Mit dem Amt für Öffentliche Ordnung, da ist es wie mit der Gesundheit: Man spricht erst dann davon, wenn man sie nicht mehr hat. So sieht es Andreas Dereck. Er ist Chef des Amtes für Öffentliche Ordnung in Donaueschingen. Das allerdings nicht mehr lange. Auf seinem Schreibtisch im Rathaus II steht ein kleiner Zähler, der die Tage anzeigt, die noch bis zum Ruhestand bleiben.

Dereck hat noch ein paar Urlaubstage und er wird dabei sein, wenn seine Nachfolgerin Ina Markgraf startet. „Der offizielle Ruhestand beginnt dann Ende Oktober“, sagt Dereck. Angst hat er davor keine: „Ich habe die Arbeit gerne gemacht, sonst kann man sie auch nicht machen. Aber wenn ich die Staffel übergebe, dann freue ich mich auch auf einen neuen Abschnitt.“

Wenn seine Nachfolgerin komme, dann bringe sie neue Ansichten: „Und das ist ihr gutes Recht – und auch gut so. Es tut dem Amt gut, wenn jemand Neues kommt“, sagt Dereck.

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Er kam damals 2014 zur Stadt, hatte davor im Landratsamt gearbeitet. Auch dort im Bereich für Sicherheit und Ordnung. Und bereits ein Jahr nach seinem Start in Donaueschingen stand die erste große Bewährungsprobe ins Haus: „2015 stand die Stadt in Verhandlungen mit dem Bund, um das heutige Konversionsgebiet zu kaufen“, beschreibt Dereck. Dann kamen die Flüchtlinge – und der Bund entschied sich, das Gebiet zu behalten und dort eine Erstaufnahme-Stelle einzurichten.

Neun Busse kommen an

Es geht schnell und die ersten Bewohner kommen: „Ich war dabei, als neun Busse kamen. Das war ein richtiges Volksfest. Das Rote Kreuz hat Plüschtiere an die Familien verteilt“, erinnert sich Dereck. Als scheinbar alles vorbei war und die meisten Leute schon gegangen, kam ein weiterer Bus: „Darin waren alleinstehende Männer, die sich auf den Weg zum Bahnhof machten.“ Wie erst später herauskam, befanden sie sich schon länger im Land und wurden von Einrichtung zu Einrichtung geschoben: „Sie waren ja keine Gefangenen und liefen als Kolonne durch die Stadt, die Polizei hinterher. Das sorgte für Aufregung“, so Dereck.

Bis zu 3000 Menschen sind schließlich zeitweise in der Erstaufnahme untergebracht: „Ärger gab es dabei nur mit einer Handvoll“, erklärt Dereck. In dieser Zeit gibt es regelmäßige Treffen mit allen Beteiligten. „Wir hatten damit eigentlich nichts zu tun, wenn aber irgendjemand Rat suchte und irgendwas wissen wollte, dann kamen sie mit ihren Fragen trotzdem zu uns.“

Noch 2018 wird das Konversionsgebiet zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt. Ein Sicherheitsdienst kontrolliert den Eingang.
Noch 2018 wird das Konversionsgebiet zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt. Ein Sicherheitsdienst kontrolliert den Eingang. | Bild: Simon, Guy

Viel zu tun gibt es für das Ordnungsamt auch, Grund sind zahlreiche Anrufe: „Wir bekamen Meldungen über Vergewaltigungen oder über Bettler in den Ortsteilen“, sagt Dereck. Wird dann genauer untersucht, stellt sich das als haltlos heraus.

Die nächste große Krise ist das Corona-Virus, das sich von China aus seinen Weg nach Deutschland bahnt. „Das konnten wir uns so gar nicht vorstellen“, beschreibt Dereck. Andere Ämter seien dadurch eher lahmgelegt gewesen, „uns hat es brutal beschäftigt.“ Besonders die Art und Weise, wie neue Regelungen kommuniziert wurden: „Am Freitag wird in Berlin eine Entscheidung getroffen, die über die Medien kommuniziert wird. Der Ministerpräsident sieht es dann wieder etwas anders und irgendwann kommt es bei uns an – und wir sollen es am Montag umsetzen.“

