In den letzten Kriegstagen 1945 drohte Furtwangen große Gefahr. Das geht aus den Erinnerungen von Tharsilla Rombach hervor. Die damals 19-Jährige schilderte 1979 in den „Mitteilungen“ des Geschichts- und Heimatvereins die Ereignisse.

Rombach (geborene Kretzer) war die Nichte der letzten „Arche“-Wirtin Martha Fleig. „Der damalige Ortskommandant Major Schneider wollte Furtwangen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen, selbst auf die Gefahr hin, unsere Heimatstadt in Schutt und Asche zu legen“, schrieb Rombach. Furtwanger Bürger beschworen laut Tharsilla Rombach den Major vergeblich, von der Verteidigung abzusehen.
Oberleutnant schreitet ein
Dann kam den Furtwangern glückliche Fügung zu Hilfe: Oberleutnant Karl Semlow, der im Februar und März die Position des Ortskommandanten inne gehabt hatte, kam von Urach nach Furtwangen, um sich von der Familie Zirlewagen (Gasthaus „Rößle“) zu verabschieden. Als er von den Plänen Schneiders erfuhr, informierte Semlow den Divisionskommandeur, General von Oppen, und veranlasste so einen direkten Befehl des Generals an Major Schneider, mit seinen Soldaten nach Donaueschingen abzuziehen.
Am frühen Morgen des 25. April, war Furtwangen frei von deutschem Militär und sah in banger Stimmung dem Einmarsch der Franzosen entgegen. Diese kamen noch am selben Tag aus Richtung Gütenbach. Gegen 13 Uhr erfolgte der Einzug der ersten Truppen ohne jeden Widerstand.
Geheimsender im Kartoffelkeller
Hier kommt nun die „Arche“ ins Spiel, wo Tharsilla Rombach wohnte: Schon seit 1940 gab es in Furtwangen französische Kriegsgefangene, die im „Bad“ untergebracht waren. Nach einiger Zeit wurde ihnen erlaubt, sich in der Gaststube und in der Waschküche der „Arche“ mithilfe eines eigenen Kochs zu verpflegen.
Tharsilla Rombach führte in ihrem Bericht aus, dass es einen Vertrauensmann der Franzosen namens Monsieur Robin gab. „Er erzählte mir nach dem Kriege, dass er und einige Mitgefangene im Kartoffelkeller der ‚Arche‘ einen Geheimsender hatten und laufend Informationen über die Kriegslage in unserer Gegend erhielten.“
Die Kriegsgefangenen hatten gute Kontakte zur Furtwanger Bevölkerung und erlebten eine gute Behandlung. Das zahlte sich aus. Tharsilla Rombach: „Am 25. April frühmorgens versammelten sich schon einige Kriegsgefangene in der Gaststube der ‚Arche‘. In meinem Zimmer über der Gaststube hörte ich lautes Stimmengewirr. Ich ging nach unten und sah, dass der Vertrauensmann, Monsieur Robin, dem deutschen Wachposten, der in den vergangenen Wochen die Gefangenen von ihrer Arbeit zum Essen und zurück ins Lager zu begleiten hatte, Zivilkleidung gab. Der Wachposten zog sich sofort um und Monsieur Robin gab ihm den Rat, Furtwangen sofort zu verlassen und zu versuchen, sich in seine Heimat durchzuschlagen, um einer eventuellen Gefangennahme zu entgehen. In dieser Geste war Dankbarkeit zu erkennen, weil die Gefangenen von diesem Wachposten gut behandelt wurden. Gegen 10 Uhr verließ der Vertrauensmann in Begleitung von Herrn Ludwig Zier die ‚Arche‘, um den vom Elztal über die Martinskapelle durchs Katzensteiger Tal einrückenden französischen Truppen des 3. Spahi-Regiments entgegenzugehen. Um die Mittagszeit kamen der Vertrauensmann, Herr Zier, ein französischer Offizier sowie einige Spahis [nordafrikanische berittene Soldaten, vorwiegend aus Marokko] mit einem verwundeten deutschen Soldaten in die ‚Arche‘. Die Freude der Gefangenen, die zum Teil in Tränen ausbrachen war groß – sie waren befreit ... Von der anderen Seite, aus Richtung Neukirch, marschierten weitere französische Truppen in unsere Stadt ein. Glücklicherweise waren die Panzersperren beim ‚Heimatblick‘ entfernt und so wurde Furtwangen kampflos besetzt.“ Tharsilla Rombach starb im Jahr 1990.
Biwakfeuer und gebratene Hühner
Robin übernahm für kurze Zeit kommissarisch die Kommandantur. Tharsilla Rombach erinnerte sich: „Monsieur Robin blieb noch mehrere Tage in Furtwangen, um zu verhindern, dass der Stadt mit ihrer Bevölkerung etwas geschieht.“ In Furtwangen wimmelte es bald von französischen Truppen, meist Spahis, die „in der Friedrichstraße ihre Biwakfeuer anzündeten und dort ihre requirierten Hühner oder sonst etwas brieten“.
Die eigentliche förmliche Übergabe der Stadt an die französische Besatzungsmacht erfolgte dann durch den stellvertretenden Bürgermeister Kurt Siedle an einen französischen Oberst in Triberg im Hotel „Wehrle“.
Der bereits erwähnte Ludwig Zier wurde am 14. Oktober 1945 Bürgermeister von Furtwangen. Dass Furtwangen ein so glimpfliches Ende des Krieges erlebte, sorgte auch dafür, dass die Furtwanger nach dem Krieg ein schon 1944 gegebenes Gelübde erfüllten: Zum Dank für die Rettung vor der Zerstörung wurde die Fatimakapelle gebaut und 1948 geweiht.
Dieser Beitrag wurde erstmals 2020 veröffentlicht.