Nach 700 Jahren sind die Geisinger Jahrmärkte jetzt Geschichte: Der Geisinger Postplatz ist der Geisinger Marktplatz. Neben dem Wochenmarkt, der aus dem früheren Bauernmarkt hervorging, fanden dort noch vier Jahrmärkte statt. Der Allerseelenmarkt am gestrigen Dienstag beendete eine über siebenhundertjährige Markttradition der Stadt Geisingen. Denn nach dem Beschluss des Gemeinderates finden künftig keine Jahr- beziehungsweise Krämermärkte mehr statt. Der Grund war die mangelnde Resonanz von Anbietern und auch von Käufern.

Am Dienstag konnte man von Mangel an Anbietern nicht reden, Textilien und Lederwaren wurden angeboten, wobei die Händler allesamt Migranten waren, was aber einer Kaufnachfrage keinen Abbruch getan hätte. Beim Pfingstmarkt beispielsweise blieb der Postplatz leer, es kam schlicht und einfach kein Händler.

Die Geisinger Jahrmarktsaison endet mit dem Allerseelenmarkt auf dem Postplatz. Es ist der letzte der vier Jahrmärkte in Geisingen, der ...
Die Geisinger Jahrmarktsaison endet mit dem Allerseelenmarkt auf dem Postplatz. Es ist der letzte der vier Jahrmärkte in Geisingen, der Gemeinderat beschloss schon vor einiger Zeit, die Jahrmärkte nicht mehr abzuhalten. Wenig Nachfrage herrschte denn auch beim letzten Markt. Bilder: Paul Haug | Bild: Paul Haug
  • Der Ursprung: Der Fastenmarkt bildete den Auftakt zu vier Jahrmärkten auf dem Postplatz. Die vier Jahrmärkte waren noch Überreste aus der Zeit, als Geisingen ein bekannter und bedeutender Marktort der Ostbaar war. Um die Einrichtung von Märkten wurde von 700 Jahren genauso gerungen, wie heute beim Bau von großen Einkaufszentren. Neben Geisingen als einem der ältesten Marktorte ist der Hüfinger Markt vermutlich noch älter, dieser wird schon 1274 als Wochenmarkt genannt. 1435 ist in den Archiven erstmals ein Wochen- und Jahrmarkt in Geisingen genannt. Vermutet wird allerdings, dass bereits die Herren von Wartenberg schon viel früher Geisingen zur Marktstadt erhoben hatten. Neben Geisingen und Hüfingen waren auch Löffingen und Neustadt, sowie Villingen alte Marktstädte. Um 1600 wurde auch in Donaueschingen ein Wochenmarkt durch Graf Heinrich von Fürstenberg eingerichtet. Die Jahrmärkte unterlagen während dieser Zeit dem Königsbann, der Marktort erhielt auch die hohe Gerichtsbarkeit. Die Fürstenberger wollten Geisingen als ihren Hauptort, nachdem sie für einige Jahre auf dem Wartenberg residierten, auch zum Marktort weiter ausbauen. 1753 wurde dann ein vierter Jahrmarkt eingerichtet, 1788 erhielt Geisingen die Genehmigung, auch Viehmärkte durchzuführen.
Ruth Haberer wird fündig auf dem letzten Markt, ihr Enkel Niclas freut sich über eine neue Jacke.
Ruth Haberer wird fündig auf dem letzten Markt, ihr Enkel Niclas freut sich über eine neue Jacke. | Bild: Paul Haug
  • Die Marktordnung: In einer Marktordnung wurden die Anordnung und die Gebühren der Händler festgesetzt. So hatten die Strumpfstricker zwischen sechs und zwölf Batzen zu zahlen, am günstigsten mit zwei Batzen waren die Eisenkrämer, Glasträger, Scherenschleifer und Kübler eingestuft, ein Mausfallenmacher hatte vier Batzen zu entrichten. Wurden früher auf den Märkten noch Artikel angeboten, die in den Kolonialläden der Orte nicht erhältlich waren, war der Markt in letzter Zeit nur noch Nostalgie.
So sah es vor zwölf Jahren beim Jakobimarkt auf dem Geisinger Postplatz aus. Damals gab es hier schon viele Textilangebote.
So sah es vor zwölf Jahren beim Jakobimarkt auf dem Geisinger Postplatz aus. Damals gab es hier schon viele Textilangebote. | Bild: Paul Haug
  • Jahrmärkte: Die vier Geisinger Märkte waren der Fasten-, Pfingst- und im Juli der Jakobimarkt sowie der Allerseelenmarkt im November.
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  • Jugenderinnerungen: Irmgard und Rudi Buschli ärgerten sich zwar gestern über die zugestellte Zufahrt zu ihrem Haus. "Aber es ist ja der letzte der Jahrmärkte", sagt Rudi Buschli. Das Ehepaar erinnert sich noch gut an die Zeiten seiner Jugend, und das ist einiges bei Rudi Buschli mit seinen 80 Lenzen. Da war die Hauptstraße noch mit Marktständen voll, angeboten wurde viel. Irmgard Buschli kann sich wie ihr Ehemann noch an viele Anbieter und Händler erinnern. Aber so sagen beide: „Das ist der Trend der Zeit, man bekommt alles überall und auch im Internet“. Haushaltswaren und andere Dinge des täglichen Bedarfs sind längst nicht mehr im Angebot, es gibt Textilien, schon seit einiger Zeit fehlten die Stände mit Süßigkeiten oder einer Wurst. Fündig wurde auf dem Markt Ruth Haberer, die für ihren Enkel Niclas eine Jacke erstand. „Schade, dass es der letzte Markt ist“, sagte die Geisingerin abschließend.