Es muss etwas passieren mit dem Quellhöfle. Das weiß Besitzer Tilmann Rothweiler und handelt. Das Mitte der 90er Jahre sanierte Hof-Ensemble an der unteren Karlstraße mit seinem malerischen Innenhof hat zuletzt seine Anziehungskraft verloren. Nicht erst im Lockdown. Gastronomen wechselten. Der bislang letzte konnte sich nach dem Start im Frühjahr 2020 nicht lange behaupten.
So standen Restaurant und Weinstube, Impulsgeber eines genießerischen Ausgeh-Völkchens, leer. Und damit auch alle Optionen, mit den Möglichkeiten dieser Immobilie zu arbeiten, mit ihr zu spielen, sie zu verstehen.

Das soll sich jetzt ändern. Das Quellhöfle soll wieder zur Location werden. Quasi im Paket präsentiert Rothweiler nun ein Trio, von dem er sich erhofft, ein kleines Donaueschinger Szene-Ensemble zu schaffen. „Die können gut miteinander“, lobt er Stefan Baur, Friedrich Hucke und Marius Simon.
Handwerker in verschiedenen Metiers
Der erste ist ein Holzhandwerker, der nun Rahmen in einer gläsernen Werkstatt fertigen möchte, der zweite ein Künstler, der sich nach einer Galerie sehnt, der dritte Koch, der für seine Gäste eine Mischung aus Tradition und Moderne auf den Teller bringen möchte.
Allesamt sind die drei Handwerker in ganz verschiedenen Metiers, und allesamt sind sie bedacht, ihr Können Menschen zugänglich zu machen. „Das ist eine regelrechte Explosion“, schwärmt Rothweiler vom kreativen Impuls, der sicher auch dem Altbestand des Quellhöfle – Tanzschule, Massagepraxis, Kieferorthopäde oder Friseurin – zugutekommen dürfte.
Ein Veränderung musste her
Für jeden der neuen Pächter gilt: Er verwirklicht einen Traum. Stefan Baur war viele Jahre bei einem Automobilzulieferer beschäftigt. Vom Landmaschinenmechaniker ging sein beruflicher Werdegang über den Betriebswirt zum Entwicklungsleiter. „Da war immer weniger Handarbeit“, bedauert der 56-Jährige. Eine Holzwerkstatt im Keller erfüllte ihm parallel den Wunsch, handwerklich tätig zu sein. Doch eine Veränderung musste her. Im Ladenlokal im Quellhöfle wird Baur ab Juli ganz individuelle Rahmen bauen.
Von der einfachen Leiste bis zum vergoldeten Exemplar, von Taschenbuchgröße bis zu Rahmen mit maximal drei Meter Kantenlänge. Seinen Maschinenpark, zu dem “Gärungssäge, Gärungsstanze, Hebelschere, Glasschneider, Heftmaschine oder Vakuum-Thermopresse“ gehören, hat er schon installiert, hat sie in einen staubfreien und einen Holzbaubereich gegliedert und den von der Karlstraße zugänglichen Laden mit ansprechenden Rahmenproben ausgestattet.
In gläserner Werkstatt
Gleichzeitig freut er sich, öffentlich zu produzieren. Wer etwas Zeit mitbringt, kann zuschauen, wie der Wunschrahmen entsteht. „Ich freue mich darauf, so für das Handwerk zu werben“, sagt er. Die Kosten für die höheren Sicherheitsvorkehrungen bei einer gläsernen Werkstatt nimmt er dabei in Kauf.

Im August bezieht Friedrich Hucke die Räumlichkeiten, in der bisher eine Shiha-Bar war. Er sei von Anfang an vom Konzept mit vielen Synergien begeistert gewesen, sagt der 68-Jährige, der nach Lebensabschnitten als Kriminalbeamter in Frankfurt auf Terroristen- und Mörderjagd sowie mehr als 20 Jahren Künstlerleben in Valencia/ Spanien seit einem Jahr in Donaueschingen lebt – zugezogen auf die Baar nach einer Internetfreundschaft aus der sich Liebe und die Ehe mit seiner heutigen Frau Anna entwickelte.
Hucke will seine Kunst mit anderen teilen
Er habe Lust darauf, seine Kunst zu teilen, sagt er. Folgerichtig startet er mit einer Schau eigener Werke. Hucke liebt es, Klischees zu verfremden. Etwas das, was man vom Schwarzwald erwartet. Grafische Collagen verfeinert er am Computer und macht sie, etwa indem er kleine Kuckucksuhren hinzufügt, zu dreidimensionalen Objekten. Durch seine vielfältigen Kontakte mit Künstlerkollegen will er es aber auch schaffen, zwei bis drei Ausstellungen pro Jahr in seine Galerie zu bringen.
Marius Simon schließlich, ist der Part, der die Gäste im Quellhöfle satt machen möchte. Der 33-Jährige ist schon fast sein halbes Leben Koch, stammt aus Bremen, lebt mit seiner Lebensgefährtin in Donaueschingen und bringt besondere Berufserfahrung an seine neue Wirkungsstätte. Zwei Jahre lang war er mit dem Schiff auf Weltreise: Als Vize-Chef eines über 100-köpfigen Küchenteams auf einem exklusiven Kreuzfahrtschiff.
Bodenständig und experimentierfreudig
Nach weiteren Stationen an Land, unter anderem im ausgezeichneten „Schranners Waldhorn“ in Bebenhausen, hat er jetzt Lust, seine Experimentierfreude in der eigenen Küche auszuleben: mit kulinarischen Überraschungen für seine Gäste. Seinen Stil sieht er bodenständig und traditionell mit vielen Ansätzen, handwerklich zu arbeiten und das Lebensmittel selbst in den Mittelpunkt seiner Kochkunst zu stellen. „Bei mir gibt es etwa saure Kalbsbrust mit Spätzle ebenso wie Maultaschen oder Pasta, die ich selbst herstelle“. Authentische Küche des jungen Gastronomen, der sich auch als Weinkenner versteht.

Aber auch auf spannende asiatische und mediterrane Einflüsse dürfen sich seine Gäste einstellen – Mitnahmeeffekte seiner kulinarischen Weltreise. Deshalb werde die Speisekarte etwa alle vier bis sechs Wochen wechseln, Bestandsgerichte sollen bleiben: Ganz wie sich der Geschmack der Gäste entwickelt.
Symbiose funktioniert schon
Erste Ergebnisse der Zusammenarbeit des Trios liegen vor. Stefan Baur hat ganz exquisite Speisekarten für das neue Lokal kreiert, das sich „Wirtschaft im Quellhöfle“ und „Weinstube im Quellhöfle“ nennen wird. Friedrich Hucke hängt demnächst Bilder auf in dem Lokal, das mit Bildern und Mobiliar aus dem Hotel Frank eine weitere Form von Gastronomie-Tradition wahrt. Nicht zu vergessen am Ende der Innenhof, in dem Livekonzerte, Lesungen oder andere Kulturveranstaltungen stattfinden sollen. Ein genauer Öffnungstermin steht noch nicht fest. „Irgendwann in den nächsten Wochen“, sagen Rothweiler und Simon.