „So wie damals beim Golfkrieg“, sagt Reichmann. 1991 eskalierte der Konflikt im Irak und die Narren beschlossen, die Fasnet abzusagen. Mit allen Konsequenzen für bereits organisierte Veranstaltungen.

„Das war uns damals eine Lehre. Was läuft, das läuft – egal ob wir Fasnet feiern. Fasnet ist Fasnet – und Weltpolitik ist Weltpolitik“, sagt Reichmann. Als Narr könne man nicht viel daran ändern, „wenn die Oberen größere Narren sind als wir“.

St. Georgen

Alexandra Pies, Zunftmeisterin der Narrenzunft St. Georgen.
Alexandra Pies, Zunftmeisterin der Narrenzunft St. Georgen. | Bild: Sprich, Roland

Alexandra Pies: „Natürlich lässt uns Narren so etwas nicht kalt“, sagt die Zunftmeisterin der Narrenzunft St. Georgen. Sie habe bis zuletzt gehofft, dass es im Ukraine-Konflikt eine friedliche Lösung gibt.

„Es zeichnete sich zwar ab, aber dennoch war ich sehr erschrocken, als es am Morgen losging. Krieg ist immer sinnlos“, sagt Pies.

Dass in der Ukraine der Krieg beginnt, wenn hierzulande bei den Narren nach zweijähriger Durststrecke zaghafte Fastnachtsstimmung aufkeimt, dämpfe die Stimmung etwas.

Matthias Aberle, Chef der Närrischen Bürgerwehr Peterzell.
Matthias Aberle, Chef der Närrischen Bürgerwehr Peterzell. | Bild: Sprich, Roland

Matthias Aberle: „In mir kommen ähnliche Gedanken auf wie in den 1990er-Jahren, als die komplette Fasnacht wegen des Golfkriegs abgesagt wurde“, sagt der Vorsitzende der Närrischen Bürgerwehr Peterzell.

Man habe das Thema am Donnerstagmorgen intern diskutiert. Da bei der Bürgerwehr aber aufgrund der Corona-Situation ohnehin weder ein Fastnachtsball noch andere große Veranstaltungen stattfinden, habe man sich dazu entschlossen, die verbleibenden Aktionen „in kleiner Form“ stattfinden zu lassen.

„Aber klar“, sagt Aberle, „man tut sich etwas schwerer“.