Viel wird gerade über Tübingen gesprochen. Schließlich wird in der Stadt von OB Boris Palmer mit dem Modellprojekt „Öffnen mit Sicherheit“ untersucht, inwieweit Schnelltests Öffnungen sinnvoll begleiten können. Das Ziel: neue Wege im Umgang mit der Corona-Pandemie zu finden.

Doch was hat Tübingen mit der Baar zu tun? Ziemlich viel, wenn es nach den vier Stadtoberhäuptern Erik Pauly (Donaueschingen), Markus Keller (Blumberg), Micha Bächle (Bräunlingen) und Michael Kollmeier (Hüfingen) geht.

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Die vier haben sich nämlich in den vergangenen Wochen viele Gedanken gemacht und nun einen Brief an den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und den Gesundheitsminister Manne Lucha geschrieben. Der Betreff: Projekt „Südbaar öffnet mit Sicherheit“ – Eckpunkte Tagesticket Südbaar.

Funktioniert das Konzept auch über mehrere Städte?

„Wir dachten, wir müssen reagieren. Tübingen ist in der Bekämpfung der Corona-Pandemie recht erfolgreich, aber wir haben die Sorge, dass das Erlernte nur für große Städte anwendbar ist“, sagt Blumbergs Bürgermeister Markus Keller, der für das Projekt „Südbaar öffnet mit Sicherheit“ die Kommunikation übernommen hat. Doch wenn die Erfahrungen nur für große Städte gesammelt würden, wäre das nicht zielführend in einem Bundesland, das zu 80 Prozent aus ländlichem Raum besteht.

„Wir wollen einfach testen, ob so ein Konzept auch über mehrere Städte hinweg funktionieren kann, denn unser Leben hört ja nicht an der jeweiligen Stadtgrenze auf. Das ist in der Krise unser Problem. Aber auch unsere Stärke“, erklärt Keller.

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Die Hoffnungen, dass in Stuttgart den vier Kommunen die Chance gegeben wird, das Projekt umzusetzen, wertet Keller als „positiv“ und „realistisch“. Schließlich habe man ja keinen Schnellschuss gemacht, sondern viel im Vorfeld bedacht. Vieles hänge von den Testmöglichkeiten ab. „So etwas kann man natürlich nicht machen, wenn man am Tag nur 200 Tests für die 40.000 Einwohner im Städteviereck anbieten kann“, sagt Keller.

Selbstbewusst gegenüber der Landesregierung

Doch in Donaueschingen wurden die Kapazitäten beim Roten Kreuz an der Schulstraße bereits erweitert. Und auch in Hüfingen und Bräunlingen gibt es entsprechende Möglichkeiten.

Seit Freitagnachmittag gibt es auch in Blumberg eine Testmöglichkeit. „Wenn wir sieben Stunden am Tag testen, dann könnten wir mit allen Abstandsregeln 700 bis 800 Menschen testen“, sagt Keller. Die Kapazitäten wären also nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern wirklich vorhanden.

„Wir wollen einfach testen, ob so ein Konzept auch über mehrere Städte hinweg funktionieren kann, denn unser Leben hört ja nicht ...
„Wir wollen einfach testen, ob so ein Konzept auch über mehrere Städte hinweg funktionieren kann, denn unser Leben hört ja nicht an der jeweiligen Stadtgrenze auf.“Bürgermeister Markus Keller | Bild: Ruth Keller

Selbstbewusst treten die vier Städte gegenüber der Landesregierung auf: Die Südbaar biete optimale Voraussetzungen, um weitere Öffnungsschritte im ländlichen Raum unter verschärften Hygieneauflagen und unter Beobachtung der Infektionszahlen zu erproben.

Erkenntnisse aus diesem Projekt könnten allen Flächengemeinden in Baden-Württemberg als Umsetzungsempfehlung dienen und wären damit gleichzeitig eine Perspektive für Unternehmer.

So soll das Ganze aussehen

In Blumberg, Bräunlingen, Donaueschingen und Hüfingen wäre das „Tagesticket Südbaar“ der erste Schritt zurück zur Normalität, die sich alle sehnlich wünschen. Das Ticket soll als Nachweis über einen tagesaktuellen negativen Corona-Schnelltest dienen und somit die Voraussetzung bieten, zahlreiche Betriebe und Einrichtungen sowie Gastronomie nutzen zu können, ohne dass dabei unverantwortliche Risiken eingegangen werden müssten.

Dafür brauche es eine erweiterte Testpflicht, die für alle Kunden der Südbaar ab 14 Jahre gelten soll. Für die kostenlosen Schnelltests würden in allen Städten Testmöglichkeiten bereitstehen.

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Im Gegenzug zur erweiterten Testpflicht sollen auf der Südbaar die Einzelhandelsgeschäfte und die Kunst- und Kultureinrichtungen wie Kinos und Bibliotheken wieder für den Publikumsverkehr öffnen dürfen. Perspektivisch in einem zweiten Schritt – bei besserer Witterung – dann auch die Außengastronomie.

Lockerungen für Einzelhandel und Kultur

„Im März braucht man sich bei uns, über so etwas noch nicht Gedanken machen. Aktuell wüsste man ja nicht, ob man auf seinen Spaghetti wirklich Parmesan hat oder doch eher Schnee“, sagt Keller.

Diese Rückmeldung hätte er auch aus der Gastronomie bekommen und auch der Gastrozirkel in Donaueschingen sieht eine Außenbewirtung bei der aktuellen Witterung eher kritisch. „So etwas kann man aktuell vielleicht in Tübingen oder Freiburg machen, aber nicht bei uns auf der Baar“, erklärt Keller.

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Die Lockerungen sollen nur für den Einzelhandel und für Kultureinrichtungen gelten, aber nicht für Hotels, für Bildungseinrichtungen, für den Sport oder für Vereinsveranstaltungen. In diesen Bereichen gelten weiterhin die Einschränkungen der Corona-Landesverordnung. Die Betriebe und Einrichtungen, in denen die Testpflicht gilt, müssten sich das Südbaar Tagesticket oder einen tagesaktuellen Schnelltest vor dem Verkauf oder Betreten der Einrichtung vorlegen lassen.

Zum Start soll anfangs ausschließlich an den Teststationen der Städte, sowie bei Apotheken und Ärzten getestet werden. Im weiteren Verlauf könne aber auch über eine Erweiterung nachgedacht werden. Betriebe, die einer Testpflicht unterliegen, könnten für die Nutzung ihres Angebots auch einen Schnelltest vor Ort anbieten. Dieser Schnelltest soll dann jedoch nur in dem Unternehmen gültig sein.

Abweichungen von Verordnung zulässig

Die vier Stadtoberhäupter haben auch in der Corona-Verordnung einen entsprechenden Paragrafen gefunden, der im Einzelfall sowohl weiterreichender Maßnahmen, als auch Abweichungen von der Verordnung zulässt. „In der Begründung der Corona-Verordnung wird darunter explizit die Möglichkeit von Erprobungen von Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung gefasst, wenn aus diesen zusätzliche Erkenntnisse und Umsetzungsempfehlungen für die landesweite Pandemie-Bekämpfung im Sinne der bisherigen Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz gewonnen werden können“, heißt es in dem Schreiben an den Ministerpräsidenten und den Gesundheitsminister.