Donaueschingen – Ein sicherlich unvergessliches Erlebnis teilten sich rund 150 Besucher der Stadtkirche St. Johann. Als Fortsetzung der Reihe „Impuls von der Quelle“ unter dem Jahresthema 2025 „Vielfalt im Leben“ mit Gedanken zu Themen der Toleranz vielfältigen Lebens aus christlicher Perspektive wurde die Kirche kurzerhand in einen Kinosaal umfunktioniert. Vor dem Altarraum stand eine große Leinwand, auf der Charlie Chaplins Stummfilmklassiker „The Kid“ zu bewundern war. Das Besondere war die Filmmusik, denn die kam von der Kirchenorgel.

Musikerin verfolgt Film live

„Nachtimpuls zum Valentinstag“ hieß die Veranstaltung, zu der Initiatorin und Kirchenmusikerin Patricia Ott „Jung und Alt, Paare, Singles und Familien“ eingeladen hatte. Auftakt des Abends war ein Gottesdienst, untermalt vom Chor „New Spirit“. In einer einstündigen Begegnungspause wurden die Anwesenden dann auf Kino eingestimmt. Da durfte die Popcornmaschine nicht fehlen. Hierfür und für ein Glas Sekt oder Bionade sorgten Pastoralreferentin Diana Shimoail und Bernhard Holtkamp vom Kirchenförderverein. Währenddessen bereitete Patricia Ott ihren Auftritt vor. Hierzu hatte sie an der Orgel ein Notebook platziert, von dem aus sie den Film auf der Empore live mit verfolgte.

Und wie kam sie auf die Idee, einen Stummfilm mit der Mönch-Orgel in der Kirche zu begleiten? „Die Idee ist naheliegend. In der Anfangsphase gab es nur Stummfilme, weil es noch keinen Ton gab. Dann hat man immer die Filme mit einem Tasteninstrument begleitet. Deshalb ist es als Organist passend, dass man so etwas auch einmal macht“, sagt sie und verrät auf Nachfrage, dass sie diesen Film schon einmal für eine Aufführung vertont hat. „Das war in München in St. Laurenzius“. Damit ließ die vielseitige Musikerin die ursprüngliche Aufführungspraxis dieser Filme aufleben. Aber die Zusammenstellung der Musik kommt ganz alleine von ihr. „Ich habe das strukturiert mit Stücken, die zu der jeweiligen Szene passen.“

Teilweise müsse man auch zum Film improvisieren, damit es zeitlich zusammenpasst. „So haben das Stummfilm-Organisten auch gemacht. Manche haben auch mit einer Partitur gespielt und sich Notizen in die Noten gemacht. Oft mussten sie das dann aber anpassen, weil die Filme zum Teil gerissen sind. Dann war es auf einmal kürzer oder länger.“ Die ursprüngliche Idee liegt schon eine Zeit zurück, als ein Kollege Otts den Stummfilm „Der müde Tod“ von Fritz Lang vertont hatte.

Was sagen denn die Verantwortlichen zum Kino in der Stadtkirche? „Pfarrer Loks ist sehr offen und auch alle anderen im Seelsorgeteam fanden das gut. Wir sehen das heute gar nicht als weltliche Veranstaltung, sondern auch als eine Art Gottesdienst, denn der Film „The Kid“ ist fast wie eine Predigt, er hat enormen spirituellen Gehalt“, erläutert die Musikerin.

Die Herausforderung für eine Organistin ist in Donaueschingen das rasche Umregistrieren im Takt der Szenenwechsel. Deshalb soll die Orgel demnächst mit einer heute üblichen, programmierbaren Setzer-Anlage nachgerüstet werden. Für dieses Projekt warb Patricia Ott in ihrer Begrüßung um Spenden.

Dennoch meisterte die Donaueschinger Kirchenmusikerin ihre Aufgabe mit Bravour. Film und Musik liefen absolut synchron. Auch die Auswahl der Stücke passte perfekt zur Stimmung in den einzelnen Szenen. Hierfür hatte sie Kompositionen von Charlie Chaplin, George Gerhwin und Mussorgsky, zeitgenössische Musik oder auch Klassik zusammengestellt. Der Film selbst enthielt trotz des ernsten Hintergrunds viele lustige Passagen, was die Anwesenden öfter zum Lachen brachte. Nach dem letzten Ton standen alle auf, drehten sich zur Empore um und zollten der begabten Organistin minutenlang Applaus. „Es war echt super. Normalerweise kennt man so etwas nur aus der Kinderzeit im Fernsehen. So haben sie früher Kino geschaut“, lauteten die Kommentare.

Das sagen Besucher

„Die Leistung von Patricia Ott war unbeschreiblich“, schwärmte Heiko Weber aus Neudingen. „Es war sehr beeindruckend. So ein Film, die Atmosphäre und das Orgelspiel dazu“, freute sich Ulrich Mehnert aus Bräunlingen. „Ich kenne den Film schon und sie hat das super gemacht“, so Yuko Götte aus Donaueschingen.