Jutta Freudig

Mit einem dringenden Hilferuf hat sich in der Nacht von Montag auf Dienstag die Veranstaltungsbranche an die Öffentlichkeit gewandt. Bei der „Night of Light“, der Nacht des Lichts, wurden über 8000 Gebäude in ganz Deutschland in Rot illuminiert, darunter auch die Türme des früheren Zementwerks in Geisingen. „Es geht um tausende Jobs!“ so der Aufruf um Unterstützung der Eventmacher, denen durch das Verbot von Großveranstaltungen wegen Corona die Existenzgrundlage entzogen wurde. In Geisingen organisierte Thomas Obeth mit seinem Unternehmen Topro neben der Zementswerksaktion noch eine „Red Stage“, eine rote Bühne, auf der Musiker auf die Lage aufmerksam machten.

„Show Must Go On“, die Show muss weitergehen, so klang es von der Bühne beim ebenfalls in Rot angestrahlten Lager von Topro auf dem Schelling-Gelände in Kirchen-Hausen. Das von den Baaremer Luusbuäbä, Sängerin Bettina Kuhn und der Engener Gruppe Schlaflos gestaltete Konzert vor coronakonformer (leerer) Bestuhlung wurde im Livestream auf Facebook übertragen und von ein paar Zaungästen vor Ort verfolgt. Auf der Bühne sprachen Bürgermeister Martin Numberger und Justiz- und Tourismusminister Guido Wolf, der versprach, den Appell der Eventmacher mit nach Stuttgart zu nehmen.

Auf der „Red Stage“ beim Topro-Firmenlager treten am Montagabend verschiede Künstler und Bands auf, die sich dem Appell der ...
Auf der „Red Stage“ beim Topro-Firmenlager treten am Montagabend verschiede Künstler und Bands auf, die sich dem Appell der Eventmacher anschließen. | Bild: Jutta Freudig

Von 22 bis 1 Uhr leuchteten die drei Silotürme des einstigen Zementwerks, heute im Besitz der BE Aluschmiede, im Licht von 60 LED-Hochleistungs-Scheinwerfern in kräftigem Rot. Mit Beamern wurde das Ziel der Aktion, die Rettung der Eventbranche, an die Türme projiziert. An der bundesweiten Aktion „Night of Light“ beteiligten sich neben Topro weitere Unternehmen im Raum Immendingen/Geisingen.

So unterstützte etwa Michael Freudig mit seinem Betrieb „Main werbung&event“ nicht nur Obeth bei der Illuminierung des Zementwerks, sondern beleuchtete auch seinen eigenen Firmensitz in Immendingen rot und beteiligte sich an einem weiteren Beitrag im Tuttlinger Skaterpark. Mit ihrem roten Alarm wollen alle Unternehmen auch im Kreis Tuttlingen die schwierige Lage der Veranstaltungsbranche verdeutlichen. Thomas Obeth: „Wenn seitens der Politik nicht baldmöglichst ein Termin gegeben wird, wann wieder Veranstaltungen stattfinden können, dann haben wir keine Perspektive.“

So sieht die Arbeit in der Veranstaltungstechnik in Coronazeiten aus. Die Branche richtet nun einen Appell an die Politik, weil ihr über ...
So sieht die Arbeit in der Veranstaltungstechnik in Coronazeiten aus. Die Branche richtet nun einen Appell an die Politik, weil ihr über Monate hinweg die Existenzgrundlage entzogen wurde. | Bild: Jutta Freudig

Gerade für die Firma Topro, die vor allem Großveranstaltungen mit Technik bestückt, sind seit März alle Aufträge weggebrochen. Dazu zählten das Hohentwielfestival, Zeltveranstaltungen oder das Open Air in Tettnang und mit der Verlängerung des Veranstaltungsverbots folgen nun auch große Herbstevents wie das Ballonfestival in Bad Dürrheim oder der Schätzelemarkt in Tengen. „Ob die Donaueschinger Musiktage stattfinden können, ist noch offen,“ so der 44-Jährige. Und unter Corona-Vorschriften, die maximale Besucherzahlen, Abstände, Nachverfolgbarkeit und vielfältige Hygienebedingungen vorgeben, seien die meisten Veranstaltungen in mittleren und kleineren Hallen für die Organisatoren „wirtschaftlich nicht mehr darstellbar“.

Unterstützer aus der Politik sind am Montagabend bei den Aktionen der Geisinger Firma Topro zur „Night of Light“ der ...
Unterstützer aus der Politik sind am Montagabend bei den Aktionen der Geisinger Firma Topro zur „Night of Light“ der Veranstaltungsbranche ebenfalls dabei. Vor der „Red Stage“ in Kirchen-Hausen von links: Geisingens Bürgermeister Martin Numberger, Firmeninhaber Thomas Obeth sowie Justiz- und Tourismusminister Guido Wolf. | Bild: Jutta Freudig

Der Hilferuf der Veranstaltungsbranche soll zeigen, dass seitens der Politik mehr als nur Kredit-Programme nötig sind. Ja, sagt Thomas Obeth, er habe inzwischen die im März beantragte Soforthilfe für drei Monate bekommen. Und auch Kurzarbeitergeld werde für Topro und seine elf Mitarbeiter bezahlt. Doch ohne Aussicht, überhaupt dieses Jahr noch Aufträge zu bekommen, verbrennt diese Hilfe rasch. Und welche Bank gibt schon weitere Kredite, wenn keine Chance auf Rückzahlungen besteht?

Im Kleinen versucht Obeth, dem Unternehmen selbst zu helfen. Schon um seine Mitarbeiter halten zu können und zu beschäftigen. Mit den Maschinen seiner Schreinerei und Schlosserei, die sonst für den Bühnenbau arbeitet, stellt er jetzt Wände aus Kunststoffklarglas her, wie sie zum Virenschutz im Einzelhandel oder Büros benötigt werden. Auch eine „Hygienesäule“ aus Aluminium und Kunststoff wurde entwickelt. Solche Aktivitäten können aber bei weitem kein Ersatz für den monatelangen Ausfall von Veranstaltungen sein.

Eine kleine Anzahl von Zaungästen verfolgt die Aktionen der Geisinger Firma Topro zur „Night of Light“ am Firmenlager auf ...
Eine kleine Anzahl von Zaungästen verfolgt die Aktionen der Geisinger Firma Topro zur „Night of Light“ am Firmenlager auf dem Schelling-Gelände in Kirchen-Hausen. So erhalten die Musiker bei dem lediglich per Livestream übertragenen nicht-öffentlichen Konzert zumindest ein wenig Applaus. | Bild: Jutta Freudig