Gemeinsam über kleine Missgeschicke und Anekdoten lachen, das gehört zu Fasnacht wie die Fasnetsprüche oder die Verkleidung. Einen ganz besonderen Stellenwert haben die lustigen Geschichten, die im vergangenen Jahr passiert sind, beim Narrenverein Klosternarr Neudingen: Pünktlich zum Schmutzigen Dunnschtig wird nämlich vom Elferrat das Narreblättli verkauft, das alle lustigen Geschichten des vergangenen Jahres bündelt.
Diese Tradition geht bereits bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurück: Damals wurden die Geschichten noch nicht niedergeschrieben, sondern beim Strählen in den Neudinger Gasthäusern zum Besten gegeben. Beim Strählen wird das Gesicht mit einer Maske verdeckt und die Narren können sich somit die Wahrheit ins Gesicht sagen.

Die ersten Narreblättli-Ausgaben, die heute noch existieren, stammen aus dem Jahr 1936. Sie werden heute in den Archiven des Narrenvereins aufbewahrt und zu besonderen Anlässen herausgeholt und gelesen. Auf ihr großes Fastnachts-Archiv sind die Neudinger Narren nämlich sehr stolz. „Wir achten darauf, dass wir in jedem Jahr ein Narreblättli archivieren. Oftmals werden die alten Narreblättli auch nochmals durchgeblättert, wobei die älteren Narreblättli, die schon fast 90 Jahre als sind, eine besondere Rarität sind“, erzählt der Schriftführer der Klosternarren Bernd Laufer.
Heutzutage läuft die Produktion des Narreblättlis ein bisschen anders ab als damals: „Der Elferrat schreibt über das ganze Jahr die lustigen Geschichten auf. Natürlich gibt es noch weitere fleißige Narren, die die Elferräte in ihrer Arbeit tatkräftig unterstützen und die Vorfälle dann bei uns melden, sodass wir diese weiterverarbeiten können“, erzählt Bernd Laufer. Mit „Weiterverarbeiten“ ist dabei das Umdichten der Geschichten in Reime gemeint, die in Dialektform geschrieben sind. Das Neudinger Narrenblättli wird nämlich in Reimform veröffentlicht, was die Arbeit sehr mühsam macht. „Die Geschichten werden von mir gesammelt und dann an besondere Dicht-Talente weitergegeben. Diese schreiben die Erzählungen dann um“, so der Schriftführer. Ab und an kann es jedoch auch vorkommen, dass die Anekdoten bereits in Reimform bei der Redaktion, die unter der Leitung von Bernd Laufer steht, eingereicht werden.
Als Redakteure beziehungsweise Dichter hat Bernd Laufer einen festen Mitarbeiterstamm: Beate Keller, Martina Münzer, Bernd Matt und Arnold Münzer gehören dazu. Es kommen jedoch immer wieder neue Helfer ins Team. Die umgeschriebenen Geschichten werden im Anschluss zu einem Büchlein zusammengefasst und gedruckt: „Wir achten immer darauf, dass wir circa 15 bis 20 Geschichten haben, die das Narreblättli füllen. Zusätzlich zu diesen Anekdoten werden noch Fasnetsprüchle sowie der Narrenfahrplan veröffentlicht“, so Bernd Laufer.
Vorfreude ist groß
Gesammelt werden die Geschichten bis zum Wochenende vor dem Schmutzigen Dunnschtig, sodass auch noch ganz neue Geschichten aufgenommen werden können. Das gedruckte Narreblättli wird dann am Schmutzigen Dunnschtig von circa 8 bis 10 Uhr vom Elferrat verkauft. Dabei geht es noch sehr persönlich zu. Der Elferrat läuft von Haus zu Haus, klingelt überall und hält noch das ein oder andere Schwätzchen mit den Neudingern. „Die Bürger freuen sich immer auf unser Erscheinen. Sie erwarten uns immer schon und so können wir in jedem Jahr unsere komplette Auflage verkaufen“, erläutert Bernd Laufer.
Neuer Narrenkasten
Damit die Tradition des Narreblättlis in Neudingen nicht ausstirbt, wurde in diesem Jahr zum ersten Mal ein „Narrenkasten“ am Vereinshaus angebracht. Dieser soll dazu einladen, lustige Anekdoten aufzuschreiben und dort einzuwerfen. Dies kann auch gerne anonym erledigt werden.
Durch diese Aktion erhoffen sich die Narren eine größere Beteiligung der Bewohner. Neudinger, die sich bisher eventuell nicht angesprochen gefühlt haben, haben so eine einfach Möglichkeit, das Narreblättli mitzugestalten. (aw)