Corona sorgt für viele offene Fragen

Viele offene Fragen, die eine unterschiedliche Auslegung ermöglichen: „Etwa die Frage, ob der Thekenverkauf in der Eisdiele wie ein Abholverkauf gewertet werden kann, oder nicht. Wir haben entschieden, dass er das tut“, sagt Dereck. Oder als im Geschäft von Intersport Denzer 20 Quadratmeter der Ladenfläche abgesperrt werden mussten: „Manches durfte verkauft werden, manches nicht. Wir mussten so manches erklären, bei dem wir selbst dachten, was soll der Unsinn. Das hat ganz schön herausgefordert.“

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Besonders ist Dereck im Laufe der Jahre eine Veränderung aufgefallen: „Früher galten Regeln auch, nur wurde es nicht so streng genommen.“ Solch einen Satz vom Chef des Ordnungsamtes? Besonders dort funktioniert es nur mit Verstand: „Rein rechtlich dürfte kein Fest länger gehen als 24 Uhr“, sagt Dereck. War früher irgendwo ein Dorffest, dann habe sich niemand gemeldet und beschwert, das ist heute anders.

„Wenn einer anruft und sagt, dass ein Auto den Weg für den Krankenwagen blockiert, dann ist das etwas anderes. Aber wenn auf einem Fest vor 30 Jahren jemand über ein Kabel stolperte, da gab es Zuhause Ärger, warum das denn passiert ist. Heute wird direkt zum Anwalt gegangen“, sagt Dereck.

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Großes Thema seien die Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen gewesen, die nach der Loveparade-Massenpanik in Duisburg umgesetzt wurden: „Als Chef eines Vereins steht man mit einem Fuß im Gefängnis. Mittlerweile haben alle Veranstalter eingesehen, dass die Konzepte zu ihrer eigenen Sicherheit sind. Viele Vereine fühlen sich wohler, so etwas zu haben.“ Die Kritik nimmt Dereck selbst-ironisch, trägt an der Fasnet einen Zylinder mit dem Schriftzug Spaßbremse: „Ich denke, die meisten Vereine waren gar nicht so traurig, dass ich sie auf vieles hinwies.“

Als große Kreisstadt hat das Donaueschinger Ordnungsamt zudem wesentlich mehr Bereiche, um die es sich kümmern muss: das Ausländeramt, Waffenrecht, der Gemeindevollzugsdienst, Gaststättenbehörde, Verkehr – um nur einige zu nennen.

„Auch bei Demonstrationen kümmern wir uns darum“, sagt Dereck. So etwa auch, als 2016 während der Flüchtlingskrise zeitgleich vier Demonstrationen in der Stadt angemeldet sind: „Von linkem bis rechtem Spektrum.“

Gleich vier verschiedene Demonstrationen finden 2016 zeitgleich in Donaueschingen statt. Hier die Antifa in der Käferstraße.
Gleich vier verschiedene Demonstrationen finden 2016 zeitgleich in Donaueschingen statt. Hier die Antifa in der Käferstraße. | Bild: Roger Müller

Wenn es bei anderen Gemeinden im Städtedreieck um das Thema Straßenverkehrsbehörde geht, „dann wenden sie sich ans Landratsamt. In Donaueschingen machen wir das. Wir stellen ein Schild auf, dann kommen viele Anrufe. Später muss das Schild wieder weg – und wieder kommen die Anrufe.“

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Bereich komplett neu aufgebaut

Als die Ukraine-Krise beginnt, müssen zur Unterbringung der Geflüchteten neue Gebäude angemietet werden: „Das war keine leichte Aufgabe“, so Dereck. Und eine besonders große Aufgabe sei die Arbeit im Ausländeramt mit dem EU-Recht: „Wir haben diesen Bereich komplett neu aufgebaut. Die Themen dort sind gewaltige Bereiche, etwa die Integration“, sagt Dereck.

Den Ausgleich für all die Arbeit findet Andreas Dereck im Sport. Jedes Jahr läuft er zwei Marathons. Er lief schon in Paris, Rotterdam, Rom. „Wenn man um die Ecke biegt und da ist der Petersplatz, das ist schon etwas Besonderes. Außerdem hat er ein Haus mit Garten, um die er sich kümmern muss. Damit alles seine Ordnung hat.