Wenn plötzlich das Licht ausgeht, der Kühlschrank seinen Dienst versagt und der Computer auf einmal ausgeht, dann kann die Ursache ein Stromausfall sein. Dazu kommt es jedes Jahr mehrfach, und das aus unterschiedlichen Gründen.
Das weiß Hans-Dieter Meyer. Er ist zuständig für Sonderprojekte beim Energieversorger ED Netze und leitete viele Jahre lang den Fachbereich Betrieb und Unterhalt der Verteilnetze. Im Geschäft ist er schon über 30 Jahre. „Unsere Netzbetriebsmonteure sind bei Wind und Wetter draußen, wenn es in unserem Netzbereich Probleme gibt“, erklärt er.
War es früher anders?
Mit der modernen Technik ist es aber sicher so, dass es heute nicht mehr so viele Ausfälle gibt wie früher – oder etwa nicht? „Groß verändert hat sich das nicht“, sagt Meyer. Das subjektive Gefühl vieler Kunden ist dennoch ein anderes. Noch vor Jahren muss das doch anders ausgesehen haben. Meyer kann jedoch mit Daten beweisen, dass das nicht der Fall ist.

Netzausfälle
„Es gibt eine Netzausfallstatistik. Alle Verteilnetzbetreiber müssen der Bundesnetzagentur Ausfälle mitteilen. Daraus ergibt sich ein komplexes Ausfallschema, mit dem Vergleiche möglich sind“, sagt Meyer. Der schlussendliche Wert wird mit SAIDI abgekürzt und steht für System Average Interruption Duration Index. „Er zeigt den Netzausfall pro Tarifkunde pro Jahr.“ Heraus kommt ein in Minuten angegebener Wert. „Für 2020 gibt es den Bundesdurchschnitt von 10,7 Minuten, den jeder Kunde hatte“, erklärt Meyer. Die Ausfälle seien dennoch nicht überall gleich.
Etwas schlechter als der Schnitt
Im Gebiet von ED Netze lag er in 2020 etwa bei 16,7 Minuten, „etwas schlechter als der Bundesdurchschnitt.“ Das kann Meyer jedoch erklären: „Das hängt auch mit unserer Gegend zusammen. Sie ist topografisch sehr anspruchsvoll. Der Schwarzwald, bis zum Hochrhein, den Bodensee bis hinter Engen.“ Auch das Klima sei recht anspruchsvoll: „Etwa die starken Orkane, Schneestürme oder Starkregenereignisse. Das hat zugenommen.“
Problemfall Freileitung
Es gebe einen hohen Freileitungsanteil und viele Häuser werden noch über das Dach versorgt. „Das ist natürlich anfälliger gegen Schnee und Wind.“ Im Norden der Bundesrepublik habe man mit den eher sandigen Böden einen höheren Verkabelungsgrad unter der Erde, was die Netze unanfälliger gegen atmosphärische Einflüsse macht.
Große Ereignisse
Trotz der eher schwierigen Lage habe man in der Statistik den gleichen Verlauf wie die übrige Republik. „Klar hatten wir herausragende Schadensereignisse wie etwa die Stürme Lothar oder Kyrill, aber ich kann nicht sagen, dass es mit den Ausfällen tendenziell in den vergangenen zehn bis 15 Jahren besser oder schlechter geworden ist“, so Meyer.
Viel mehr Elektronik
Was jedoch heute verstärkt gemacht werde: „Die Netze werden mehr und mehr mit Elektronik ausgestattet.“ Hatte man früher die Energierichtung vom Kraftwerk über die Leitungen zum Hausanschluss, „so gibt es heute auch Gegenverkehr.“ Fotovoltaik-Anlagen beispielsweise speisen ihren Strom überall ein. „Diese Energie muss abgeführt werden. Dafür braucht es mehr Regelungstechnik und Überwachung, um die geforderte Spannungsqualität im Netz gewährleisten zu können.“
Intelligente Netze
Durch die vielen Regler im Netz handle es sich schon fast um intelligente Netze und Geräte. „Das sorgt, zusammen mit dem Störungsmanagement, für verschiedene Effekte, die sich auch in der Statistik überlagern“, erklärt der Fachmann. Ohne die Technik hätte man allerdings eine viel schlechtere Qualität und Versorgungssicherheit: „Jedoch sind die Menschen viel sensibler geworden – und abhängiger von der Stromversorgung. Ist die unterbrochen, dann geht kein Telefon, skypen auch nicht. In den Supermärkten bleiben die Türen zu beziehungsweise offen – und die Kassen gehen nicht mehr.“

Viertel-Jurist geworden
Meyer hatte dann auch mit juristischen Dingen zu tun: „In all den Jahren bin ich zu einem Viertel-Juristen geworden.“ So habe er erlebt, wie sich über den Telefondienst jemand bei ihm gemeldet habe: „Er war bei dem Ausfall gerade am Brennen einer CD – und wollte wissen, wer ihm die jetzt bezahlt. Heute wird es immer schneller auch juristisch.“
Beliebig sicher sind die Stromnetze dabei nicht: „Das geht nicht. Etwa gegen das Wetter oder wenn ein Bagger die Leitung zerreißt. Es gibt beim Strom keine Garantie wie etwa bei einem neuen Auto.“
Bei Ausfall wird gesucht
Wenn es zu einem Ausfall kommt, dann ist das trotz aller modernen Systeme mit einer Suche verbunden: „Das Netz ist riesig und nicht alles auch fernüberwacht“, erklärt Meyer. Wenn man wisse wo ein Ausfall sei, dann taste man sich zusammen voran, die Fachleute von der ED Netze-Verbundleitstelle in Rheinfelden und die Netzbetriebsmonteure vor Ort. „Wir versuchen dann, möglichst schnell möglichst viel wieder einzuschalten und den Fehler zu isolieren.“ Hier gelte das sogenannte N-Minus-Eins-Prinzip: „Alles wird im Ring angelegt. Wenn der Strom über die eine Seite ausfällt, dann kann er über von der anderen Richtung zugeschaltet werden.“
Damit die Netze und die Problembehebung immer effektiver werden, schalte sich die Bundesnetzagentur ein: „Ist die Quote schlechter als ein bestimmter Schnitt, dann gibt es einen Malus zu entrichten. Ist sie besser, dann gibt es einen Bonus.“ Es sei also auch zusätzlich im Sinne der Betreiber, die Netze konstant zu optimieren.