Hannah Schedler

Im Alter von 94 Jahren ist der ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing am Mittwoch, 2. Dezember, gestorben – an den Folgen von Corona. Der Ex-Präsident war erst Mitte November nach einem fünftägigen Aufenthalt aus dem Krankenhaus im westfranzösischen Tours entlassen worden.

Geboren wurde Valéry Giscard d’Estaing am 2. Februar 1926 in Koblenz, dem damals französisch besetzten Rheinland. Er stammte aus einer wohlhabenden Familie mit fünf Kindern. Der adelige Nachname geht auf den Titelskauf des Vaters Edmond Giscard d‘Estaing zurück.

Sein Vater war Finanzbeamter, welcher 1926 Direktor des Finanzdepartements im Rheinland war, und später Präsident der Internationalen Handelskammer wurde. Nach einer Versetzung nach Paris besuchte der Sohn, Valéry Giscard d’Estaing, ein dortiges Gymnasium. Während seines Abiturs im Jahr 1944 war Paris von den Deutschen besetzt. Nach dem Abschluss begann der junge Mann ein Studium an der Ingenieurhochschule „École polytechnique“. Da er allerdings 1944 Kriegsdienst im Zweiten Weltkrieg leisten musste, musste er das Studium unterbrechen.

Kriegsdienst in unserer Region

D´Estaing schloss sich 1944 dem Widerstand gegen die Nazis an; in der Schlussphase des Krieges rückte er als Soldat ein. Unter General de Lattre de Tassigny war er Soldat in der ersten Armee der „Forces françaises libres“ (französische Truppe).

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Er nahm am Vormarsch nach Deutschland teil und kämpfte auf deutschem Boden. Über seine Kriegserlebnisse sprach der ehemalige Präsident in einer Sendung des Französischen Fernsehens. In der Sendung war ein Panzer im Studio ausgestellt, zudem war seine Panzerbesatzung von 1945 anwesend.

Er sei mit seiner Kompanie durch Donaueschingen gefahren und habe im Panzer die Donau überquert, so der Franzose. Danach sei er am 21. April 1945 im Hüfinger Ortsteil Behla in schwere Kämpfe mit den Deutschen verwickelt gewesen. Vier Tage später in Zollhaus seien die französischen Panzer von einer Panzerfaust getroffen worden. Der ehemalige Staatspräsident erzählte damals, dass er am 26. April an vorderster Position war, als die Franzosen nach Konstanz einrückten. Er habe nämlich im ersten Panzer gesessen.

Es folgt eine politische Karriere

Nach Kriegsende konnte d‘Estaing sein Studium an der „École polytechnique“ mit Auszeichnung abschließen. Er besuchte zudem von 1949 bis 1951 die Verwaltungshochschule „École nationale d‘administration“. D´Estaing trat in die Fußstapfen seines Vaters, denn er stieg 1962 zum Wirtschafts- und Finanzminister auf – als damals jüngstes Kabinettsmitglied. Zwischen 1974 und 1981 war d´Estaing dann schließlich Präsident Frankreichs.

Aus Feindschaft wurde Freundschaft

D´Estaing nutzte seine Amtszeit, um sich wieder mit Deutschland anzunähern. Mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt hatte er ein gutes Verhältnis. „Unser erstes Anliegen war die Versöhnung unserer beiden Völker“, sagte d‘Estaing rückblickend. Das enge Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich habe beiden Ländern genützt, so die Einschätzung des Ex-Präsidenten.

Zwei bedeutende Staatsmänner: Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt (links) und der ehemalige französische Staatspräsident ...
Zwei bedeutende Staatsmänner: Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt (links) und der ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard d‘Estaing unterhalten sich 2013 anlässlich der Verleihung des Hans-Martin-Schleier-Preises. | Bild: dpa

Trotz der Kriegserlebnisse, die d´Estaing in der Region um Donaueschingen machte, war der Altpräsident ein Mitbegründer der Deutsch-Französischen Freundschaft. Diese Freundschaft ist auch heute noch in Donaueschingen zu spüren, wie etwa durch die Kooperation mit der Partnerstadt Saverne.

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